Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Macht der Drei

Titel: Die Macht der Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
Vom Netzwerk:
den Bund. Jane im weißen Kleide, den Myrtenkranz im lichtblonden Haar, glich den Engelsgestalten, welche die Kunst eines alten Meisters über dem Altar geschaffen hatte. Silvester, den Arm nach der Verwundung noch in der Binde, war froh und glücklich.
    Dicht hinter dem Paar saßen die beiden Zeugen der Zeremonie: Erik Truwor und Soma Atma. Der Inder ruhig, in sich versunken. Der freie Ritus der Zeit erlaubte es ihm, hier als Zeuge zu dienen. Seine Gedanken weilten bei den Lehren der eigenen Religion. An das Rad des Lebens dachte er, an das wir alle gebunden sind. An das Kämpfen und Leiden aller Kreatur, die erst nach tausendfacher Wiedergeburt und Bewährung zur ewigen Seligkeit des Nirwana eingehen darf.
    Erik Truwor saß hochgereckt, jeder Muskel verhaltene Kraft, und er war glücklich beim Glücke des Freundes, doch schon weitere Pläne erwägend und ungeduldig über jede Verzögerung, die seine Lebensaufgabe erfuhr.
    Der Priester wechselte die Ringe. Leicht schob sich der goldene Reif auf den schlanken Finger der Braut. Hart und schwer legte er sich an Silvesters Hand neben den Ring von Pankong Tzo.
    Atma sah es, und seine Gedanken nahmen einen anderen Lauf.
    »Wer schon gebunden ist, soll nicht nochmals binden. Zwei Pflichten kann niemand erfüllen, zwei Herren niemand dienen.«
    Der christliche Priester sprach milde Worte. Daß sie nun eins seien. Daß jeder dem anderen gehöre, bis einst der Tod sie scheiden würde.
    Atma sah nur die beiden Ringe an Silvesters Hand.
    *

Auch Erik Truwors Gedanken wanderten. Fort aus dem grünen Tal, nordwärts über brandendes Meer und weite Eisflächen zu verschneiten Felsen. Nur undeutlich drangen die Worte des Priesters an sein Ohr. Im Geiste baute er dort nordwärts in eisigen Fernen bereits eine neue Zufluchtsstätte. Ein neues Heim, unentdeckbar und unangreifbar.
    *

Der Geistliche hatte geendet. Segnend legte er die Hände auf die Häupter der Neuvermählten. Ein voller Sonnenstrahl fand seinen Weg bis zum Altar und wob aus goldenem Licht eine Krone auf dem Scheitel der Braut. Die Orgel fiel wieder ein. Die Feier ging dem Ende zu.
    Kraftwagen brachten die Teilnehmer zum Hause Truwor zurück, wo das Mahl gerichtet war. Gäste aus dem Ort: der Vogt von Linnais mit seiner Gattin, der Königliche Richter, Besitzer freier Bauernhöfe aus der Umgebung von Linnais mit ihren Frauen. Es war eine schwedische Hochzeit mit den alten Sitten und Gebräuchen.
    Seit einem Menschenalter hatte die hohe Halle des Hauses so zahlreiche Gesellschaft nicht mehr beherbergt. Seitdem Erik Truwors Mutter starb und der Vater nur noch seiner Wissenschaft und seinen Reisen lebte.
    Jetzt dröhnte der Dielenboden unter den Schritten kräftiger hoher Gestalten. Scherzen und Lachen erklangen und verjagten die Geister.
    Amtmann Bjerkegrön führte als Respektsperson den Vorsitz und das Wort an der Tafel. Richter Kongshom sekundierte ihm vom anderen Ende her. Es wurde geschmaust und getrunken. Der Amtmann brachte den Toast auf das junge Paar aus. Der Richter wollte nicht nachstehen und sprach auf künftige Paare, die in dieser Halle noch Hochzeit halten würden. Der nächste Bräutigam müsse Erik sein. Seit Jahrhunderten stünde das Haus Truwor und sei stets vom Vater auf den Sohn vererbt worden. Also…
    Er schloß in nicht mißzuverstehender Weise und leerte sein Glas auf die noch unbekannte Braut.
    Um drei Uhr hatte das Mahl begonnen. Um sechs Uhr saß man noch. Viele Toaste waren ausgebracht, viele Gläser geleert worden. Die Köpfe waren rot, und die Stimmung ging hoch. Allgemeines Stimmengebraus erfüllte den Raum. Mancher sprach, nur um zu reden, und achtete nicht sonderlich mehr darauf, ob er Zuhörer fand oder nicht.
    Erik Truwor hatte in der allgemeinen Lebhaftigkeit unbemerkt seinen Platz verlassen und sich halb rückwärts hinter Atma einen Stuhl hingezogen. Der Inder war ruhig und schweigsam wie gewöhnlich. Während der Richter von künftigen Hochzeiten sprach, ruhte sein Blick auf den altersbraunen Deckenbalken der Halle. Wieder kam ihm in jener Sekunde die unheimliche Gabe des Fernsehens, und er glaubte, verzehrende Flammen um das Gebälk lecken zu sehen.
    »Dein brauner Kumpan ist schweigsam, Erik. Wir wollen ihm zeigen, was eine Hochzeit in Schweden ist. Ein Brautführer darf nicht nüchtern bleiben, wenn er der Braut Ehre machen soll.« Der dicke Vogt rief es lachend und kam dem Inder mit einem vollen Pokal vor. Atma tat Bescheid. Dem Vogt und vielen anderen. Nur war der Trunk, der

Weitere Kostenlose Bücher