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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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bis zu den Knien, und wieder brach Johanna in Gelächter aus. An ihrem tiefen Lachen störte Wulf am meisten, dass es nicht enden wollte, in Stößen kam ihr Hohoho, Hohoho, als werfe die Loreley ihr berühmtes Echo.
    Â»Ist ja gut«, sagte Wulf, schlug die Hemdsärmel mehrfach um und klemmte das Hemd, so gut es ging, unter den Gürtel. Auch ein paar Schuhe mit dünner Sohle fanden sich, und Wulf und Johanna gingen die Treppe hinunter.
    Zum ersten Mal nahm Wulf die Gaststube bewusst wahr. Er zählte drei Tische mit einigen Stühlen dabei, und auf zwei Brettern an der Wand sammelte sich das Geschirr. Neben der Tür stand eine große, offenbar sehr schwere Glocke mit hölzernem Griff. Sie bemerkte seinen Blick.
    Â»Das ist mein Warnungsglöckchen«, sagte sie, »für die Schiffe bei Nebel.« Sie fasste den Griff und schwang die Glocke mühelos hin und her wie ein Weihrauchgefäß, was in dem winzigen Raum einen derart höllischen Lärm auslöste, dass sich Wulf beide Hände gegen die Ohren presste. Zum dritten Mal lachte sie ihn aus.
    Â»Bring mir was zu essen und zu trinken!«, sagte Wulf, der mittlerweile sehr verärgert war, sich aber bemühte, es nicht zu zeigen.
    Â»Setz dich dort hin, mein Kleiner, ich will für dich sorgen.«
    Wulf setzte sich auf einen der niedrigen Hocker und reichte mit den Schultern kaum über die Tischplatte, auf der nun die beiden Öllampen standen. Johanna verschwand in der nebenan liegenden Küche, und bald zog Wulf der Duft von Zwiebeln, Speck und Bohnen in die Nase. Er betrachtete die beiden Flammen, die manchmal ruhig und gleichmäßig brannten, dann wieder von irgendwo einen Luftzug auffingen, sodass sie sich wanden und bogen, quälten und flatterten. Während er sie betrachtete, kam die Erinnerung an jene Dinge zurück, die vor dem Sturm lagen.
    Â»Läuft dir schon das Wasser im Mund zusammen?«, rief Johanna aus der Küche.
    Â»Ich habe auch Durst.«
    Johanna kam und stellte einen Krug und einen Becher auf den Tisch. »Das wird dich stärken.«
    Wulf war froh, dass sie nicht schon wieder
mein Kleiner
sagte. Vielleicht, überlegte er, hat mich das im Sturm gerettet: Besäße ich einen schweren Körper, wäre ich jetzt tot. Endlich kam Johanna mit dem Essen, sie trug mit beiden Händen eine schwere Pfanne und stellte sie vor Wulf auf den Tisch; daneben legte sie einen groben Holzlöffel. Wulf füllte den Löffel mit Speck, Bohnen und Getreidekörnern und verbrannte sich den Mund, weil er so gierig war; danach ging er vorsichtiger zu Werke. Er spürte Johannas Blicke, während er schweigend aus der Pfanne aß, bis nichts übrig blieb.
    Â»So gut hat mir ein Essen noch nie geschmeckt.«
    Â»Das Rezept stammt von meinem Mann. Der war früher Landsknecht, und das aßen sie auf langen Märschen, denn es ist einfach zu kochen und hält lange vor.«
    Â»Sag mal, dieses Unwetter – das war doch kein normaler Sturm!«, erkundigte sich Wulf.
    Â»Als ich die schwarzen Wolken heranfliegen sah, flüchtete ich ins Haus und verriegelte alle Türen und Fenster.«
    Â»Kamen heute Schiffe?«
    Â»Nein, denen steckt noch die Angst in den Knochen.«
    Wulf erzählte ihr von Kapitän Hans. »Er ist tot«, sagte er.
    Â»O mein Gott!!!« Johanna starrte ins Leere und schlug beide Hände vors Gesicht; daraufhin stand Wulf auf, ging um den Tisch herum und legte ihr eine Hand auf die Schulter, mit der anderen fuhr er über ihr graues, hinten zu einem Knoten zusammengebundenes Haar, das sich straff und zart anfühlte. Nun schob sie die Hände zur Seite und schaute zu ihm auf; im Kerzenlicht glänzten ihre Augen feucht. Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf die Wange.
    Wulf dachte an sein Leben vor dem Sturm, an das Ziel seiner Reise. In diesem Moment verspürte er überhaupt keine Lust, den Faden wieder aufzunehmen. Warum blieb er nicht hier? Vielleicht würde sie ihn bei sich aufnehmen. Er hatte den Eindruck, dass er ihr gefiel. Gleichzeitig wusste er, dass er zu einem solchen Leben nicht taugte und dass er bald wieder aufbrechen und seine Reise fortsetzen würde. Er hatte eine Aufgabe zu erledigen – unwiderstehlich zog es ihn nach Worms.

D RITTER T EIL

K APITEL 24
    Worms, im April 1521
    Die Menschen in den Gassen von Worms sprachen nur von Luther, man kannte kein anderes Thema. Irgendwann schallten

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