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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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bleiben Sie in Ihrem Abteil.«
    »Das hast du schon gesagt«, rief Scarlet dem Androiden hinterher, als er in den Gang hinausrollte.
    Sie drückte ihren Daumen auf den kleinen Einstich und gab der Tür einen Tritt. »Was sollte denn das? Am liebsten würde ich dem Kundenservice der Schwebebahn eine Beschwerde schicken.«
    Doch als sie sich umdrehte, hatte sich Wolf schon lautlos ans Fenster gepirscht. »Wir werden langsamer.«
    Es dauerte ziemlich lange, bevor Scarlet es bemerkte.
    Vor den Fenstern sah sie einen dichten Wald, in den die Mittagssonne nicht vordrang. Keine Straßen, keine Häuser. Hier gab es keinen Bahnhof.
    Sie wollte gerade etwas sagen, aber Wolfs Gesichtsausdruck hielt sie davon ab. »Hast du das gehört?«
    Scarlet schob die Kapuze in den Nacken und lauschte. Das Summen der Gleise, das Rauschen des Luftzugs durch ein offenes Fenster im benachbarten Abteil. Das Rumpeln von Gepäckstücken.
    Und Wimmern . So weit entfernt, dass es aus einem Albtraum zu kommen schien.
    Gänsehaut zog sich ihre Arme hoch. »Was ist los?«
    Der Lautsprecher knisterte. »An alle Passagiere, hier spricht Ihr Zugführer. Es hat einen medizinischen Notfall an Bord gegeben. Sie müssen mit einer Verspätung rechnen. Wir warten auf die Vertreter der Gesundheitsbehörde. Alle Reisenden müssen in ihren Abteilen bleiben und sich an die Anweisungen der Androiden halten. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.«
    Der Lautsprecher verstummte. Scarlet und Wolf sahen sich an.
    Scarlets Kehle brannte.
    Blutkontrolle. Weinen. Verspätung.
    »Die Pest.«
    Wolf sagte nichts.
    »Niemand darf den Zug verlassen«, sagte sie. »Sie verfrachten uns alle in die Quarantänestation.«
    Auf dem Gang wurden Türen zugeknallt, die Leute stellten mit lauter Stimme Spekulationen an und ignorierten die Anweisung des Zugführers, in ihren Abteilen zu bleiben. Der Androide war nirgends zu sehen.
    Scarlet hörte die Worte Letumose und Blaue Pest heraus.
    »Die können uns hier nicht festhalten. Meine Großmutter …«, platzte sie heraus.
    Etwas weiter den Gang hinunter war ein lautes Klopfen zu hören. Das Wimmern wurde lauter.
    »Such deine Sachen zusammen«, sagte Wolf.
    Sie beeilten sich. Scarlet schmiss den Portscreen in ihre Tasche, Wolf riss das Fenster auf. Unter ihnen flog die Erde vorbei, sie fuhren noch immer schnell. Jenseits des Bahndamms nach wie vor dichter, schattiger Wald.
    Scarlet prüfte, ob ihre Pistole gut verstaut war. »Springen wir?«
    »Ja. Aber wahrscheinlich rechnen sie damit, also müssen wir raus, bevor der Zug zu langsam wird. Bestimmt bereiten sie die Vollstreckungsdroiden schon darauf vor, Flüchtige zu verfolgen.«
    Scarlet nickte. »Wenn es Letumose ist, müssen wir in jedem Fall alle in die Quarantänestation.«
    Wolf steckte den Kopf aus dem Fenster und sah in beide Richtungen am Zug entlang. »Jetzt.«
    Er zog den Kopf ein und nahm die Tasche über die Schulter. Scarlet warf einen Blick auf das unter ihnen dahinrasende Kiesbett und kämpfte gegen ein Schwindelgefühl an. Es war unmöglich, sich auf einen Punkt zu konzentrieren. Sonnenstrahlen tanzten auf den Baumstämmen. »Ich glaube, es ist zu gefährlich.«
    »Wir schaffen das.«
    Sie schaute kurz zu ihm hoch. Sie hatte wieder diesen verrückten Gesichtsausdruck erwartet, aber seine Miene war eiskalt und konzentriert. Er hatte nur Augen für das, was vor dem Fenster an ihnen vorbeiraste. »Sie bremsen«, sagte er. »Der Zug wird langsamer. Viel langsamer.« Wieder brauchte Scarlet ein paar Sekunden länger, bevor sie es bemerkte: die kaum wahrnehmbare Verringerung der Geschwindigkeit und dann ein deutlicheres Bremsen.
    Wolf duckte sich. »Kletter auf meinen Rücken.«
    »Ich springe alleine.«
    »Scarlet.«
    Sie sah ihm in die Augen. Kein Funken mehr von seiner jungenhaften Neugier – nur noch Entschlossenheit. Das überraschte sie.
    »Was soll sein? Das ist, wie vom Scheunendach auf die Heuballen zu springen. Das hab ich schon hundertmal gemacht.«
    »Auf Heuballen? Vergiss es, Scarlet, das kannst du gar nicht vergleichen.«
    Bevor sie ihm weiter widersprechen konnte, beugte er sich vor und schloss sie in die Arme.
    Sie keuchte und wollte ihn anschreien, dass er sie runterlassen sollte, da stand er schon am Fenster. Der Wind peitschte Scarlets Locken.
    Wolf sprang. Scarlet schrie gellend auf und klammerte sich fest an ihn. Ihr Magen machte einen Salto. Dann kam der Aufprall und stauchte ihre Wirbelsäule zusammen.
    Sie bohrte die Fingernägel in seine

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