Die Macht der Angst (German Edition)
Stühle«, sagte Robert. Seine Stimme war belegt und dumpf, aber verständlich. Was für eine hübsche, tiefe Stimme er hatte.
Er musste nur ein wenig mit der Knarre fuchteln, schon kamen sie seinem Befehl winselnd und quiekend nach. Sie nötigte Robert, das Trio mit den Händen auf den Rücken an die Stühle zu binden. Bettelnd und jammernd ließen sie sich widerstandslos fesseln. Diese einfältigen Gänse. Sie waren schon tot, nur wussten sie es noch nicht.
Dann war Robert fertig, und das war gut so. Er machte schlapp. Ein Auslaufmodell. Ava spürte, wie sich sein Augendruck erhöhte. Ihm rann bereits Blut aus der Nase. Und er sabberte blutigen Speichel. Mann, wie sie es hasste, wenn sie sabberten.
Er schaffte es noch in die Eingangshalle, bevor er auf die Knie stürzte und dumpf mit dem Gesicht aufschlug. Ava rollte ihn mit den Zehen auf den Rücken. Sie zog eine Grimasse und nahm ihm die Sklavenkrone ab. Sie würde Edie zwingen, ihm in die Visage zu schießen, um seine schlimme Verfassung zu verschleiern. Die X-Cog-Droge baute sich schnell ab, doch die geplatzten Blutgefäße würden einem aufmerksamen Gerichtsmediziner verdächtig vorkommen.
Wenngleich Ava bezweifelte, dass es irgendjemandem in den Sinn kommen würde, Fragen zu stellen.
Bis jetzt hatte alles wie am Schnürchen geklappt. Die Verwandten harrten gefesselt und schniefend ihres Schicksals. Des und Edie sollten jeden Moment eintreffen.
Ein Läuten verkündete, dass jemand am Tor war. Ava musste kichern, als sie realisierte, dass es ihr oblag, es zu öffnen. Natürlich! Alle anderen waren tot, halb tot oder an einen Stuhl gefesselt! Sie fand den Knopf, um das Tor zu öffnen, als sie aus dem Augenwinkel eine huschende Bewegung auf der Treppe bemerkte. Die Augen des Mädchens waren vor Schock und Entsetzen geweitet. Dieses verfluchte Balg.
Ava richtete lächelnd die Pistole auf sie. »Keine Bewegung, Ronnie.«
Das konstante Brummen des Motors war leiser geworden. Vor etwa zehn Minuten hatte Edie die Abfahrtsrampe des Highways gespürt, jetzt rollten sie durch die Straßen der Stadt. Hielten an Ampeln. Eine unnatürliche Ruhe war über sie gekommen. Das Schlimmste hatte sie hinter sich. Edie versuchte, ihren Verstand wach zu halten, um abschätzen zu können, wie viel Zeit verstrich und mit welcher Geschwindigkeit sie fuhren, aber sie dämmerte immer wieder weg.
Für dich haben wir andere Pläne
. Erschaudernd tastete sie nach der Ruger an ihrem Knöchel, doch die lag auf Aaros Kommode. Des hätte sie sowieso entdeckt, als er sie gefilzt hatte. Sie hatte keinen Trumpf mehr im Ärmel.
Der Wagen wurde langsamer und blieb stehen. Eine weitere Ampel? Es gab einen Ruck, und der Motor erstarb. Edies Ruhe verflüchtigte sich schlagartig.
Sie hörte, wie die Fahrertür geöffnet wurde und Des sich entfernte. Eine unendliche, unmessbare Zeitspanne verstrich. Edie zählte ihre Herzschläge.
Der Kofferraumdeckel sprang auf. Bäume ragten in den Himmel. Des grinste auf sie hinunter. Er packte sie unter den Achseln und hievte sie aus dem Auto. Edie erkannte, wo sie war. Ihre Angst verzehnfachte sich. Ihr Elternhaus. Ronnie. Oh Gott. Sie besaßen selbst jetzt noch die Macht, ihr Herz zu zermalmen.
Sie sackte in sich zusammen. Des zerrte sie an den Haaren hinter sich her. »Schluss damit!«, knurrte er. »Auf die Füße!«
Sie spürte den Druck des Pistolenlaufs unter ihrem Kinn. Fast wünschte sie sich, er würde abdrücken. Wo waren nur alle?
Eine Frau stand im Eingang. Sie war klein und zierlich. Asiatischer Herkunft. Eine Samtkappe bedeckte ihr Haar. Aus der Entfernung wirkte sie auf den ersten Blick bildschön, doch als Edie näher kam, verpuffte diese illusorische Schönheit.
Sie starrte Edie aus ihren schwarzen Augen mit raubtierhafter Gier an.
»Ava Cheung?«, fragte Edie.
»Ich bin so froh, dass wir uns endlich treffen«, sagte die Frau. »Erinnerst du dich an mich? Von der Oase?«
Edie schüttelte den Kopf. Ava bleckte die Zähne. »Natürlich nicht. Wieso sollte die vornehme Prinzessin eine der Laborratten bemerken?«
Edie hatte darauf keine Antwort. »Kev hat mir von dir erzählt.«
»Hat er das? Apropos, mein Beileid. Wie ich hörte, wurde er in die Luft gesprengt.«
Edie konnte nicht verbergen, dass sie zusammenzuckte. »Wo sind die Sicherheitsleute?«
»Ach, die.« Avas Lächeln wurde dünn. »Das wirst du gleich sehen. Komm.«
Des zwang sie mit seiner Pistole weiter. Edie fuhr keuchend zurück, als sie Roberts langen Körper
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