Die Macht der Dunkelheit
Andersweltler. »Ich besitze ein paar Raumtransportaktien und bin hierhergekommen, um zu sehen, wie sie angelegt sind. Wir haben euch Eingeborenen allen Luxus technischen Fortschritts gebracht. Ich erwartete Dankbarkeit dafür. Statt dessen wollt ihr uns von eurem Hinterweltlerplaneten verjagen.«
»Verehrter Herr, Sie sehen die Lage richtig.« Der Alte verbeugte sich ironisch. »Wir hatten mehrere Generationen Ihrer Art von Fortschritt. Das reicht den meisten von uns. Und deshalb ist dieser bestehende Sonnentod auch so gefährlich für Sie.«
»Sonnentod?« fragte der Fette. »Was soll das eigentlich?«
»Ein Versagen unserer Sonne. An der Ursache wird noch herumgerätselt. Jedenfalls ereignet es sich etwa einmal in einer Lebenszeit, und das schon, seit die ersten Kolonisten landeten. Es kommt zum Meteorhagel, und fast einen ganzen Tag herrscht absolute Finsternis. Bisher wurde der Stern jedoch immer wieder neugeboren.«
»Eine Sonnenfinsternis!« schnaubte die hagere Exoethnologin. »Habt Ihr denn noch nie etwas von einer Eklipse gehört?«
»Die Lunartheorie ist mir sehr wohl bekannt, meine Dame. Aber Nggongga hat keinen Mond.«
»Haben Sie eine andere Theorie?«
»Nur unsere Priester. Sie sagen, der Stern würde von dem rotäugigen Drachengott Cru Creetha verschlungen, dessen Symbol Sie dort an der Wand sehen.«
»Ah, der Hunger Cru Creethas ist demnach vorherbestimmbar – wie die Bahn eines Mondes, eh?«
»Die Priester wissen jedenfalls im vorhinein, wenn es soweit ist. Cru Creetha handelt angeblich im Zorn. Sein gegenwärtiger Grimm ist auf die Andersweltlerinvasion Nggonggas gerichtet, die daran schuld ist, daß so viele unseres Volkes unsere Tradition vergessen haben. Seine fanatischsten Anhänger predigen, daß die Sonne erst wiederkehren wird, wenn der Schädel eines jeden Fremden auf unserem Planeten auf Cru Creethas Altären liegt.«
»Abergläubischer Unsinn!« brummte der Fette. »Eure Priester sind unwissende Narren – oder vielleicht eher schlaue Gauner, die unwissende Narren hereinlegen.«
»Ich persönlich glaube nicht an Cru Creetha.« Champ zuckte die Schultern. »Aber ich kenne die Gründe für die Wiederauferstehung dieser grausamen Religion. Deshalb habe ich Sie hierhergeführt.« Die gelbe Krücke deutete wieder auf die Wand. »Hier sehen Sie ein Kapitel unserer traurigen Geschichte – in Flammen und Blut geschrieben. Die Tragödie der Nggars. Der erste Nggar war einer jener kühnen Abenteurer, die das Raumtor öffneten und hierblieben, um Nggonggamba zu bauen. Er wurde fett und behäbig vom Schweiß und Blut armer Schwarzer, die für ihn Moschuskräuter in der Wüste schnitten, damit er sein teures Parfüm herstellen konnte. Alle Generationen der Nggars sind diesem einträglichen Geschäft nachgegangen. Obwohl sie einheimische Frauen heirateten, blieben sie doch Andersweltler und benutzten ihr fremdes Wissen, um Nggongga auszuplündern. Deshalb sind sie nicht beliebt.« Mit erstaunlicher Heftigkeit schlug er die Krücke gegen den rußigen Stein. »Deshalb hat Nggee Nggar, das gegenwärtige Familienoberhaupt, sich in seinem festungsähnlichen Haus verkrochen. Deshalb hat er seine schwarzen Bediensteten davongejagt und sich grüne stumme Menschen von einer anderen Welt als Leibwächter geholt. Deshalb hat er seinen Sohn zur Erziehung auf einen fremden Planeten geschickt. Die Nachtclanfanatiker schreien nach seinem Schädel.«
»Euer ganzer stinkender Planet ist krank!« Die Exoethnologin rümpfte ihre sonnenverbrannte Nase. »Ihr seid viel zu primitiv für einen unüberwachten Kontakt mit der Zivilisation. Ihr leidet unter einem technologischen Schock. Ihr braucht die Ärzte des Fortschritts. Die Menschenfreunde!«
»Ich kenne einige von ihnen.« Unbeeindruckt zuckte Champ mit den Schultern. »Manchmal haben sie längere Zeit einen Vertreter hier. Sie brachten übrigens zwei unserer Söhne nach Xyr, um sie dort auszubilden. Sie meinen es sicher gut, aber was können zwei junge Männer gegen hundert Millionen ausrichten? Oder gegen Cru Creetha?« Seine Krücke stach nach dem Bild des rotäugigen Drachengotts. »Einer unserer Kadetten auf Xyr ist Lylik, der Erbe Nggee Nggars. Der andere heißt jetzt Schwarzlicht. Er kämpfte in unserer Arena, ehe er einen Namen hatte. Sie sind tapfere junge Männer. Aber ich fürchte, sie werden feststellen, daß Cru Creetha schwerer zu bezwingen ist als ein ungemolkener Tly.«
Xyr war eine neuentdeckte Wasserwelt, auf deren Inseln der
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