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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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gesorgt hatte, dass es grundsätzlich keine Spiegelbilder in ihrer Umgebung gab, hatte sie sich nach all diesen Jahren immer noch nicht richtig daran gewöhnt.
    Sie hob eine Braue und forderte Sybil auf fortzufahren.
    »Es handelt sich um den Thaumaturgen Jael. Er wurde ins Herz getroffen.«
    »Jael? Es sieht ihm überhaupt nicht ähnlich, seinen Zufluchtsort zu verlassen, nicht einmal im Kampf.«
    »Von einem seiner Betas habe ich erfahren, dass Linh Cinder dort aufgetaucht ist. Allem Anschein nach hat er persönlich versucht, sie zu ergreifen.«
    Levanas Nasenflügel bebten, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Übungsplatz. Genau in dem Moment, in dem das Junge seine Meisterin ansprang. Sie schrie und fiel auf den Rücken, doch dann spannte sie konzentriert jeden Muskel an. Noch von ihrem entfernten Aussichtspunkt aus konnte Levana die Schweißperlen sehen, die sich auf der Stirn des Mädchens sammelten und ihm die Schläfen hinabrollten.
    Das Junge öffnete das Maul, entblößte seine glänzenden Zähne … und hielt inne.
    Levana fragte sich, wogegen die animalischen Instinkte des Jungen ankämpften – ob die Thaumaturgin die Oberhand gewann oder ob die Reste menschlicher Skrupel es zum Zögern brachten.
    »Jaels Rudel hat sich bereits aufgelöst, nur ein Beta fand sich noch in seiner Pariser Bastion. Ich schicke den Thaumaturgen Aimery aus; er soll sie zusammentreiben.«
    Das Junge sackte neben seine Herrin und rollte sich zusammen. Zitternd, jaulend, gequält.
    Die Thaumaturgin stand leicht schwankend auf und klopfte sich den schwarzen Staub des Mondregoliths von der Uniform. Überall in diesen Höhlen staubte der Regolith – in den Lavaröhren natürlichen Ursprungs würden sie ihn nie loswerden, egal wie lange sie umbauten. Levana hasste den Staub, der sich auf die Lungenbläschen legte und sich unter den Nägeln festsetzte. Sie mied die Tunnel, wann immer sie konnte, und blieb lieber unter der hell schimmernden Kuppel, die sich über der Hauptstadt von Luna und ihrem Palast wölbte.
    »Eure Majestät?«, fragte Sybil.
    »Nein, lassen Sie das mit Aimery«, sagte sie. Ihr ganzes Interesse galt dem Jungen, das sich unter Schmerzen im Staub hin und her wand und noch immer gegen den Herrschaftsanspruch seiner Meisterin ankämpfte. Es wollte ein kleiner Junge sein. Kein Soldat. Kein Ungeheuer. Und keine Marionette. »Jaels Rudel soll sich ruhig auflösen. Die Spezialagenten haben ihren Zweck erfüllt.«
    Schließlich hörte das Junge auf zu zucken. Japsend und mit tränennassem weichen Fell lag es im Staub.
    Der Blick seiner Meisterin war wild, fast so animalisch wie der ihres jungen Rekruten. Levana glaubte fast, ihre Befehle zu hören, dabei fiel kein Wort. Sie forderte, dass er aufstand. Sich einreihte. Sich ihr unterordnete.
    Das Junge gehorchte. Mühsam kam es auf seinen dünnen Beinen zu stehen und kroch mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern in die Reihe.
    Wie ein geprügelter Hund.
    »Diese Soldaten sind fast so weit«, sagte Levana. »Sie haben sich an ihre genetischen Veränderungen angepasst und ihre Thaumaturgen sind bereit. Beim nächsten Schlag gegen die Erde führen diese Männer den Angriff an. Ungetarnt.«
    »Sehr wohl, Eure Majestät.« Sybil verbeugte sich – und Levana hörte den Respekt in ihrer Stimme. »Und darf ich Euch von Herzen zu Eurer Verlobung beglückwünschen, meine Königin?«
    Mit dem Daumen strich Levana über den Ring aus poliertem Edelstein, den sie immer mit Hilfe ihres Zaubers verbarg. Sie war sich nicht sicher, ob es unter den Lebenden noch jemanden gab, der wusste, dass sie ihn noch trug. Sie selbst vergaß ihn ja auch häufig, aber seit sie in die Heiratsallianz mit Imperator Kaito eingewilligt hatte, kribbelte er an ihrem Finger.
    »Danke, Sybil, das wäre dann alles.«
    Eine weitere Verbeugung, dann entfernten sich die Schritte der Thaumaturgin.
    Unter ihr lösten sich die Abteilungen auf; das Training war für heute vorbei. Die Rekruten trotteten hinter ihren Thaumaturgen her in die verschiedenen Höhlen des unterirdischen Labyrinths von Luna.
    Es war eigenartig, diese Jungen und Männer zu beobachten, Wesen, die zu Lebzeiten von Levanas Eltern nichts als ein Experiment gewesen waren, das erst sie erfolgreich vollendet hatte. Eine schnellere und stärkere Armee als es je eine gegeben hatte. Mit der Intelligenz von Männern, dem Instinkt von Wölfen und der Fügsamkeit von Kindern. Sie machten sie nervös – ein Gefühl, das sie seit Jahren

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