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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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dachte. Wie er mit dieser Wanze um den Hals auf ihrem Hof aufgetaucht war. Und dann auch noch den Hangar auseinandergenommen hatte.
    »Grand-mère ist meine Familie. Alles, was von ihr noch übrig ist.« Sie wischte sich die feuchten Hände an der Hose ab und stand auf. »Ich könnte einen Espresso brauchen.«
    Sie zögerte, weil sie auch nicht wusste, welche Reaktion sie sich gewünscht hätte, als sie ihn fragte: »Kommst du mit in den Speisewagen?«
    Er wirkte hin- und hergerissen, als er an ihr vorbei zur Tür sah.
    Scarlet erwiderte seine Unentschiedenheit mit einem halb spöttischen, halb freundlichen Lächeln. Vielleicht flirtete sie sogar. »Es sind bestimmt schon zwei Stunden vergangen, seit du etwas gegessen hast. Du musst am Verhungern sein.«
    Etwas wie Panik flackerte über Wolfs Gesicht. »Nein, danke«, sagte er schnell. »Ich bleibe hier.«
    »Okay.« Ihr Puls beruhigte sich wieder. »In Ordnung, ich bin gleich wieder da.«
    Als sie die Tür hinter sich schloss, sah sie, wie Wolf sich mit einem erleichterten Seufzen durch die Haare strich – als sei er nur knapp einer Falle entkommen.

17
    In den Gängen des Zuges war viel los. Auf dem Weg zum Speisewagen quetschte sich Scarlet an Dienerdroiden vorbei, die Lunchpäckchen verkauften. Eine Geschäftsfrau im Hosenanzug veranlasste mit strenger Miene irgendetwas über ihren Port, ein Kleinkind öffnete mühsam neugierig jede Tür, an der es vorbeitaumelte.
    Durch ein halbes Dutzend Wagen wich Scarlet all den Myriaden von Reisenden aus, die zu normalen Jobs, normalen Ferien, vielleicht sogar normalen Familien fuhren. Allmählich beruhigten sich ihre widerstreitenden Gefühle: die Wut auf die Medien, die eine Sechzehnjährige verteufelten, die nun aber aus dem Gefängnis geflohen und immer noch auf der Flucht war. Ihr Mitgefühl mit Wolf und seiner schweren Kindheit und die unerwartete Zurückweisung, als er sie nicht begleiten wollte. Die ständige Angst um ihre Großmutter und die Gedanken darüber, was sie in diesem Moment vielleicht mit ihr machten, während der Zug über Land trödelte. Wenigstens war sie endlich unterwegs zu ihr.
    Trotzdem wirbelten in ihrem Kopf die Gedankensplitter noch immer wie in einem Kaleidoskop durcheinander. Deswegen war sie froh, dass der Speisewagen relativ leer war. Ein gelangweilter Angestellter stand hinter einem halbrunden Tresen und sah sich eine Talkshow an, die Scarlet noch nie leiden konnte. An einem Couchtisch nippten zwei Frauen an ihren Mimosa-Cocktails. Ein junger Mann hatte sich mit hochgelegten Beinen in einer Ecke ausgestreckt und tippte wie ein Wahnsinniger auf seinen Port ein. Vier Androiden warteten regungslos an der hinteren Tür auf Bestellungen aus den Abteilen der ersten Klasse.
    Scarlet setzte sich an die Bar und legte ihren Port neben ein Glas grüne Oliven.
    »Sie wünschen?«, fragte der Barkeeper, während er dem Gespräch zwischen dem Moderator und einem abgehalfterten Action-Star folgte.
    »Espresso mit einem Stück Zucker, bitte.«
    Sie stützte das Kinn auf die Hand, als er den Kaffeeautomaten bediente, und tippte:
    Orden der Wölfe
    Musikgruppen und Internetforen, die sich so nannten.
    Loyaler Soldat vom Orden der Wölfe
    Null Treffer.
    Die Wölfe
    Aber das war natürlich ein viel zu weit gefasster Suchbegriff. Schnell tippte sie Wolfsgang ein.
    Und als sie damit 20400 Treffer erzielte, fügte sie Paris hinzu.
    Eine Band, die vor zwei Jahren auf einer Tournee durch Paris gekommen war.
    Wolf Straßengang
    Wolf Bürgerwehr
    Sadistische Kidnapper getarnt als selbstgerechte Pseudo-Wölfe
    Nichts. Nichts. Und noch mal nichts.
    Frustriert strich sie sich die Haare unter die Kapuze. Der Kellner hatte ihr den Espresso hingestellt, ohne dass sie es bemerkt hatte. Sie blies auf die Schaumkrone, bevor sie einen Schluck von ihrem starken Kaffee nahm.
    Wenn es diesen Wolfsorden schon so lange gab, dass er 962 Mitglieder – oder mehr – rekrutiert hatte, dann musste er irgendwo irgendwelche Spuren hinterlassen haben. Verbrechen, Gerichtsverfahren, Morde oder Körperverletzung. Sie grübelte über einem anderen Suchbegriff und ärgerte sich, dass sie Wolf nicht viel mehr Fragen gestellt hatte.
    »Eine ziemlich spezielle Suche.«
    Sie warf einen Blick zur Seite. Zwei Plätze von ihr entfernt hatte sich ein Mann an den Tresen gesetzt. Er sah sie mit einem spöttischen Lächeln an, bei dem sich ein kleines Grübchen auf der Wange zeigte. Irgendwie kam er ihr bekannt vor – sie musste ihn wohl vor

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