Die Macht der Angst (German Edition)
spräche er zu einem dickköpfigen Kind. »Was tust du hier, Edie?«
Er wusste es. Es hatte keinen Sinn zu lügen. »Ich wollte nachschauen, ob die Kisten hier sind«, presste sie hervor.
»Und? Wie du siehst, sind sie es nicht. Bist du nun zufrieden? Können wir jetzt nach Hause fahren, Tee trinken und Kekse essen?«
Was? Für einen kurzen, entsetzlichen Moment regte sich in ihr Zweifel, ob sie sie tatsächlich gesehen hatte. Ob sie am Ende doch verrückt war.
Aber die ruhige, innere Stimme flüsterte:
Bleib standhaft. Er spielt mit dir
.
»Die Kisten sind da, du verlogener Mistkerl!«, ächzte sie. »Geh runter von mir. Ich habe Fotos von ihnen gemacht und sie an Houghtaling geschickt. Das Spiel ist vorbei.«
Seine erste Reaktion bestand darin, den Gekränkten zu mimen, doch während sie einander anstarrten, spürte Edie, wie sich das Auge in ihr öffnete, was es sonst nur tat, wenn sie zeichnete.
Zum ersten Mal benutzte sie es gezielt, anstatt sich von ihm benutzen zu lassen. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es anstellte. Die wilde Intensität der letzten Tage hatte es sie irgendwie gelehrt.
Edie brachte das Auge dazu, dass es sich öffnete, und betrachtete Des damit. Und die Angst, die sie zuvor empfunden hatte, war nichts, verglichen mit der, die sie jetzt überwältigte.
In ihm wohnte niemand, da war nichts, das sie auch nur annähernd als menschlich erkannte. Kein Lebensfunke, kein Herz. Des besaß beides nicht. Er war eine leere Hülle.
Er wusste in derselben Sekunde Bescheid, als Edie begriff, was er wirklich war. Sein Grinsen wurde zu einer grotesken Fratze und er gab jeden Anschein von Normalität auf. Er bewegte sich, presste sich auf sie, und sein Penis schwoll an ihrem Bauch an.
Sie erstarrte vor Abscheu. Und das gefiel ihm. Ihr Ekel geilte ihn tatsächlich noch weiter auf. Er intensivierte seine rhythmischen, kreisenden Bewegungen.
»Edie, Edie. Was soll ich jetzt nur mit dir machen?«, grübelte er. Er hielt ihre Hände über ihrem Kopf fest, zog am Ausschnitt ihres elastischen T-Shirts, bis ihre Brüste entblößt waren, und schnalzte mit der Zunge. »Blaue Flecken! Dein Liebhaber geht ganz schön zur Sache. Dieser gemeine, unwürdige Grobian. Aber keine Sorge … Dessie sorgt dafür, dass du dich besser fühlst.« Er glitt nach unten und leckte über ihre Brust.
Edie unterdrückte den Schrei, den sein Lecken in ihr entfesselte, denn sie ahnte instinktiv, dass sie ihre Lage damit nur noch verschlimmern würde. Sie musste kalt sein, gleichgültig.
Beeil dich, Kev. Beeil dich
. »Was hat Dr. O mit dir gemacht?«, fragte sie.
Abgelenkt von ihrer Frage, hob Des das Gesicht von ihrem Busen. »Exakt dasselbe, was er bei dir versucht hat. Nur hat es bei mir funktioniert. Im Gegensatz zu dir. So einfach ist das. Du warst nicht stark genug.«
Spiel um Zeit
. »War ich nicht?«, krächzte sie. »Inwiefern stark?«
Des lachte leise. »Wenn du das fragen musst, hat es eigentlich keinen Sinn, es dir zu erklären, aber ich werde dir den Gefallen trotzdem tun. Dr. O hat mich befreit. Vor dem Programm waren meine Instinkte, Impulse und Begierden …«, er unterstrich das letzte Wort mit einem harten Zustoßen seiner Hüften, »… blockiert. Durch Angst und Schuldgefühle. Alberne Hemmungen. Dr. O nahm mir meine Angst und meine Schuldgefühle. Und ich ging ab. Wie eine Rakete.«
Erinnerungen an die grauenvollen Sitzungen, in denen Edie an Dr. Os speziellen Stuhl gefesselt gewesen war, trieben an die Oberfläche. »Du meinst die Elektroschockbehandlungen?«
Des zog ein beleidigtes Gesicht. »Es war weitaus komplexer als das«
Edie war so bestürzt, dass sie alle Diplomatie aufgab. »Du willst damit sagen, dass er den Teil deines Gehirns versengt hat, der Recht von Unrecht unterscheiden kann? Der weiß, was Moral und Ethik sind? Er hat dich in einen … Soziopathen verwandelt?«
»Oh, bitte.« Des rollte die Augen. »Da zeigt sich, wie sehr du Sklavin deiner unterbewussten Programmierung bist. Er hat den Teil unserer Gehirne verändert, der darauf programmiert ist, zu glauben, dass X richtig und Y falsch sein muss. Aber wer legt das fest? Alles ist relativ und willkürlich. Hat man das erst einmal begriffen und verinnerlicht, ist man frei. Die Welt hat keine Grenzen, außer denen, die man sich selbst errichtet. Man hat die Freiheit, alles zu tun … solange man damit durchkommt. Und ich tue das immer.«
Er schien zutiefst überzeugt von dem, was er da sagte. Es war surreal. »Was ist mit der Liebe?
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