Die Macht der Angst (German Edition)
»So lange?« Er ließ Schultern und Kopf kreisen. »Kein Wunder, dass ich so steif bin. Umso mehr Grund, mich wieder an die Arbeit zu machen. Komm schon. Sei nett und gib mir diesen Laptop, Kumpel.«
»Nein!«, brüllte Bruno.
Kev seufzte. Das hier würde mehr Finesse erfordern, aber er brachte bei Gott nicht die Energie dafür auf. »Mir ist noch etwas eingefallen«, köderte er ihn. »In Bezug auf Osterman. Ich hatte recht. Er hat Experimente an mir durchgeführt. Darum habe ich Patil attackiert. Er sieht Osterman zum Verwechseln ähnlich.«
»Ich habe das Foto gesehen«, brummte Bruno. »Darauf bin ich selbst schon gekommen.«
»Experimente?«, knurrte Tony unbeeindruckt. »Scheiß Wissenschaftler.«
»Es ging um Bewusstseinskontrolle«, erklärte Kev. »Indem ich mein Gehirn abschottete, habe ich mich gegen diese Bewusstseinskontrolle gewehrt. Darum falle ich immer wieder in diese komatösen Zustände. Es ist ein Schutzmechanismus.«
»Das ist ja alles ganz toll, aber Osterman ist tot«, blaffte Bruno. »Und hier gibt es niemanden, der dein Bewusstsein kontrollieren will. Darum macht es keinen Sinn, sich weiter über diesen Kerl das Hirn zu zermartern und das nächste Koma zu riskieren, hörst du?«
Kev schüttelte den Kopf. »Es muss noch andere geben, die wussten, was er tat. Ich werde mit den Leuten auf diesem Foto beginnen. Gib mir deinen iTouch. Ich weiß, dass du nie ohne deine Spielzeuge das Haus verlässt.«
»Ich habe dich erst gestern hierhergeschleift. Du hast aus den Augen geblutet«, fauchte Bruno. »Glaubst du, ich bin scharf auf eine Wiederholung? Vergiss es!«
Kev massierte die wulstigen Narben an seinem Kopf. Sie pochten unangenehm. »Es wird nicht wieder passieren«, versicherte er ihm.
»Oh, das tröstet mich! Aber weißt du was? Ich vertraue deinem Urteil nicht!«
»Nein, wirklich. Jetzt erinnere ich mich an Ostermans Gesicht. Der Anblick hat mich kalt erwischt, aber es wird keinen weiteren Überraschungseffekt geben. Ich stelle mir dieses Foto gerade bis zum letzten Pixel vor, ohne dass mein Kopf zu explodieren droht. Ich schwöre, dass ich nicht noch mal aus den Latschen kippen werde.«
Bruno tat das mit einem Schnauben ab. »Ich habe es sowieso längst erledigt.«
»Was erledigt?«
»Das Foto recherchiert«, antwortete Bruno mit leidgeprüfter Miene. »Ich habe sämtliche Personen darauf identifiziert und alles zusammengesammelt, was ich über jeden Einzelnen im Internet finden konnte. Wenn es das ist, was du vorhattest, ist es bereits geschehen.«
Kev merkte, dass ihm der Mund offen stand. »Oh, wow. Danke.«
Bruno wirkte verlegen. »Ach, halt einfach die Klappe.« Er zog eine Fächermappe aus dem Matchbeutel vor seinen Füßen. »Die Männer, die Osterman flankieren, heißen Giles Laurent und Desmond Marr. Bringt das bei dir irgendwelche Blutgefäße zum Platzen?«
Die Namen fielen wie Steine in die tiefen Gewässer seiner Erinnerung, brachten jedoch nichts an die Oberfläche. Kev spürte keine Reaktion. Er schüttelte den Kopf.
Bruno öffnete die Mappe. »Laurent kannst du von deiner Liste streichen, der ist nämlich tot.«
»Wieso überrascht mich das nicht?«, brummte Tony. »In dieser Geschichte wird es eine Menge Tote geben, bevor sie zu Ende erzählt ist. Vielleicht wirst auch du darunter sein.«
»Ja, vielleicht.« Kev ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Wie ist er gestorben?«
»Suizid. Vor sechs Jahren. Er war Softwareentwickler. Ging nach Stanfort, im Anschluss an seinen Aufenthalt auf der Oase. Gründete eine Firma, die ziemlich gut lief, bis er sich eine Kugel in den Kopf gejagt hat. Er hinterließ eine Frau und ein zweijähriges Kind. Echt tragisch.«
»Und der andere Typ?«
»Desmond Marr. Noch so ein leistungsorientierter Erfolgsmensch«, antwortete Bruno. »Harvard-Studium, anschließend Harvard Business School. Er wurde dazu aufgebaut, den Pharma-Konzern seines Vaters zu übernehmen. Helix. Mit den Schwerpunkten medizinische Technologie und Nanotechnologie. Die Aktie steht hoch im Kurs. Sie sind erst vor ein paar Jahren nach Hillboro, in den Silicon Forest umgezogen. Der Mann hat’s geschafft. Und den ganzen Scheiß auch noch auf dem Silbertablett serviert bekommen.«
»Lass mich das Foto sehen.« Kev streckte die Hand danach aus.
Bruno riss die Mappe an sich. »Oh nein. Aber ich habe ein anderes Foto von Marr für dich aufgespürt. Eins ohne Osterman darauf.« Er blätterte durch seine Ausdrucke und zog die Kopie eines Fotos im Format 2 0
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