Die Macht der Angst (German Edition)
eine Ahnung, was –«
»Nein«, antwortete Edie. »Nicht ansatzweise. Sei bitte einfach vorsichtig im Umgang mit ihm. Bleib niemals mit ihm allein. Geh nirgendwo mit ihm hin. Verstanden?«
»Verstanden.« Ronnie holte ein Handy aus ihrer Tasche und ein Ladegerät vom Schreibtisch. »Steck es ein, okay? Ich verrate niemandem, dass du es hast.«
Edie nahm es und stellte fest, dass es aus war. Was sonst? Natürlich hatte Evelyn es ausgeschaltet, nachdem sie Ronnie das Schlafmittel verabreicht hatten.
Kev könnte unterdessen angerufen haben. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und es juckte sie in den Fingern, es anzuschalten und auf verpasste Anrufe zu überprüfen. Aber nicht jetzt. Sie schob es in eine Hosentasche, das Ladekabel in eine andere. »Danke, Schatz.«
Ronnie schluchzte. »Ich werde mein altes aufladen. Du weißt meine letzte Nummer noch, oder? Ich speichere sie für dich ab, okay? Ruf mich an. So bald wie möglich.«
Beide brachen in Tränen aus und hielten sich gute fünfzehn Minuten lang schniefend in den Armen, ehe Edie anfangen konnte zu planen. Wobei »planen« eine viel zu harmlose Umschreibung war. Es war mehr ein blinder Impuls. Ein selbstmörderischer Kopfsprung aus einer heißen Pfanne hinein in die lodernden Flammen.
Aber das war das Einzige, was sie tun konnte. Es gab keine Rechtfertigung, sich hier wie ein Häschen in einem Käfig zu verstecken und das Verhängnis seinen Lauf nehmen zu lassen.
Sie überzeugte Ronnie davon, in ihrem Zimmer zu warten, damit sie wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, ohne von Schluchzern geschüttelt zu werden. Nun stand sie draußen im Flur und bündelte ihren Mut, ihre Konzentration. Was brauchte sie? Geld. Autoschlüssel. Einen Weg hier raus. Einen Zielort. Einen Schlachtplan. Sie eilte in das Zimmer, das offiziell ihres war, und durchstöberte ihr Schmuckkästchen. Sie bewahrte ihre Wertsachen hier im Haus auf, und es waren einige kostbare Stücke mit guten Steinen darunter, die sich möglicherweise verkaufen ließen. Sie stopfte Ketten, Ohrringe, Armbänder und Ringe in ihre Hosentaschen. Seltsam, dass der Schmuck zwar ihr gehörte, sie sich aber trotzdem wie eine Diebin vorkam.
Am unteren Ende der Treppe lag das Büro ihres Vaters. Sie schlich hinein und öffnete die oberste Schreibtischschublade, wo er seine Schlüssel aufbewahrte. Drei seiner vier Autos parkten draußen, allerdings innerhalb der Grundstücksmauern. Ein Satz Schlüssel gehörte zu einem Porsche, der auf dem Papier Edie gehörte – eins der an Bedingungen geknüpften Geschenke ihres Vaters –, allerdings hatte sie nie die Gelegenheit bekommen, den Wagen zu fahren. Leider stand er ebenfalls auf dem Grundstück, und sie würde das Sicherheitspersonal niemals überzeugen können, das Tor zu öffnen, damit sie passieren konnte.
Sie entdeckte einen Satz Schlüssel, den ihr Vater einmal benutzt hatte, als er irgendeinen wohltätig gesinnten Freund zur Besichtigung der Parrish-Foundation-Zentrale mitgenommen hatte. Es war der Generalschlüssel für das Gebäude. Sie dachte an die Kisten in der Bibliothek und steckte ihn ein.
Der nächste blinde Impuls führte sie nach unten zum Dienstzimmer der Wachmannschaft. Vor der Tür, die einen Spaltbreit offen stand, blieb sie stehen.
Paul Ditillos Stimme driftete an ihr Ohr. Sein Rücken war der Tür zugekehrt. »… gesagt, dass diese verrückte reiche Göre ihren Vater gehasst hat! Sie steckt bis zur Halskrause mit drin! Wenn du mich fragst, ist sie noch gefährlicher als dieser … was?«
Roberts Blick war zur Tür gezuckt. Er stupste Ditillo an, als Edie sie aufstieß. Der Mann drehte sich um und starrte Edie an. Komisch, wie sehr seine Feindseligkeit ihr früher zugesetzt hatte. Jetzt war sie absolut bedeutungslos. Edie betrachtete die Reihen von Fernsehmonitoren, die sämtliche strategisch wichtigen Punkte des Anwesens aus dem Blickwinkel der Überwachungskameras zeigten.
Paul räusperte sich. »Was können wir für Sie tun, Ms Parrish?«
Den Blick noch immer auf die Bildschirme gerichtet, legte Edie sich eine Antwort zurecht. Vier Bilder auf jedem Monitor. Vier verschiedene Monitore. Fünf Sekunden für jeden Monitor. Mist, sie war einfach keine Multitaskerin. »Äh … ich wollte mich nur erkundigen, wie die Sicherheitsmaßnahmen für heute Nacht aussehen«, murmelte sie lahm. »Welche Vorkehrungen Sie treffen werden.«
Paul wechselte einen Ist-diese-Tussi-zu-fassen-Blick mit Robert, während Edie die Uhrzeit auf dem
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