Die Macht der Angst (German Edition)
bitte. Bring meinen Van nicht um!«, flehte einer der Männer.
»Ihr Ranieris seid am Steuer verdammte Irre«, kommentierte ein anderer.
»Es ist genetisch bedingt. Er hat das Autofahren von seiner durchgeknallten Tante gelernt.«
Edie räusperte sich. »Wie ich schon sagte«, bemerkte sie, nun etwas lauter. »Ich glaube, dass es dort hinten eine neue Trasse gibt, aber da ist ein Bach am anderen Ende des –«
Platsch
. Der Van stürzte in den Bach und spritzte ganze Wasserfontänen hoch, als er schwankte … kippte … sich wieder aufrichtete. Weiterfuhr. Das Wasser stieg gurgelnd an. Das Ufer vor ihnen war schrecklich steil und mit feucht glänzendem Moos überwuchert.
Die Räder gruben sich verzweifelt nach Halt suchend in den morastigen Untergrund. Der Motor röhrte und jaulte und röhrte wieder – dann endlich bekamen sie Bodenhaftung und wälzten sich nach oben.
Schaukelnd rumpelten sie über die Böschung und holperten auf einen asphaltierten Weg, der bald in eine Straße mit ordentlichen, in Fertigbauweise errichteten Einfamilien- und Doppelhäusern mündete. Die Gärten waren mit Kieseln oder Rindenmulch eingefasst. Bruno folgte dem Straßenverlauf, bis er die Straße fand, die zurück zum Montrose Highway führte. Ein Gewirr von Streifenwagen blinkte vor dem Helix-Komplex.
Sie scherten auf den dicht befahrenen Montrose Highway ein und passierten das
Outback Steakhouse, Shari’s,
das
Target,
das
Hampton Inn.
Ein paar Minuten lang sagte niemand ein Wort. Edie konnte noch immer nicht fassen, dass sie entwischt waren.
Kev hatte sie tatsächlich dort rausgeholt.
Jemand knipste ein Licht an. Der Van war vollgepfropft mit zerschlagenen, erschöpften Männern, die sie alle mit solcher Intensität anstarrten, dass Edie sich unbehaglich wand.
Allerdings war Kevs Blick am durchdringendsten. Er sah furchtbar aus. Blass und mitgenommen.
»Edie«, sagte er mit abgekämpfter Stimme. »Ich möchte dir noch ein paar meiner Brüder vorstellen.«
Des lehnte sich gegen die Wand des Treppenhauses, drückte seine blutende Schulter dagegen, dann rutschte er nach unten, wobei er einen dramatischen purpurroten Streifen auf dem Putz hinterließ. Er riss sein Hemd auf und inspizierte die Einschusslöcher in seiner kugelsicheren Weste. Gemeinsam hatten Edie und Larsen ihn neun Mal getroffen – sieben Kugeln hatte die Weste abgefangen, trotzdem würde er darunter ein paar scheußliche Blutergüsse bekommen. Eine hatte ihn in den Deltamuskel getroffen, die andere seinen Oberschenkel gestreift.
Eine der Einkerbungen in der Weste war kaum einen Zentimeter von der Oberkante entfernt. Fast hätte sie seine Kehle durchschlagen. Die Stelle tat höllisch weh, und Des raste vor Zorn.
Gefühle sind ein reines Produkt der Hormone,
rief er sich ins Gedächtnis.
Kontrolliere sie. Lass dich nicht von ihnen kontrollieren
. Es war ein direktes Zitat von Dr. O. Diese blöde, schmutzige Hure würde nicht weit kommen. Dank des Handys, in das sie immer wieder gesabbelt hatte. Nach dem, was heute passiert war, würde der Dienstanbieter die GPS -Koordinaten ohne zu zögern an den Sicherheitschef der Parrishs herausgeben. Und falls nicht, würde Des einfach ein paar Anrufe machen. Als Erstes würde er seinen Vater kontaktieren, der die Wahlkampagne des derzeitigen Senators mit Unmengen an Geld unterstützt hatte. Dann den Gouverneur. Den Generalstaatsanwalt. Es würde nicht lange dauern.
Er wählte Houghtalings Nummer. »Hallo, Mr Marr«, sagte sie.
»Detective, Sie haben doch vorhin mit Edie Parrish telefoniert.«
Sie zögerte überrascht. »Ja. Und?«
»Sie hat gerade auf mich geschossen, Detective. Larsen ebenfalls. Könnten Sie … so schnell wie möglich einen Krankenwagen zum Gebäude der Parrish Foundation schicken? Zur Südtreppe. Ich bin im Treppenhaus im vierten Stock. Ich bin nicht sicher … ob ich die Kraft habe, noch einen Anruf zu tätigen. Aber ich … ich musste Ihnen das … mit …« Er ließ seine Stimme schwächer und undeutlicher klingen. »… Edie erzählen.«
»Mr Marr? Sind Sie noch dran?«, rief Houghtaling. »Mr Marr!«
»Ich wusste, dass Edie herkommen würde«, flüsterte er kraftlos. »Sie hat dieses Szenario in der Bibliothek vermutlich schon vor Tagen vorbereitet. Ich hatte gehofft …«, er brach ab, keuchte mehrmals, »… dass es mir gelingen würde, sie zurückzuholen. Bevor er sie wieder entführt.« Er hustete und gab jämmerliche, erstickte Laute von sich. »Aber ich habe versagt.«
»Schickt
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