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Die Lust des Bösen

Die Lust des Bösen

Titel: Die Lust des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Negra
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gezeigt: Ein riesiger Adler schwebte über einer kraterartigen Landschaft.
    Etwas vibrierte in Lea beim Anblick dieses Tieres und ließ sie innehalten. Es war etwas Mystisches, Animalisches, was von diesem Bild ausging. Auf nahezu allen Malereien, die sie im Fahrerbunker gesehen hatte, war er ihr ebenfalls begegnet. Was wollte er ihr sagen?
    Noch ehe sie diesen Gedanken weiterverfolgen konnte, war das Konzert vorbei, und Jack verabschiedete sich ganz plötzlich und unvermittelt.
    »Lea, ich bedaure es sehr, dass ich nicht länger bei Ihnen bleiben kann, aber ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen. Doch ich bin sicher, wir sehen uns bald wieder.«
    Noch ehe sie irgendetwas erwidern konnte, war er verschwunden, so plötzlich und unerwartet, wie er aufgetaucht war.
    Eine Ewigkeit später – so kam es Lea zumindest vor – öffnete sie ihre Haustür, und wie immer lief ihr Arthur schwanzwedelnd entgegen.
    »Na, mein Lieber, hast du mich so vermisst?« Sie strich ihrer Dogge übers samtweiche Fell, und unvermittelt drängten sich die Szenen von vorhin wieder in ihr Gedächtnis.
    Noch immer war sie ganz benommen von dem Erlebten. Würde sie Jack wiedersehen? Und was zum Teufel hatte sich dieser Kerl überhaupt dabei gedacht? Hatte er das Gleiche gespürt wie sie? Oder wollte er einfach nur etwas Spaß haben und würde sie mit Verlassen des Stadions vergessen? Warum hatte er ihr nicht einmal eine Karte oder wenigstens eine Telefonnummer hinterlassen?
    Es waren einfach zu viele Fragen, die ihr durch den Kopf schossen. Liebe auf den ersten Blick? So etwas hatte sie immer kategorisch abgelehnt. So etwas Kitschiges gibt es nur im Film, hatte sie immer gesagt – und jetzt hatte es sie selber voll erwischt.
    Sie war so aufgeregt wie ein siebzehnjähriges Mädchen nach seinem ersten Rendezvous. Nur allzu gut konnte sie sich noch an diese Zeit erinnern.
    Wie jeden Samstagabend war sie mit ihrer Freundin Diana, die schon damals als »männermordender Vamp« gegolten hatte, in ihrer Lieblingsdiskothek, dem »Park-Café«, zum Tanzen gewesen.
    Die beiden Freundinnen hatten viel Spaß miteinander, obwohl sie grundverschieden waren. Lea war ein schüchternes junges Mädchen, das unsicher war und nichts falsch machen wollte. Etwas unreif wirkte sie und verträumt.
    Diana hingegen ging aufs Ganze, sie war ihrem Alter weit voraus, schminkte sich und benahm sich schon sehr erwachsen. Als ob es gestern gewesen wäre, sah Lea sich selbst auf der kleinen Tanzfläche, wie sie sich selbstvergessen zur Musik von Bon Jovi bewegte. So wie heute im Olympiastadion hatte sie sich ganz der Musik hingegeben, mit der sie nicht nur in ihr Reich der Träume abtauchen konnte, sondern mit der sie sich auch stark und selbstbewusst fühlte. Zufällig hatte ihr Blick einen der Tische gestreift, die im Dunkeln lagen. Dort saß ein junger Mann, der sie schon eine ganze Weile zu beobachten schien. Als der Song zu Ende war, ging sie rüber zur Bar, und auch er stand auf und gesellte sich scheinbar zufällig zu ihr.
    »Hallo, ich bin Mark«, hatte er sich vorgestellt. In diesem Augenblick hatte sie versucht, betont cool und abweisend zu wirken, aber er ließ sich so leicht nicht abwimmeln. Er habe sie schon öfter hier mit ihrer Freundin gesehen, erzählte er, und genau wie heute würde diese Freundin meist mit irgendeinem Typen verschwinden, und Lea bliebe allein zurück. Vermutlich, so hörte sie ihn damals sagen, würde es nicht mehr lange dauern, bis sie nach Hause fahren würde.
    Woher nur hatte er das alles gewusst? Sie war verblüfft. Er musste sich schon länger mit ihr beschäftigt haben, obwohl er ihr bis zu jenem Abend nie aufgefallen war – und das trotz seines wirklich guten Aussehens: groß, schlank, mit dunklen Haaren und dunkelbraunen Augen. Ein Typ, nach dem sich so manche Frau umgedreht hätte.
    Sicher hätte Diana sie ermutigt und vielleicht etwas gesagt wie: »Was willst du eigentlich, worauf wartest du? Er ist ein Sahneschnittchen – greif zu!« Aber Lea war zu schüchtern und vielleicht auch zu verträumt, um das alles so locker zu sehen wie ihre Freundin.
    Damals hatte sie Diana bewundert dafür, dass sie so frei von Zwängen war, einfach in den Tag hinein lebte und alles auf eine Karte setzte. Ja, sie hatte sie beneidet dafür, dass sie sich einfach das nahm, worauf sie Lust hatte, ohne Rücksicht auf Traditionen oder Regeln.
    Heute wusste sie, dass es gut war, seinen eigenen Weg zu suchen.
    Mark hatte sie nach Hause gefahren, und

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