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Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Born
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dem Martha befreundet war. Vielleicht hatte sie ihn zu dessen Eltern begleitet? Sehr unwahrscheinlich, denn sie mochte seinen Vater nicht.
    Die Familie wohnte in einem heruntergekommenen Haus im ärmlichen Viertel der Stadt. Anna klopfte an die Tür und fragte die Mutter, als sie öffnete, nach Jonas. Der kam von selbst angelaufen, weil er alles mitgehört hatte.
    Jonas schüttelte seine blonden Locken. Nein, Martha sei nicht zum Fluss gekommen.
    »Sie hat nicht mit euch gespielt?«
    »Nein.«
    Anna spürte einen eigenartigen Schwindel, ihr Kopf fühlte sich plötzlich an, als sei er völlig blutleer.
    »Hast du Martha heute überhaupt schon gesehen?«, wollte sie von Jonas wissen.
    »Ja, in der Schule.«
    »Nein, ich meine am Nachmittag.«
    Jonas schüttelte wieder den Kopf. Martha habe ihm gesagt, sie wolle zu Hause bleiben, ihr sei zu kalt. Anna fasste nach dem Türpfosten.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Jonas. »Martha muss zu Hause sein!« Er schaute Anna mit großen Augen an. Seine Mutter gab ihm einen Klaps, er solle jetzt machen, dass er reinkomme. Sie versuchte Anna zu beruhigen, Martha werde schon wieder auftauchen.
    Anna nickte und verabschiedete sich. Es kam ihr vor, als wollten ihre Knie bei jedem Schritt einknicken. Im frisch gefallenen Schnee liefen Fußspuren kreuz und quer, ihre eigenen konnte sie bis zum Marktplatz zurückverfolgen, dann verloren sie sich im Gewirr. Jeden, der ihr über den Weg lief, fragte sie nach Martha, aber keiner hatte das Mädchen gesehen.
    Es war ganz allein ihre Schuld, Martha wollte zu Hause bleiben, aber sie hatte sie hinausgeworfen, weil sie ihr auf die Nerven fiel. Deshalb schickte man sein Kind doch nicht bei diesem Wetter vor die Tür . Sollte sie mit Lucas reden? Würde er ihre Sorgen teilen? Sie traf ihn mit seinem gesamten Haushalt beim Abendessen an. Einer der Gesellen erzählte gerade einen Klosterwitz und alle lachten. Cranach wischte sich mit dem Handrücken Tränen aus den Augenwinkeln. Sie komme spät, sagte er, als er Anna bemerkte.
    »Martha ist verschwunden!« Erst als alle sie bestürzt anschauten, wurde ihr bewusst, dass sie geschrien hatte.
    »Was? Nun mal ganz langsam, du bist ja völlig außer Atem!«
    »Setz dich erst mal und erzähl der Reihe nach.«
    Anna blieb stehen und berichtete, was geschehen war. Die Gesellen beschlossen, sich sofort nach dem Essen auf die Suche zu machen.
    »Das ist recht«, sagte Lucas. »Fragt überall nach ihr. Redet auch mit den Torwächtern, sucht sie zu Hause auf. – Mach dir keine Sorgen, Anna, wir finden sie. Martha hat die Zeit vergessen, das kommt vor.«
    Auch die Malergesellen redeten beruhigend auf Anna ein. Sie hätte sie am liebsten von den Stühlen aufgescheucht, hielt sich aber zurück. Sie setzte sich und wartete, bis die Gesellen ihr Essen beendet hatten. Sie selbst brachte keinen Bissen hinunter. Endlich waren alle fertig.
    »Jeder nimmt sich ein bestimmtes Viertel vor«, sagte Cranach. »Durchsucht die ganze Stadt!« Er gab noch allerlei Ratschläge, woraufhin die Gesellen den Hof verließen und in alle Richtungen ausschwärmten.

KAPITEL 11
    Nichts! Niemand hat etwas gesehen oder bemerkt!«
    Alle hatten sich wieder im Esszimmer versammelt. Es war spät geworden, und Lucas Cranach machte ein ernstes, nachdenkliches Gesicht. Er wandte sich an seine Gesellen. »Wir können nicht bis morgen warten«, sagte er. »Besorgt euch Fackeln! Sucht am Fluss! Fragt auf den Bauernhöfen nach Martha! Habt keine Hemmungen, die Leute aufzuwecken! Wenn sie sich beschweren, sagt ihnen, dass ich euch schicke! Bei der Kälte dürfen wir keine Zeit verlieren.«
    Anna stand beim Kamin und verschränkte die Arme vor der Brust, denn sie fühlte sich wie erstarrt vor Kälte. Sie hörte die Gespräche, als kämen sie von sehr weit her. Außer Lucas und ihr befanden sich sämtliche Malergesellen und die Hausknechte im Raum. Einige warfen ihr verstohlene Blicke zu.
    Lucas drängte zur Eile, er begleitete seine Männer zur Tür und schob sie förmlich hinaus. Dann begann erneut das Warten. Anna ging im Zimmer auf und ab, Cranach saß am Tisch. Später stießen Barbara und der Apotheker zu ihnen, aber sie sprachen kaum etwas. Anna weigerte sich noch immer, etwas zu essen, schließlich setzte sie sich zu den anderen. Als sie sich an den Kopf fasste, war er heiß und fiebrig.
    Nach und nach kehrten Cranachs Männer zurück; der letzte, als es bereits dämmerte. Immer wenn einer von ihnen den Raum betrat, flackerte in Anna ein

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