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Die Lust des Bösen

Die Lust des Bösen

Titel: Die Lust des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Negra
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für ein Rockkonzert – viel zu elegant gekleidet. Die leicht ergrauten Schläfen seines ansonsten blonden Haares ließen auf sein Alter schließen – um die vierzig, schätzte Lea. Ein Mann in den besten Jahren also.
    Es dauerte einige Sekunden, bis sie ein atemloses »Ja, gerne« herausbrachte.
    »Sie standen so verloren im Raum, und ich dachte mir, ich könnte Ihnen damit vielleicht eine Freude machen. Am besten, Sie suchen sich schon mal einen Platz, und ich komme dann mit den Getränken wieder zu Ihnen.«
    »Einverstanden«, hörte sie sich sagen. Zu mehr war sie nicht in der Lage. Sie ging hinaus zur VIP-Tribüne und war von der Aussicht begeistert.
    Einfach atemberaubend – und das galt auch für diesen Mann. Sein Blick hatte sie fast umgehauen. Sie spürte eine ungeheure Energie. So etwas war ihr noch nie passiert.
    Nach einigen Minuten kam dieser unglaubliche Typ mit einer Flasche Champagner in der Hand und zwei Gläsern wieder auf sie zu.
    »Na, ist es Ihnen auch nicht langweilig geworden?«
    »Nein, keineswegs«, log sie und vermied es, ihm direkt in die Augen zu sehen.
    Er öffnete die Flasche und ließ den Korken mit einem lauten Knall gen Himmel steigen.
    »Ich bin übrigens Jack.« Er schaute sie lange und durchdringend an.
    Wieder war sie im Begriff, in diesem Blick zu versinken, der sie so nervös machte, dass sie ihr Glas in einem Zug leerte. Alles erschien ihr wie eine Ewigkeit, und plötzlich ertönte ein Gong, der sie wieder in die Wirklichkeit und in das Olympiastadion zurückholte. Die Menschen klatschten stürmisch, johlten laut und immer lauter – ein untrügliches Zeichen dafür, dass Phil Collins gleich die Bühne betreten würde.
    Das Stadion tobte, als er dann endlich erschien und sich an sein Lieblingsinstrument, das Schlagzeug, setzte. Mit »In the Air Tonight« eröffnete er das Konzert, und Lea sang begeistert mit, kannte sie doch jede Zeile des Textes auswendig. Und der große Unbekannte? Er stand neben ihr und … Tatsächlich, er summte die Melodie.
    Gegen halb zehn färbte sich der Himmel über dem Olympiastadion rot, und sie konnten durch die Stadionöffnung über dem Marathontor auch noch den erhofften tollen Sonnenuntergang erleben.
    Es dauerte nicht lange, und sie tanzten, nichts hielt sie mehr auf ihren Plätzen. Für sie gab es nur noch die Musik und den Augenblick. Sie gaben sich vollkommen den Klängen hin, der Rhythmus übernahm die Führung, und ihre Körper bewegten sich wie in Trance.
    Dann wurde die Musik leiser, und als Phil dann den alten Genesis-Song »Hold on My Heart« zum Besten gab, gingen im Stadion wie von Geisterhand dirigiert Tausende von Feuerzeugen an, die wie Kerzen aussahen. Es war eine einzigartige, unbeschreibliche Atmosphäre. Die Nacht hatte sich wie ein riesiger schwarzer Vogel, der seine Schwingen ausbreitet und Schatten spendet, über das Olympiastadion gelegt. Der Zuschauerraum lag nun im Dunkeln, lediglich die Tribüne und die riesige Leinwand, die darüber angebracht war, waren hell angestrahlt und wurden durch LED-Scheinwerfer in wechselndes rotes oder blaues Licht getaucht.
    Beim Anblick dieser Szenerie bekam Lea eine Gänsehaut, und als Jack dann auch noch ganz nahe zu ihr herankam und ihre Hüften umfasste, war sie für einen Moment glücklich. Langsam bewegten sich ihre Körper zur Musik. Sie schloss die Augen und versank in einem Meer aus Klängen und Gefühl.
    Wie gerne hätte sie jetzt mit diesem Traummann etwas machen wollen – etwas, das sich so gar nicht mit dem Image der taffen, unabhängigen und ein wenig unnahbaren Profilerin vereinbaren ließ. Noch nie hatte sie mit einem Unbekannten Sex gehabt, aber immer wieder hatte sie in ihren Träumen genau diese Lust verfolgt.
    Jetzt, just in diesem Augenblick, stellte sie sich zum ersten Mal leidenschaftlichen, ungezügelten Sex mit einem Mann vor, der real war; einem, der direkt vor ihr stand und der keiner der gesichtslosen Typen aus ihren Träumen war. Dieser hier war ihr so nahe, dass sie ihn spüren konnte.
    Wunderbare neunzig Minuten erlebten sie gemeinsam. Sie waren Fremde und dennoch auf eine Art vertraut, als würden sie sich schon lange kennen.
    Zum Schluss des Konzerts gab Phil Collins am Schlagzeug und am Mikrofon noch einmal alles, als er seinen alten Klassiker »Living Forever« aus seiner Genesis-Zeit anstimmte. Die Menge tobte. Ein beeindruckendes Schauspiel, dem man sich nicht entziehen konnte, entfaltete hier seine Kraft. Auf der Leinwand wurde ein Video zum Song

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