Die Macht der Dunkelheit
dürren südlichen ausgesetzt. Sie leben seit Tausenden von Generationen hier. Ihre Evolution verlief rückwärts, bis sie schließlich nicht viel mehr als wilde Tiere wie die Tlys waren, gejagt und manchmal gezähmt wie sie.«
»Stehen sie denn unter keinerlei Schutz?«
»Die ersten Menschenfreunde setzten eine Klausel in den Allgemeinen Vereinbarungen durch. Die Clans versprachen, die Fastmenschen, einschließlich ihres Fleisches und Leders, von Nggonggamba fernzuhalten. Aber es ist schwer, die Lebensweise einer ganzen Welt zu ändern.«
»Heißt – heißt das ...«, sie starrte auf die heulenden Kreaturen, »daß ihr Fleisch gegessen wurde?«
»Sie wurden immer als Wild betrachtet. Von den Tlys abgesehen, sind sie die einzigen großen Tiere hier. Mit Goldschmieds Exkavatoren dürften beide keine große Zukunft mehr vor sich haben.«
»Wir müssen uns um die Sache kümmern, wenn wir am Leben bleiben.«
»Wenn!« Er blickte nachdenklich auf die Fastmenschen und dann in ihr vom Saft geschwärztes Gesicht. »Was ist nach den Maßstäben der Menschenfreunde humaner – eine Handvoll Fastmenschen, die sich mit den wilden Tlys herumschlagen und von Aas leben, oder eine Milliarde zivilisierter Raummenschen, die ein besseres Leben in Schwarmfahrzeugen aus all dem Metall des Planetenkerns unter uns führen können?«
Das Geheul der Meute erstarb, als Dr. Vogeltöter und seine Klientin von je zwei schnell laufenden Fastmenschen herbeigetragen wurden. Die beiden ersteren schützten flache nggongganische Hüte und dampfende Kühleranzüge vor der Hitze. Der ausgemergelte Körper des Arztes hing schlaff in den Riemen seines Metallgerüsts, als hätte die Verfolgung ihn bereits völlig erschöpft. Aber er lehnte sich aus dem Sattel, um der Frau die Paragaspistole hinüberzureichen. Dann hielt er seine Träger an. Rotblume kam, den Regeln gemäß, allein weiter. Auf seine gezischte Aufforderung hin, stieg sie ab, um zu schießen.
Schwarzlicht sah, daß Schneefeuer sich mit ihm erhob und ihn nur anblickte. Ihr so absolutes Vertrauen in ihn schien ihm plötzlich ironisch. Er wußte, daß die Entfernung zu groß war, aber er legte einen Stein in seine Lanzengrasschleuder und wirbelte sie um den Kopf. Als der Stein schließlich durch die Luft sauste, explodierte etwas zu ihren Füßen. Der säuerliche Geruch des Paragases stieg ihm in die Nase.
Schneefeuer schnappte unwillkürlich nach Luft und sank zu Boden. Schwarzlicht atmete aus und sprang zwei Schritt zurück, wo der kühle Wind der nahenden Dämmerung ihm umschmeichelte. Das harte Salz unter seinen Füßen schien wie ein Schiff zu schaukeln. Er fiel, und eine eisige Starre griff nach ihm. Mit aller Willenskraft bemühte er sich, nicht zu atmen. Mühsam umklammerte seine halberstorbene Hand den Dolchgriff. Als er den Atem nicht länger anhalten konnte, drückte er sein Gesicht in das beißende Salz und atmete das bittere Alkali ein. Er verhielt sich völlig still und lauschte. Kein Laut drang aus dem Übersetzer, der nur auf Schneefeuer und ihn eingestellt war, aber er hörte Rotblumes fremde Sprache. Ihre schrille Stimme war laut vor Triumph und zittrig vom Alter. Er hörte Vogeltöters offenbar zur Vorsicht mahnendes Zischen, das Kläffen der Fastmenschen und schließlich das Knirschen im Sand, als Rotblume ungeduldig heraneilte.
Trotz des scharfen Alkaligeruchs nahm er nun auch ihren künstlichen Parfümduft auf, als ihr Schatten über ihn fiel. Er sah es nicht, aber er wußte, daß sie sich über Schneefeuer beugte, um den schönen Körper zu bewundern, der bald ihr gehören würde. Wieder hörte er das Zischen des Arztes.
Er rollte sich herum und warf das Messer.
Es verfehlte sie.
Durch das Zischen Vogeltöters gewarnt, hatte die Frau sich umgedreht, gerade als er sich bewegte. Er sah, wie sie die leichte Menschenflinte in ihren Händen auf ihn anlegte. Dann plötzlich schwankte die Flinte und fiel zu Boden. Die Frau stürzte neben der Klinge ins Salz. Als er sprang, um ihr die Hände um den dürren Hals zu legen, war sie bereits tot.
Er riß ihr die Menschenflinte aus den nachgebenden Händen und wirbelte zu Dr. Vogeltöter herum. Der Arzt verzog finster das Gesicht. Er griff nach der Paragaspistole, die die Frau benutzt hatte.
Schwarzlicht packte den Übersetzer der Toten und rief: »Wenn Sie die Regeln brechen, sind sie automatisch vogelfrei.«
Der Arzt blinzelte. Er schnalzte mit der Peitsche und trieb seine Fastmenschen an. Ohne einen weiteren Blick
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