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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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kitzelten entsetzlich, der Getreidegeruch stieg ihm in die Nase, hoffentlich musste er nicht niesen! Nun reichte ihm das Zeug schon bis zum Hals, die Körner kullerten in die Kleidung und kratzten auf der nackten Haut. Mittlerweile zweifelte er an seiner Idee, bei näherer Überlegung sogar an seinem Verstand. Er ging ein kaum kalkulierbares Risiko ein. Aber zeigte sich nicht gerade bei solchen Gelegenheiten die Macht der Schwarzen Jungfrau? Wulf dachte an eine Predigt Luthers, die er in Wittenberg gehört hatte, und musste dem Ketzer in einem einzigen Punkt recht geben: Glaube war alles, Glaube konnte Berge versetzen!
    Der Sack war gefüllt. Wulf, bis auf die Nasenlöcher und den Mund vollständig von staubigen, kratzigen und piekenden Körnern umgeben, atmete schwer. Der Getreidehändler schnürte den Sack zu. Gedämpft, als komme die Stimme von sehr weit, hörte Wulf ihn sagen: »Das ist täuschend echt, ihr dürft Euch nur nicht bewegen.«
    Â»Was sagst du? Mit wem redest du da?« Die Stimme der Frau, die offenbar die Kammer betreten hatte.
    Â»Mit mir selbst, in letzter Zeit führe ich Selbstgespräche.«
    Â»Auch das noch!«
    Der Sack kippte abrupt zur Seite und Körner fielen Wulf in den Mund, er bekam einen Hustenanfall und glaubte zu ersticken.
    Â»Was war das?«, fragte die Frau erschrocken.
    Ihr Mann hustete statt einer Antwort, und Wulf hustete mit ihm um die Wette; schließlich beruhigte er sich wieder. Der Händler schien den Sack über den Boden zu schleifen, statt ihn auf der Schulter zu tragen, dann wuchtete er ihn auf den Wagen.
    Â»Alles in Ordnung?«
    Â»Alles in Ordnung«, sagte Wulf. Nun musste er warten, bis die fehlenden Säcke auf dem Karren landeten und sich das Gefährt schaukelnd in Bewegung setzte. Wulf wurde kräftig durchgerüttelt, bis der Wagen zum Stehen kam; es geschah eine Weile nichts, dann hörte Wulf Stimmen.
    Â»Wir sind angekommen, ich klettere jetzt auf den Wagen«, sagte der Händler. »Da kommt schon das Seil mit dem Haken.«
    Wulf sah im Geist das Gebäude vor sich. Es war wirklich sehr hoch, und nach einer Luftreise stand ihm nicht der Sinn. Plötzlich bekam er es mit der Angst zu tun, und er wusste auch weshalb: Früher hätte ihm der Gedanke, am Seil durch die Luft zu schweben, wenig oder nichts ausgemacht. Es hing mit dem Sturm zusammen, der sein Empfinden dafür geschärft hatte, wie zerbrechlich der Mensch war. So ein Ereignis führte dazu, dass man anfing nachzudenken, was in der gegenwärtigen Situation nur hinderlich war. Das Gefühl des Ausgeliefertseins war unerträglich. Er spürte, wie er in die Luft gehoben wurde, wie das Seil hin und her schwankte … Sein Herz begann zu rasen, sein Atem rasselte; dazu noch dieses Getreide um ihn herum, das ihm die Brust zusammenschnürte und förmlich die Luft raubte. Er war eingesperrt, aber schlimmer als in einem Käfig. So musste man sich in der Hölle fühlen!
    Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass er möglicherweise nicht im Himmel landen würde, sondern in der Hölle. Sollte das möglich sein? Er in der Hölle?! Was raubte ihm die Zuversicht? Dieses verdammte Schwanken, schlimmer als auf dem Schiff! Das Schiff, der Sturm …
    Das Schwanken ließ nach, aber er fühlte in der Magengrube, wie sich das Seil ruckweise höher bewegte. Wie viele Leute zogen daran? War nur ein Mann auf dem Speicher, oder waren es mehrere? Er stand kurz davor, sich zu übergeben. Würde man den Sack gleich ausleeren? Er hatte vorhin so zuversichtlich behauptet, man werde ihn in eine Ecke stellen, aber das war reine Rhetorik gewesen. In Wirklichkeit hatte er keine Ahnung, was geschehen würde.
    Die Aufwärtsbewegung stoppte, dafür schwankte der Sack wieder entsetzlich hin und her. »Hab’ ihn!«, rief jemand. Dann ging es plötzlich abwärts. Wulf wollte laut aufschreien, aber er biss die Zähne zusammen und unterdrückte den Impuls. Er sah sich schon den ganzen Wohnturm hinunter in die Tiefe sausen, aber es gab sofort einen abrupten Halt, eine zwar unsanfte, aber nicht weiter kritische Landung. Also befand er sich jetzt auf dem Speicherboden. Die nächsten Momente würden darüber entscheiden, ob sein Vorhaben, das ihm immer wahnsinniger vorkam, gelang oder nicht.
    Der Sack wurde über den Boden geschleift und geriet in Schieflage, aber man richtete ihn wieder auf und er

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