Die Macht der Angst (German Edition)
mit leidenschaftlichem Nachdruck. Edie mochte verlegen, perplex, hin und weg von ihm sein – aber bestimmt nicht verängstigt.
Kev beugte sich vor und hob den Pulli auf, der neben ihm auf dem Boden lag. »Ich sollte gehen«, murmelte er.
Bevor ich mich zu etwas Unüberlegtem hinreißen lasse
, lautete die unterschwellige Botschaft. Edie hörte sie so deutlich, als hätte er sie laut ausgesprochen.
»Nein, bitte!«, flehte sie panisch. Sie ließ das Skizzenbuch fallen, trat zu ihm und legte ihre Hand auf seine warme Schulter, gestattete sich nicht, sie wieder wegzunehmen. Seine feurige Lebensenergie pulsierte unter ihren Fingern und heizte ihr Verlangen weiter an.
»Geh nicht«, wisperte sie.
8
Desmond beglückwünschte sich ein weiteres Mal selbst, als der glänzende schwarze BMW neuesten Fabrikats mit den getönten Scheiben auf den Parkplatz einbog. Er kannte den paranoiden Hurensohn gut genug, um zu wissen, dass er sehr wahrscheinlich bewaffnet war. Er fühlte sich absolut brillant. Dr. O wäre stolz auf ihn. Mit einem Handstreich hatte er alle ihre logistischen Probleme gelöst. Des wünschte nur, er wäre früher darauf gekommen, und nicht erst, nachdem er Avas hungrige Weltherrschaftsmaschinerie mit Teilen seines Privatvermögens gefüttert hatte. Aber auch das war nicht weiter schlimm. Er konnte es verkraften.
Vier Personen stiegen aus dem Wagen. Tom Bixby, sein alter Kumpel von der Oase, hatte an Gewicht zugelegt. Er war schon immer stämmig gewesen, doch inzwischen hatte er noch ein paar Kilo Fett auf seinen von Haus aus korpulenten Körper gepackt. Sein Gesicht war schwammiger, breiter, röter als früher. Des straffte die Schultern; er fühlte sich gut mit seiner eigenen fitten, durchtrainierten, muskulösen Figur.
Tom war in Begleitung zweier Männer, deren angespannte, aufmerksame Mienen sie als Bodyguards entlarvten. Der eine war ein gertenschlanker Asiate mit einem glänzenden schwarzen Pferdeschwanz, der andere ein Hüne mit ausgemergeltem Gesicht und buschigem Schnauzbart. Bei der vierten Person handelte es sich um ein graziles Mädchen mit Rastalocken, hautengen Jeans, einem nietenbesetzten Gürtel, mehreren Tattoos und ebenso vielen Gesichtspiercings.
Also hatte Tom sein eigenes Einweg-Testobjekt mitgebracht, um sich einen unabhängigen Eindruck von der Effektivität des X-Cog zu verschaffen. Des hoffte nur, dass Tom das Mädchen nach Avas Kriterien ausgewählt hatte. Intelligenz, Kreativität und unkonventionelles Denken lautete die Maßgabe. Statistisch gesehen, erbrachten diese Qualitäten die besten Interface-Ergebnisse. Keinen nennenswerten Freundes- oder Familienkreis zu haben war ebenfalls von Vorteil.
Des ging Tom entgegen und begrüßte ihn auf Männerart, indem er ihm die Hand schüttelte, ihn dabei halb umarmte und ihm gleichzeitig einen beherzten Klaps auf den Rücken gab. »Schön, dich zu sehen, mein Freund.«
»Ja, geht mir genauso. Siehst gut aus, Alter«, erwiderte Tom.
Während sie einander in Augenschein nahmen, realisierte Des, dass er sich wirklich freute, ihn zu sehen. Es gab gewisse Dinge, die nur der Club O verstand. Die Überlebenden. Die Schwachen waren längst gestorben. An Drogenmissbrauch, Alkoholismus, Suizid, ein paar sogar an Hirntumoren. Dr. Os Training war nichts für Weicheier, es war für Gewinner, die es bis ganz an die Spitze schaffen wollten. Nur die Harten kommen in den Garten. Es war erleichternd, mit jemandem zusammen zu sein, der das verstand. Das war einer der vielen Faktoren, die ihn zu Ava hinzogen. Abgesehen von ihrer Brillanz, ihrer Schönheit und ihrem unerschöpflichen sexuellen Einfallsreichtum. Dass sie wahnsinnig war, nun, das war ein geringer Preis, den Des gern zu zahlen bereit war. Im Übrigen bedeutete geistige Gesundheit nach Definition der Gesellschaft nichts weiter, als dass man sich mentalen Schranken unterwarf. Ava war frei. Genau wie er, genau wie Tom. Sie bildeten eine elitäre, selbstbestimmte Bruderschaft von Siegern.
»Und, wie läuft das Geschäft mit deiner Söldnerarmee?«, fragte er Tom.
»Wir ziehen es vor, uns als privates Militärunternehmen zu bezeichnen.«
Auch gut. Welchen Stempel Tom seiner Firma auch aufdrückte, sie war Hunderte Millionen wert. Es war ein privates, apolitisches, auf höchster Geheimhaltungsstufe operierendes Unternehmen, das Lufttransporte, Datenerfassung auf Hightech-Niveau, ultramoderne Waffen und die Macht, still und leise Weltereignisse zu beeinflussen, offerierte, wenn der Preis
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