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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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ihre Augen waren gebrochen und entsetzlich leer.
    Scarlet stieß sich von der Wand ab, aber Rans massiger Körper war schon über Michelle gebeugt. Einen Arm hatte er unter ihrem Rücken durchgesteckt und ihr Kopf schlug hart auf dem Boden auf.
    Wie ein halb verhungertes Tier verbiss er sich in Michelles Hals.
    Scarlet schrie und verlor den Boden unter den Füßen. Vor ihren Augen drehte sich alles.
    Michelles Worte klangen ihr noch in den Ohren. Sie haben aus Ihnen allen Ungeheuer gemacht.
    Sie zwang sich, den Blick von dem grausigen Schauspiel abzuwenden. Ihr wurde übel, aber sie würgte nur Galle hervor. Als sie Eisen und Blut schmeckte, wurde ihr klar, dass sie sich beim Aufprall gegen die Wand auf die Zunge gebissen haben musste. Aber sie verspürte keinen Schmerz. Nur Leere und Entsetzen. Eine dunkle Wolke senkte sich über sie.
    Sie war nicht hier. Dies passierte nicht.
    Ihr Magen war hart wie Stein. Sie kroch weg, entfernte sich so weit wie möglich von Ran und ihrer Großmutter.
    Ein Lichtstrahl fiel vom Gang auf ihre leichenblasse Hand und jetzt bemerkte sie erst, wie stark sie zitterte.
    Lauf.
    Die unteren Treppenstufen zeichneten sich undeutlich am Ende des Flurs ab. Neben ihnen wies ein verblasstes Schild den Weg zur Bühne.
    Lauf.
    Sosehr sie sich auch anstrengte, sie konnte einfach nicht verstehen, was die beiden Worte zu bedeuten hatten. Zur Bühne . Bühne. Bühne .
    Das letzte Wort ihrer Großmutter.
    Lauf.
    Doch dann reckte sie sich und zog sich mühsam an den Eisenstäben hoch. Stand auf. Setzte sich in Bewegung, den Gang hinunter, zum Licht.
    Erst spürte sie ihre Beine nicht, aber mit jeder Treppenstufe kehrten ihre Kräfte zurück. Sie wurde schneller, sie begann zu rennen.
    Oben am Ende der Treppe erwartete sie eine alte Holztür ohne ID -Scanner, die sich knarrend öffnete, als sie sich dagegenwarf.
    Schritte hallten durch den Gang.
    Die Tür führte hinter die Bühne. Zu ihrer Linken standen hohe alte Säulen und zu ihrer Rechten ragte ein Labyrinth aus falschen Steinwänden und bemalten Pappbäumen aus den Schatten auf. Hinter ihr fiel die Tür krachend ins Schloss. Sie rannte auf den Wald zu und bewaffnete sich im Vorbeilaufen mit einem schweren, schmiedeeisernen Kandelaber.
    Dann stellte sie sich breitbeinig hin, den Leuchter über dem Kopf erhoben.
    Mit blutverschmiertem Kinn kam Ran durch die Tür geschossen.
    Scarlet ließ den Leuchter mit ganzer Kraft auf seinen Kopf hinuntersausen. Ein Schrei entrang sich ihr, als der eiserne Kerzenleuchter auf seinen Schädelknochen krachte.
    Er brüllte, stolperte rückwärts in den Vorhang und fiel hintenüber.
    Scarlet schleuderte ihm den Kandelaber hinterher. Sie war nicht sicher, ob sie ihn noch einmal hochstemmen konnte. Der hohe Vorhang riss, aber da rannte sie schon durch die Kulissen, sprang über verstaubte Verlängerungskabel und umgestürzte Scheinwerfer, stolperte über die morsch knarzenden Bühnenbretter und hechtete in den Orchestergraben. Den stechenden Schmerz im Knie ignorierte sie, rannte Notenständer um und dann hatte sie den Zuschauerraum erreicht.
    Schritte polterten hinter ihr über die Bühne. Unmenschlich schnelle Schritte.
    Die leeren Sitzreihen schossen an ihr vorbei. Sie hatte nur die Tür im Auge.
    Er bekam sie an der Kapuze zu fassen.
    Sie überließ sich ganz der Bewegung und nutzte seinen Schwung, wirbelte herum und rammte ihm das Knie in die Leiste.
    Er brüllte wie angestochen und taumelte zur Seite.
    Scarlet schoss unter den abbröckelnden Marmorbögen und zwischen den zerbrochenen Kerzenleuchtern hindurch, an den Cherubim mit den verstümmelten Armen vorbei die Marmortreppe hinunter und auf die riesigen Türen zu, die auf die Straße führten. Wenn sie die erreichte, wäre sie unter Menschen. In der richtigen Welt.
    Doch in der dämmerigen Eingangshalle löste sich der Schatten eines Mannes und blockierte ihr den Ausweg.
    Sie kam schlitternd in einem Quadrat aus blassem Sonnenlicht unter dem Loch in der Decke zum Stehen, schwang herum und raste auf die andere Treppe zu, die zurück in die Untergeschosse des Opernhauses führte.
    Über sich hörte sie das Knallen einer Tür, gefolgt von Schritten. Aber sie konnte nicht erkennen, wie viele Männer ihr auf den Fersen waren.
    Das T-Shirt klebte ihr schweißnass am Leib, die Beine taten ihr weh und der Adrenalinschub verebbte.
    Sie umrundete eine Ecke und bog in einen dunklen Saal, der früher wohl für Empfänge genutzt worden war und von dem an allen Seiten Türen

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