Die Macht der Disziplin
Entdecker die Medien seiner Zeit: In seinen Briefen, Berichten und Erklärungen versprach er immer wieder, sein Ziel zu erreichen und sich ehrenhaft zu verhalten, denn er wusste, wenn er berühmt würde, dann würden seine Fehltritte Schlagzeilen machen. Nachdem er seine Männer vor den Gefahren der Trunksucht gewarnt und sie ermahnt hatte, sexuellen Versuchungen in Afrika zu widerstehen, würden seine eigenen Verfehlungen in umso grellerem Licht erscheinen. Nachdem er in die Rolle des Bula Matari, des unerschütterlichen Steinbrechers geschlüpft war, zwang er sich, ihr auch gerecht zu werden. Mit seinen Schwüren und seinem Image habe er von vornherein verhindern wollen, dass er durch Willensschwäche scheiterte, so sein Biograf Jeal.
Heute muss man nicht berühmt sein, um Angst haben zu müssen, in einem schwachen Moment seinen Ruf zu ruinieren. Mit Hilfe der sozialen Netzwerke, die ihre Sünden schonungslos offenlegen, können Sie sich zu tugendhaftem Verhalten zwingen. Ein Beispiel ist die »Bloßstellungsdiät« 112 des Schriftstellers Drew Magary, der versprach, sich jeden Tag zu wiegen und sein Gewicht auf Twitter zu veröffentlichen. Daran hielt er sich – und speckte prompt in fünf Monaten 25 Kilogramm ab. Wenn Sie die Bloßstellung jemand anderem überlassen wollen, können Sie ein Programm namens Covenant Eyes 113 installieren, das die Webseiten registriert, die Sie besuchen, und dann eine Liste an eine vorab bestimmte Person schickt, zum Beispiel Ihren Chef oder Ihre Frau. Oder Sie können eine Selbstverpflichtung bei stickK.com eingehen, einem Unternehmen, das von den beiden Wirtschaftswissenschaftlern Ian Ayres und Dean Karlan gegründet wurde. Sie können jedes beliebige Ziel wählen – abnehmen, mit demNägelkauen aufhören, weniger fossile Brennstoffe verwenden, Ihre Ex nicht mehr anrufen – und werden automatisch bestraft, wenn Sie Ihr Ziel nicht erreichen. Dabei können Sie sich selbst kontrollieren oder einen unparteiischen Schiedsrichter über Erfolg oder Misserfolg urteilen lassen. Die Strafe könnte ganz einfach eine E-Mail an vorab benannte Freunde und Verwandte oder alternativ auch Ihre Feinde sein. Sie können sich aber auch selbst eine Geldstrafe auferlegen und zum Beispiel automatisch eine Spende an eine gemeinnützige Einrichtung überweisen. Wenn Sie einen besonderen Anreiz wollen, können Sie eine Organisation wählen, die Sie auf gar keinen Fall unterstützen möchten, wie zum Beispiel eine politische Partei, bei der Sie auch mit vorgehaltener Pistole nicht Ihr Kreuzchen machen würden. Die Nutzer von stickK.com 114 scheinen sich vor allem durch finanzielle Anreize zu motivieren (wie auch Stanley, der Geschichten finden musste, um Artikel und Bücher zu verkaufen) sowie durch die Anwesenheit eines Schiedsrichters. Nutzer, die keine Geldstrafe und keinen Schiedsrichter vorsehen, kommen auf eine Erfolgsquote von 35 Prozent, die anderen dagegen von bis zu 80 Prozent; und wer eine Strafe von 100 Dollar vorsieht, hat wiederum mehr Erfolgschancen als jemand, der nur 20 Dollar aufs Spiel setzt – zumindest nach Angaben von stickK.com, das keine unabhängige Überprüfung vornehmen lässt. Die tatsächliche Erfolgsquote liegt vermutlich etwas niedriger, da Schiedsrichter möglicherweise zögern, Ergebnisse zu melden, die ihren Freunden oder Angehörigen finanziell schaden könnten. Und natürlich handelt es sich um eine nicht repräsentative Auswahl von Menschen, die bereits motiviert sind, ihr Verhalten zu verändern, weshalb es schwer nachprüfbar ist, welche Rolle die Selbstverpflichtung bei stickK.com bei der Umsetzung der Vorsätze spielt. Aber die Wirksamkeit von Verträgen mit Schiedsrichtern und Strafen konnte in einem wissenschaftlichen Experiment nachgewiesen werden, das von Dean Karlan und anderen Ökonomen durchgeführt wurde.
An dem Experiment nahmen 2 000 philippinische Raucher 115 teil, die mit dem Rauchen aufhören wollten. Die Hälfte der Teilnehmerkonnte einen Vertrag mit einer Bank abschließen und wöchentlich Geld auf ein Konto überweisen, das keinerlei Zinsen abwarf. Die Wissenschaftler schlugen den Rauchern vor, dieselbe Summe zu überweisen, die sie in der Regel für ihre Zigaretten ausgaben, aber der Betrag war freiwillig, und die Teilnehmer mussten auch gar nichts überweisen (was einige auch taten). Nach sechs Monaten mussten sie sich einem Urintest unterziehen. Wurde bei dem Test Nikotin im Körper nachgewiesen, verloren die Teilnehmer das eingezahlte
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