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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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fort.
    Wolf stand still. Seine Silhouette hob sich vor dem Mondlicht ab und seine Augen schimmerten golden und grün, schwarz und brennend.
    Sie sah, wie er die Lippen befeuchtete und wie seine Finger zuckten. Wie sein Kiefer arbeitete.
    Sie sah, wie er kämpfte. Mit sich rang. So deutlich, wie sie das wilde Tier – den Wolf – in ihm erkannte. So deutlich, wie sie noch immer den Mann in ihm sah.
    »Wolf.« Ihre Zunge war wie ausgedörrt. Sie schmeckte Blut. »Was haben sie mit dir gemacht?«
    »Nein, du .« Er spuckte ihr das Wort voller Hass vor die Füße. »Was hast du mit mir gemacht?«
    Er stolperte einen Schritt voran und sie rutschte fort von ihm, drückte sich mit den Absätzen vom Boden ab – aber es war sinnlos. Mit einer Bewegung war er über ihr und sie fiel hintenüber auf die Ellenbogen, ohne dass er sie überhaupt berührt hätte. Seine Hände schlugen hart zu beiden Seiten ihres Kopfes auf.
    Scarlet starrte ihm in die Augen. Sie schienen im Dunkeln zu glühen. Sein Mund war rubinrot. Sie roch das Blut an ihm, an seinen Sachen, seinen Haaren, auf seiner Haut.
    Mit einem leisen Knurren beugte er sich über ihren Hals.
    Sog ihren Geruch ein.
    »Ich weiß, dass du mir nichts tun willst, Wolf.«
    Er stupste mit der Nase gegen ihr Kinn. Sein Atem streichelte ihr Schlüsselbein.
    »Du hast mir geholfen. Du hast mich gerettet .«
    Eine heiße Träne lief ihr die Wange hinab.
    Die Spitzen seiner Haare, die wieder wild und verstrubbelt waren, kitzelten sie an den Lippen. »Jetzt ist alles anders.«
    Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Sie wartete auf das Krachen seines Kiefers um ihre Kehle. Aber irgendetwas hielt ihn zurück. Er hätte sie längst töten können, aber er hatte es nicht getan.
    Sie schluckte. »Du hast mich vor Ran beschützt. Doch nicht, um mich jetzt umzubringen.«
    »Woher willst du wissen, was ich jetzt denke?«
    »Ich weiß jedenfalls, dass du anders bist als die.« Sie sah an ihm vorbei auf den riesigen Mond über den Dächern der Stadt und rief sich ins Gedächtnis, dass er kein Ungeheuer war. Dass er Wolf war, der Mann, der sie im Zug so zärtlich in den Armen gehalten hatte. Der Mann, der ihr den ID -Chip gebracht hatte, damit sie fliehen konnte. »Du hast mir versprochen, mir niemals Angst einzujagen. Aber jetzt, jetzt machst du mir Angst.«
    Ein Knurren vibrierte in der Luft. Scarlet fröstelte, doch sie zwang sich, ruhig zu bleiben, streichelte ihm über die Wangen, küsste ihn auf die Schläfe.
    Er spannte die Muskeln an, aber sie bog seinen Kopf so weit zurück, dass sie ihm in die Augen sehen konnte. Obwohl er die Zähne bleckte, hielt sie seinem Blick stand.
    »Hör auf damit, Wolf. Du gehörst nicht mehr zu denen.«
    Seine Brauen zuckten, doch seine Wildheit schien verflogen. In seiner Miene mischten sich Schmerz, Verzweiflung und stumme Wut – aber nicht auf sie. »Ich kann nicht. Er ist in meinem Kopf«, knurrte er. »Scarlet, ich …«
    Er sah weg.
    Scarlet zog die Umrisse seines scharf geschnittenen Gesichtes nach. Derselbe Kiefer, dieselben Wangenknochen, dieselben Narben. Voller Blut. Sie strich ihm durch die wilden Haare. »Bleib einfach bei mir. Und beschütze mich, so wie du es mir versprochen hast.«
    Irgendetwas pfiff an ihrem Ohr vorbei und traf ihn am Hals.
    Wolf erstarrte, sah sich um. In seinen aufgerissenen Augen stand die pure Mordlust. Aber dann verschwamm sein Blick. Mit einem erstickten Gurgeln brach er auf ihr zusammen.

41
    »Wolf! Wolf!« Scarlet hob den Kopf und sah einen Mann und eine Frau auf sie zurennen. Das Mondlicht funkelte auf der Waffe der Frau. Scarlets Angst verflog. Das waren keine durchgedrehten Lunarier. Sie sah überrascht auf den Pfeil in Wolfs Nacken. »Wolf!«, schrie sie noch einmal, zog den Pfeil mit einem Ruck aus seinem Fleisch und schleuderte ihn von sich.
    »Bist du verletzt?«, rief die Frau. Scarlet antwortete nicht; doch dann fiel ihr auf, dass sie beim Namen gerufen wurde: »Scarlet? Scarlet Benoit?«
    Sie sah wieder zu der Frau hinüber – nein, das war keine Frau, das war ein Mädchen mit ungekämmten Haaren und klaren Gesichtszügen, die ihr irgendwie bekannt vorkamen. Scarlet fragte sich, wo sie das Mädchen schon einmal gesehen hatte.
    Dann war der Mann neben ihr. Er japste nach Luft.
    »Wer seid ihr?«, fragte sie und hielt Wolf umschlungen, als die beiden sich zu ihr bückten und ihn von ihr wegziehen wollten. »Was habt ihr mit ihm gemacht?«
    »Nun komm schon«, drängte der Mann und zerrte noch stärker an

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