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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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vorgehen mochte, während er das Geschirr spülte. Ob er eine tickende Zeitbombe war, die ihm jeden Moment um die Ohren fliegen würde.
    Der Klinikstuhl, auf dem Tony saß, quietschte, als er sich nach vorn beugte. »Du siehst aus wie ein Stück Scheiße«, bemerkte er. »Rosa hat mir eine Lammhaxe mitgegeben. Und Reispudding. Sie glaubt, dass ihn der Duft von Essen aufwecken wird. Nimm dir etwas davon. Es ist reichlich da.«
    Die Erwähnung des Reispuddings rief Bruno den Gangster in der zerbrochenen Kuchenvitrine in Erinnerung, dessen Blut sich mit der Sahne vermischt hatte.
    Er schüttelte den Kopf und zog seinen Laptop hervor. Kevs bösem Wissenschaftler nachzuspüren war eine gute Ablenkung, außerdem musste jemand anders diese Aufgabe für Kev übernehmen, nachdem es ziemlich abträglich für dessen Gesundheit zu sein schien, wenn er es selbst tat.
    »Du suchst nach diesem Otterman-Arschloch? Ich habe dir doch gesagt, dass du damit deine Zeit verschwendest. Steck dieses verdammte Ding weg und iss etwas.«
    »Osterman«, berichtigte Bruno ihn erneut, obwohl es nichts brachte, auf dem Punkt herumzureiten. Sein Alter, seine dröhnende Stimme und seine böse Ader trugen Tony immer den Sieg ein. Gelegentlich auch ein harter Schlag auf den Mund, zumindest als Bruno noch jünger gewesen war. Er hatte den Schmerz noch gut in Erinnerung, trotzdem hegte er keinen Groll gegen ihn. Denn gleichzeitig erinnerte er sich auch daran, wie sein Großonkel mit dem Wagen davongefahren war, eine schwarze Plane über die Mafiosi drapiert, die gekommen waren, um ihn zu töten. Welche Erleichterung er empfunden hatte, als Tony Stunden später zurückgekehrt war und grimmig die Ladefläche des Pick-ups mit dem Schlauch abgespritzt hatte. Ohne ein Wort, ohne eine Erklärung. So als wäre die Sache niemals passiert.
    Später hatte sich Tony im Hinterzimmer des Lokals ein üppiges Abendessen einverleibt, anschließend war er einfach nur dagesessen und hatte eine selbstgedrehte Zigarette nach der anderen gequalmt. Von Rauchschwaden eingehüllt, hatte er unverwandt auf Kevs Hinterkopf gestarrt, während der junge Mann einen riesigen Tellerstapel spülte.
    Irgendwann hatte er Bruno angefahren, endlich mit dem Heulen aufzuhören, sonst würde er ihm eine scheuern. Er hatte ihm derart grob die Haare gezaust, dass Bruno fast ein Schleudertrauma davongetragen hätte. Schließlich war er unter lautem Stiefelgepolter die Treppe hochgestapft und zu Bett gegangen.
    Es war genau, wie Kev sagte. Das Leben bestand aus Kompromissen. Nichts war umsonst.
    Aber manchmal war selbst der höchste Preis die Sache wert.
    Laute Geräusche malträtierten Kevs Hirn. Brabbelnde Stimmen, aber er konnte die Worte nicht dechiffrieren. Er hatte sich in das Loch in seinem Geist verkrochen. In sein Verlies.
    Hier konnte ihn niemand kontrollieren. Er hatte die Verbindung zu seinen bewussten motorischen Funktionen gekappt. Wie er das angestellt hatte, war ihm selbst ein Rätsel. Er wusste nur, dass hier, an diesem Ort, niemand Spielchen mit ihm treiben konnte.
    Die Kehrseite der Medaille war, dass er sich auch selbst nicht kontrollieren konnte. Er war in Sicherheit, aber gelähmt. Und gefangen. Hier gab es keine Tür, keinen Tunnel, keine Leiter.
    Es war keine Bewusstlosigkeit. Seine Sinne waren messerscharf. Und er war auch nicht in Panik. Noch nicht. Er war schon früher hier gewesen und irgendwie wieder herausgekommen. Es konnte eine Weile dauern, aber er würde einen Weg finden.
    Kev überlegte, ob er wieder im Koma lag, aber er bezweifelte es. Die wenigsten Menschen würden zu mentalen Ausweichmanövern Zugriff nehmen, um eine geistige Kontrolle abzublocken. Wahrscheinlich saßen Komapatienten in einem ähnlichen Verlies fest, nur schliefen sie tief und fest, anstatt die Fingernägel in Mauern zu krallen wie eine Figur in einem Poe-Roman. Verdammt. Falsche Gedankenrichtung. Wenn er ihr weiter folgte, würde er doch noch in Panik geraten.
    Warte einfach
. Die leise Anweisung stieg wie eine Blase aus der Tiefe auf.
Hab Geduld und warte ab
.
    Er konzentrierte sich darauf, seinen inneren Sturm mithilfe seiner üblichen Techniken abzuschwächen. Ein weißer Frühlingsstern. Die Milchstraße, die den Nachthimmel mit ihrem funkelnden Glanz überzog. Ein Monolith aus schwarzem, vulkanischem Granit, der dunkel aus einer Schneelandschaft ragte. Doch seine Gedanken wirbelten weiter unkoordiniert umher. Er fühlte sich zunehmend erschöpft. Erst jetzt setzte er seine Geheimwaffe

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