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Die Macht der Drei

Titel: Die Macht der Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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In ruhigen Stunden hatte sie schon früher der Möglichkeit ins Auge geblickt, daß die Mutter ihr bald einmal entrissen werden könnte. Jetzt war es geschehen, und sie versuchte es, sich nun mit der Tatsache abzufinden.
    So trat sie am Arm Glossins in das neue Heim. Der Doktor geleitete sie in den Empfangsraum, gab Abigail dann einen Wink, sie in ihre eigenen Räume zu geleiten. Ein Boy schaffte die Koffer aus dem Flugzeug dorthin. Jane hatte sich am Fenster niedergelassen und blickte in die dämmernde Abendlandschaft hinaus. Ihre Gedanken weilten bei Silvester.
    Die Nachricht von Sing-Sing war natürlich auch in das stille Haus nach Trenton gedrungen und hatte die beiden Frauen aufs äußerste erschreckt. Wohl lasen sie, daß er gerettet worden war. Aber die Tatsache allein, daß er sich des Hochverrats schuldig gemacht haben sollte, daß er in voller Form zum Tode verurteilt worden war, wirkte niederschmetternd. Jane sowohl wie ihre Mutter hatten gänzlich den Kopf verloren, bis ein alter Freund des Vaters sie aufrichtete. Joe Miller war damals zu ihnen gekommen. Fand sie verzagt und lachte.
    »Sorge um Logg Sar?… Vollständig überflüssig… Alle Wetter, da hat was dazwischengepfeffert und den Schleichern und Angebern das Konzept verdorben. Habe zwar keine Ahnung, was es gewesen ist. Bin aber sicher, daß es prachtvoll gewirkt hat. Angst brauchen Sie jedenfalls um Logg Sar nicht zu haben. Ich meine, der könnte jetzt sogar ganz ruhig in New-York Spazierengehen. Seine Feinde würden sich bei einem neuen Angriff noch viel mehr blamieren.«
    Diese Worte wirkten tröstlich auf Jane. Das Wunderbare des Geschehnisses nahm sie gefangen. Durch eine unbekannte mächtige Hilfe war Silvester der Gefahr im letzten Augenblick entrissen worden. Seitdem hoffte sie auf seine Wiederkehr, hatte das sichere Gefühl, daß die Macht, die ihn das erstemal schützte, auch jeden weiteren Anschlag zunichte machen würde.
    Die geschwätzige Abigail wollte wissen, welches Kleid die Lady anziehen wolle. Ob sie sich zum Supper nicht schmücken wolle. Der Herr Doktor liebe geschmückte Damen beim Supper. Vielleicht würde er ihr sogar… Die Mundwinkel der Schwarzen rückten wieder bis an die Ohren. Jane bemerkte das Mienenspiel nicht.
    Anziehen… Das einfache schwarze Kleid, das sie trug, schien ihr das richtige… Schmücken? Am Begräbnistage ihrer Mutter? Sie gab der Dienerin den Auftrag, die Garderobe in den Schränken unterzubringen, und verließ den Raum, um nach unten zu gehen.
    Abigail machte sich daran, den Auftrag zu vollziehen. Stück für Stück nahm sie aus den Koffern. Dabei murmelte sie allerlei vor sich hin:
    »Hoho, mein Täubchen… sehr einfach, zu bescheiden. Keinen Samt, keine Seide. Nur so einfach… Ist nicht der Geschmack von Mister Doktor… Liebt feine Damen… gelbe, rote Seide. Keine schwarzen Kleider…«
    Sie begann die Wäsche in die Fächer zu legen und fuhr in ihrem Selbstgespräch fort:
    »Wirst dich ändern müssen, mein Täubchen! Waren schon andere vor dir hier. Haben es auch gemußt. Taten alles, was Mister Doktor wollte, wenn Mister Doktor sie anguckte… anguckte mit den großen heißen Augen.«
    Ihre Worte gingen in ein Kichern über, während sie die letzten Stücke in die Kästen einräumte.
    Inzwischen war Jane in den Speiseraum gekommen. Der junge Boy servierte. Glossin wartete, bis er den Raum verlassen hatte, bevor er die Unterhaltung begann.
    »Meine liebe Miß Jane, meine Kur beginnt schon zu wirken. Sie sehen viel besser aus als heute früh.«
    »Sie mögen recht haben, Herr Doktor. Die Reise hat mich auf andere Gedanken gebracht. Ich könnte beinahe zufrieden sein, wenn ich… Gewißheit über das Schicksal unseres Freundes Silvester hätte.«
    »Seien Sie zufrieden, meine liebe Miß Jane, daß unser Freund der Gefahr entronnen und jetzt nach menschlichem Ermessen in Sicherheit ist. Wenn Sie ihm etwas bedeuten, wird er gewiß von sich hören lassen.«
    »Er wird… er muß… er soll…«
    Jane stieß die Worte heftig hervor. Dr. Glossin schwieg, als ob ihn dieser Gefühlsausbruch erschreckt hätte.
    »Verzeihen Sie meine Heftigkeit, Herr Doktor. Ich sorge mich um das Schicksal eines Abwesenden und habe Ihnen noch nicht einmal für Ihre Güte gedankt.«
    Wenn Dr. Glossin bei allen diesen Reden etwas empfand, so verstand er es jedenfalls meisterhaft, seine Gefühle zu verbergen. Keine Muskel in seinen Zügen zuckte, während er die Unterhaltung ruhig weiterführte. Er sprach von Janes

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