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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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darauf zurück? Der Pilger hatte ihr versichert, es sei ganz leicht, sie brauche sich nicht die Finger schmutzig zu machen, wie er sich ausdrückte. Ich wäre vielleicht fähig, diesen Pilger zu töten, überlegte Anna, aber nicht einen Unbeteiligten. Weshalb benutzte Zainer ausgerechnet sie als Werkzeug? Hatte sie in seiner Gegenwart etwas Abfälliges über Luther gesagt? Oder hatte ihm jemand erzählt, dass sie den Mönch nicht mochte?
    Sie wusste genauso gut wie jeder andere Wittenberger, dass Luther zahlreiche Feinde hatte: Rom war gegen ihn, ebenso die Reichskirche und viele Fürsten. Noch einmal stellte sie sich die Frage, ob Zainer im Auftrag eines anderen handelte oder aus eigenem Antrieb. Luther töten? Und falls sie es täte – würde der falsche Pilger Wort halten?

K APITEL 14
    Jost und Hanna spazierten am Ufer der Elbe entlang. Der Fluss war frei von Eis, und bis auf ein paar Reste in Ufernähe war auch der Schnee weggetaut. Vogelgesang hing über dem schnell fließenden Strom, der das Sonnenlicht spiegelte, ebenso wie die verzerrten Formen schneeweißer Wolken mit grauen Rändern. Kinderschreie lärmten in der Nähe, während kühle, frische Luft den Fußgängern ins Gesicht blies.
    Der Treidelpfad war aufgeweicht und das Laufen nicht angenehm. Jost ging links vom Treidelpfad und Hanna rechts, weil der Boden dort fester war; sie sprachen wenig und schauten vor ihre Füße. Bei einer Weide beobachteten sie Blaumeisen, die sich an den Zweigen und Ästen zu schaffen machten.
    Â»Bald fangen sie an und bauen Nester«, sagte Jost. In der Ferne sahen sie ein Schiff, das Holz geladen hatte, flussabwärts fahren.
    Â»Wie kommst du mit Luther aus?«, erkundigte sich Hanna.
    Â»Anfangs war es schwierig«, sagte Jost, »aber so langsam gewöhnt er sich an mich und meine Leute. Natürlich halten wir uns weitgehend im Hintergrund, aber letztens hatten wir sogar ein richtig gutes Gespräch miteinander.«
    Â»Ich wollte mit dir über etwas reden, Jost. Es geht um einen meiner Kunden, der noch nicht lange zu uns kommt, vielleicht seit zwei oder drei Wochen. Er behauptet, Pilger zu sein auf dem Weg nach Santiago de Compostela …«
    Sie kehrten um und liefen zurück Richtung Stadt. Es war Sonntagnachmittag, und hier und da begegneten ihnen andere Spaziergänger. Jost dachte an Luthers Predigt, die er heute gehört und die ihn beeindruckt hatte. Es war um das Gewissen des Menschen und sein Verhältnis zu Gott gegangen.
    Â»Weshalb beschäftigt dich dieser Pilger?«, fragte er geistesabwesend.
    Â»Weil ich glaube, dass er kein Pilger ist!«
    Mit einem Mal war Jost bei der Sache. »Du glaubst, er verstellt sich? Wie nennt er sich und wo wohnt er?«
    Hanna hob den Saum ihres Rocks etwas höher. »Er nennt sich Zainer und wohnt im Gasthof am Markt.«
    Â»Weshalb verdächtigst du ihn?«
    Hanna blieb stehen und wandte sich ihm zu. Sie strich mit dem kleinen Finger der linken Hand eine Locke aus der Stirn und wirkte nachdenklich. »Das ist eher so ein Gefühl«, sagte sie, aber er wusste, dass Hanna eine exzellente Menschenkennerin war und sich selten täuschte.
    Â»Könntest du das genauer beschreiben?«
    Â»Schwierig«, sagte sie und bewegte die Finger, als könne sie aus ihnen die treffende Formulierung herausschütteln. »Er will immer zu mir, die Mädchen interessieren ihn nicht. Dabei verhalte ich mich regelrecht abweisend. Aber je deutlicher ich ihn von mir stoße, desto hartnäckiger klebt er an mir. Er wirft mit seinem Geld nur so um sich … und ohne dass ich ihn auffordere, fängt er an zu erzählen und stellt Fragen. Ich habe den Eindruck, er spielt mir etwas vor. Er gibt sich als Kunstschreiner aus, aber ich glaube nicht, dass das sein wahrer Beruf ist.«
    Â»Was für Fragen stellt er?«
    Â»Meistens geht es um Luther.«
    Plötzlich war Jost hellwach.
    Â»Er trägt ein Geheimnis bei sich«, sagte Hanna. »Ich glaube, er ist krank. Es ist eine schlimme Krankheit, aber keine körperliche. Die Art wie er spricht und wie er denkt …« Sie klopfte sich mit der flachen Hand mehrmals gegen die Stirn. »In seinem Kopf stimmt etwas nicht.«
    Â»Was genau will er über Luther wissen?«, fragte Jost.
    Â»Er will wissen, was ich und die Leute über ihn denken. Er gibt vor, sich mit seinen religiösen Thesen befasst zu haben. Aber wenn

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