Die Macht der Angst (German Edition)
seine Schultern ein. »Ich will nicht, dass du mir vom Leib bleibst! Du Bastard!«
»Pech für dich. Ich gehe jetzt raus«, wiederholte er langsam. »Bleib hier drinnen.«
Ein kühler Windstoß fuhr ins Zimmer, als Kev die Tür aufriss. Sie fiel hinter ihm zu und sperrte die Luft, die Geräusche, die Nacht aus. Und ihn.
Edie setzte sich aufs Bett und schlug die Hände vors Gesicht. Am liebsten wäre sie ihm gefolgt, um auf ihn einzudreschen und ihn anzuschreien wie ein Fischweib, doch das wäre kindisch und beschämend. Kev verließ sich auf ihren natürlichen Horror davor, ihm vor seiner wiedergefundenen Familie eine Szene zu machen. Immerhin war sie Charles und Linda Parrishs Tochter.
Dann sollte er eben seinen kostbaren Abstand haben. Sollte er daran ersticken.
Während Edie sich ein weiteres Mal wusch, realisierte sie, dass keiner von ihnen an Verhütung gedacht hatte. Sie hatten das Schicksal herausgefordert, weil sie beide nicht damit rechneten, noch lange genug zu leben, um sich mit den möglichen Konsequenzen befassen zu müssen.
Sie zog sich an und fischte das Handy aus ihrer Tasche. Der Himmel wurde schon heller. Sie starrte auf das Telefon, das einer von Kevs Brüdern ihr geliehen hatte, und schaltete es an, um nachzusehen, ob es Ronnie gelungen war, sich ihr Handy zurückzuholen und ihr eine Nachricht zu schicken. Sie sollte Aaro fragen, ob er ihr noch mal helfen würde, Ronnie mittels seiner magischen Signalverschlüsselung anzurufen.
Das Handy klingelte noch im selben Moment, als Edie es anschaltete. Ihr Herz machte einen Luftsprung, dann schaute sie auf das Display. Als sie die Nummer sah, plumpste ihr Herz augenblicklich wieder runter. Es war nicht Ronnies. Wessen dann? Es gab niemanden auf diesem Planeten, von dem sie hören wollte. Nicht auf diesem Telefon.
Doch der Klingelton stach weiter wie mit Nadeln auf ihr Hirn ein.
Wer war das?
Sie ging ran. »Ja?«, flüsterte sie.
»Guten Morgen, Edie.« Es war Des Marrs Stimme. Es schwang ein öliges Grinsen darin mit, das ihr furchtbaren Brechreiz verursachte. »Möchtest du weiterleben?«
Sie sank wieder auf die Bettkante. »Ja.«
»Was für ein Glück für dich, dass du diesen Anruf angenommen hast«, sagte er. »Möchtest du, dass dein Liebhaber und sein fröhlicher Jungstrupp ebenfalls weiterleben?«
»Ja«, antwortete sie wieder.
»Wir wissen, wo du bist. Wir beobachten dich gerade, von dort oben im Wald. Wir haben hier einen fantastischen Aussichtspunkt für unsere Wärmebildkameras. Du und Larsen, ihr habt vor etwa zwanzig Minuten in der Hütte gefickt. Die anderen sind im Haupthaus. Ich habe den Finger auf einem Knopf, der euch alle sofort in feine Dampfpartikel zersprengt. Es sei denn, du tust exakt … und ich meine
exakt
… was ich dir sage. Verstanden?«
Edie schluckte den Knoten des Entsetzens in ihrer Kehle runter. »Was verlangst du?«
»Ich werde dir ein paar simple, klare Anweisungen geben, Edie. Solltest du eine davon nicht einhalten, werde ich den Zünder betätigen. Ist das klar?«
»Ja. Hör zu, Des –«
»Die erste Anweisung lautet, dass du ausschließlich Ja sagst. Und zwar mit leiser, devoter Stimme. Solltest du etwas anderes sagen, drücke ich den Knopf. Kannst du mir folgen?«
Sie schluckte. »Ja.«
»Die zweite Anweisung lautet, dass du diese Telefonverbindung unter allen Umständen aufrechterhältst. Solltest du das Handy fallen lassen, mit der Wange versehentlich eine falsche Taste drücken, oder sollten wir plötzlich entdeckt werden … bereite ich der Sache ein Ende und betätige den Zünder. Adieu. Ka-bumm.«
»Aber Des, ich weiß nicht, ob –«
»Erinnere dich an die erste Anweisung, du blöde Schlampe«, knurrte er.
Edie biss sich auf die Lippe und presste das Wort heraus. »Ja.«
»Die dritte Anweisung lautet, unnötige Bewegungen zu vermeiden. Ich kann mittels eines hochsensiblen Wärmebildgeräts durch die Hüttenwand schauen. Du hockst gerade am Ende des Betts. Du solltest an deiner Haltung arbeiten.«
Stolz und Zorn bewirkten, dass sich ihre Wirbelsäule instinktiv aufrichtete.
»Ah, das ist schon besser! Und zuzusehen, wie du es mit Larsen treibst, wow! Ich hatte keine Ahnung, dass du so leidenschaftlich bist! Es war, als würde man einen Waldbrand beobachten.« Er gackerte. »Bist du gekommen? Mir kannst du es doch sagen.« Er wartete. »Sag es, Edie.«
Ihr stieg die Galle hoch. Sie riss sich zusammen und wisperte: »Ja.«
»Das ist gut! So. Solltest du irgendetwas tun, das ich dir
Weitere Kostenlose Bücher