Die Macht der Angst (German Edition)
ausgestreckt auf dem Marmorboden liegen sah. Unter seinem Kopf bildete sich eine Blutlache. »Oh Gott. Ist er …«
»Tot? Noch nicht ganz vielleicht, aber er wird es bald sein. Wir lassen ihn einfach in Ruhe sterben. Komm mit ins Esszimmer, dann zeige ich dir, was wir –«
Edie stemmte die Absätze in den Boden. »Ich will es nicht sehen.«
Klatsch
. Ava verpasste ihr eine schallende Ohrfeige. »Es interessiert mich einen Scheiß, was du willst!«, kreischte sie. »Du tust, was man dir sagt, du dumme Schlampe!«
»Ava!«, ermahnte Des sie. »Du darfst keine Spuren hinterlassen! Sie ist der Aggressor, du erinnerst dich?«
Ava wischte den Einwand mit einer Bewegung ihrer in einem Latexhandschuh steckenden Hand weg. »Wir können tun, was immer uns beliebt«, meinte sie leichthin. »Sie werden es alles auf Larsen schieben. Den brutalen Sex, die Bestrafungen. Vielleicht werden sie glauben, dass Larsen ihre schmutzige Affäre mit Robert entdeckt hat.«
»Affäre …?« Edie richtete den Blick wieder auf Robert. »Meine
was
mit Robert?«
Ava kicherte. »Oder womöglich hat Larsen sie ja gezwungen, den Leibwächter zu verführen. Oh, das wäre noch pikanter. Das gefällt mir.« Edie starrte sie verständnislos an. »Um ihn zu deinem Komplizen zu machen, natürlich«, erklärte Ava ungeduldig. »Um die anderen Wachmänner auszuschalten, die Kameras und so weiter.«
»Nein.« Edie schüttelte hektisch den Kopf. »Das wird niemand glauben.«
»Du wärst überrascht«, erwiderte Ava. »Die Leute sind verderbt und pervers, weißt du. Sie lieben nichts mehr, als von anderen zu denken, dass sie noch verderbter und perverser sind. Ach, sieh doch mal! Deine liebsten Menschen! Sag ihnen hallo!«
Edie hatte Mühe, ihre Augen in dem halbdunklen Raum zu fokussieren. Aber die Geräusche sprachen Bände. Sie hörte wimmernde Laute und gedämpftes Weinen. Es waren Evelyn, Tanya und Dr. Katz, alle in Bademänteln oder Pyjamas. Man hatte sie an die Esszimmerstühle gefesselt.
»Warum?«, fragte sie, an Des gewandt. »Sie haben nichts mit alledem zu tun!«
Ava stieß ein schrilles Lachen aus. »Ich habe sie mit Slips geknebelt, die ich in deinen Wäscheschubladen fand. Es sind solche kranken Details, die der Geschichte Glaubwürdigkeit verleihen. Oh, und weil ich gerade daran denke.« Sie packte eine Strähne von Edies Haaren und riss sie ihr aus. Edie keuchte vor Schmerz. Ava verteilte die Haare auf dem Teppich, Evelyns Schoß, Tanyas Hausschuh und Dr. Katz’ Arm. Er zuckte zurück, als sie ihn berührte.
»Wo ist Ronnie?« Das Entsetzen verwandelte ihre Stimme in ein panisches Krächzen.
»Alles zu seiner Zeit«, schalt Ava sie. »Zuerst das Kostüm. Du kannst unmöglich deine komplette Familie in diesem Aufzug abschlachten. Du siehst schrecklich aus, Edie.«
Die nahende Ohnmacht drohte, sie in die Tiefe zu ziehen. Ava schlug ihr wieder ins Gesicht und beugte sie vornüber. »Auf keinen Fall, Miststück. Runter mit dem Kopf. Du darfst nicht das Bewusstsein verlieren. Das steht nicht im Drehbuch.« Ava zerrte sie an den Haaren wieder hoch und gab ihr noch eine Ohrfeige. »Versuch das noch einmal, und es wird dir leidtun.«
Edie überkam das absurde Bedürfnis zu lachen. »Es tut mir jetzt schon leid.«
Klatsch
. »Das lässt sich steigern. Komm, Des. Schaff sie die Treppe rauf.«
»Wir haben keine Zeit für Kostümierungen«, murrte er. »Sei nicht kindisch.«
»Aber wieso nicht? Es ist erst fünf Uhr sechsundvierzig. Die nächste Wachschicht wird nicht vor acht hier eintreffen. Wir können uns ein paar Minuten gönnen, um sie herauszuputzen. Und ich bin nicht kindisch. Man nennt es detailtreu. Schwachkopf.«
Des seufzte. Er stieß Edie mit der Pistole vor sich her. »Wie du meinst.«
Sie hielten nicht vor Ronnies Zimmer an, sondern gingen auf direktem Weg zu Edies. Es sah darin aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Die Schubladen waren herausgerissen, überall lagen Klamotten verstreut. Der Boden war mit Schuhen und farbenprächtigen Kleidern übersät. Ava hob eins davon auf. Es war aprikosenfarben, trägerlos, mit einem engen Mieder, das vorn mit zarten Spitzenbändern geschnürt wurde, und einem duftigen Rock. Summend schwang Ava die Robe herum. »Das hier gefällt mir«, sagte sie fast verträumt. »Ein Prinzessinnenkleid. Zieh dich aus.«
Edie erstarrte vor Horror bei der Vorstellung, sich diesem Paar nackt zu präsentieren. Des musste ihr erst brutal die Pistole unters Kinn rammen, ehe sie sich rühren
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