Die Macht der Angst (German Edition)
ernsthafte, berechtigte Gründe dafür, dich wegzusperren. Im Moment könnte ich es ihnen kaum verübeln.«
»Ja«, flüsterte sie. »Ja, das stimmt.«
»Irgendeine Ahnung, wer diese Kerle waren? Sie gehören nicht zu deinem Vater, nehme ich an.«
Ein neuer Schauder überlief ihren Körper. »Ich weiß es nicht. Es war niemand dabei, den ich kannte. Keine vertraute Stimme.«
»Dann war es ein Entführungsversuch«, folgerte er.
»Großer Gott.« Sie barg das Gesicht an seiner Brust.
»Wir haben noch nicht mal ihre Gesichter gesehen«, fuhr er fort. »Wenn ich mit dir in die Klinik führe, könnte sich einer dieser Männer als Arzt, Pfleger oder Laborant tarnen und an mir vorbeispazieren, ohne dass ich es auch nur mitbekäme. Andererseits kann ich mich nicht mit dir in einem Hotel verstecken, wenn du medizinische Hilfe brauchst. Also, sag mir, was du denkst, Edie. Aber sag es schnell, denn in dieser Stadt zu bleiben macht mich tierisch nervös.«
Wie ein Kätzchen krallte sie die Finger in seine Brust. Ihr warmer, hastiger Atem strich fieberhaft über sein Schlüsselbein.
Kev verabscheute sich selbst, als er merkte, wie sein Glied als Reaktion auf ihren Duft, ihre Weichheit zu pochen begann. So viel zu schlechtem Timing. »Entscheide dich«, drängte er sie. »Der Wagen ist bestimmt verwanzt, und wir müssen von hier weg.«
Edie küsste seine Brust. »Ich bin für das Motel. Bei dir fühle ich mich sicherer.«
Erleichterung durchflutete ihn, gepaart mit triumphaler Freude. Und mit Wollust, die in ihm zu tosen begann wie ein mit Kerosin übergossenes Feuer.
Reiß dich am Riemen, Schwachkopf
. Edie war gerade mit Vergewaltigung und Tod bedroht worden. Sein ausgehungerter kleiner Mistkerl würde sich gedulden müssen.
Der Ausdruck in Edies Augen beschleunigte seinen Herzschlag. Ihr Rücken war aufrecht, ihr Kopf stolz erhoben. Diese Penner hatten ihr nicht den Schneid abgekauft. Und das würden sie auch nicht schaffen.
Sie hatte sich für ihn entschieden. Seine Augen wurden feucht, seine Kehle eng vor Rührung.
Einfältiges Weichei
.
Er musste sich eine härtere Schale zulegen, stark für Edie sein, sich zusammennehmen. Seine zärtlichen Regungen unterdrücken, sie bis zu einem späteren Zeitpunkt wegschließen. Das war absolut unerlässlich, um den Durchblick zu behalten.
»Lass uns verschwinden.«
Er verfrachtete Edie in das Taxi, deponierte den Koffer im Kofferraum, die Zeichentasche auf ihrem Schoß, die große Tüte mit dem Essen vor ihren Füßen, dann glitt er neben sie. »Cascade Locks«, wies er den Fahrer an.
»Sie hatten nicht gesagt, dass es so weit sein würde! Es ist vier Uhr morgens!«
Kev zog seine Brieftasche heraus, entnahm ihr ein paar Scheine und drückte sie dem grauhaarigen Mann in die Hand. Nach kurzem Zögern schob er das Geld in seine Hemdtasche und schaute sich zu dem Volvo um, den sie zurückgelassen hatten.
»Wollen Sie den dort stehen lassen?«, fragte er.
»Ja«, bestätigte Kev.
»Dies ist der Kurzzeitparkplatz eines Flughafens. Die werden Ihnen Strafzettel verpassen, dass Ihnen Hören und Sehen vergeht.«
»Wir haben schlimmere Sorgen.«
Der Fahrer schaute in den Rückspiegel, registrierte Edies zerrissenes Kleid, ihr verschmiertes Make-up, den Bluterguss an ihrer Wange. Den tiefen Kratzer an Kevs Schläfe, das Blut an seinen Fingerknöcheln. Sie sahen zum Fürchten aus.
»Ich will nichts von Ihren Sorgen wissen«, bemerkte der Mann.
»Das ist gut, weil ich sie Ihnen sowieso nicht auf die Nase binden würde«, konterte Kev ungerührt. »Wenn Sie uns in weniger als einer halben Stunde dorthin bringen, gebe ich Ihnen noch mal hundert.«
Der Mann stieg kräftig aufs Gas, als er das Taxi aus der Haltezone steuerte. Kev lehnte sich zurück und legte den Arm um Edie.
Seine Gedanken überschlugen sich. Drei gegen einen, aber sie hätten ihn fast überwältigt. Also waren es Profis. Er hatte es an ihrer Form, ihrem Kampfstil, ihrer Schweigsamkeit gemerkt.
Aber wenn es Profis waren, warum zum Henker hatten sie ihm nicht einfach eine Kugel verpasst? Es wäre viel einfacher, viel schneller gewesen. Wozu die Handschellen? Jeder von ihnen hätte ihn problemlos mit einer schallgedämpften Pistole abknallen können. Edie war das wertvolle Gut.
Es machte keinen Sinn. Er müsste tot sein. Etwas Entscheidendes fehlte in dem Puzzle. Das machte ihm Angst, und diese Angst stachelte seinen Zorn an. Sie hatten ihr wehgetan, sie geschlagen und terrorisiert. Seine wunderschöne Edie,
Weitere Kostenlose Bücher