Die Macht der ewigen Liebe
umbringen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Was soll ich darauf antworten? Ich kann die Zukunft nicht vorhersagen. Ich weiß nicht, was geschehen wird.«
Er ging ein wenig in die Knie, um mit mir auf Augenhöhe zu sein, dann sah er mich eindringlich an. »Versprich mir, dass du dich niemals meinetwegen opferst. Versprich mir, dass du davonläufst, falls sie mich je gefangen nehmen sollten.«
Nie im Leben .
Nie im Leben würde ich jemanden im Stich lassen, den ich liebte. Meine Mutter war gestorben, weil ich sie mit meinemStiefvater alleingelassen hatte. So etwas sollte nie mehr vorkommen! Ich musste kein einziges Wort sagen. Asher las die Antwort von meinem Gesicht ab. Er richtete sich auf und zog die Mundwinkel enttäuscht nach unten. Immer wieder stritten wir uns über dasselbe Thema. Er war bereit, sich für mich zu opfern, aber er konnte nicht akzeptieren, dass ich genauso dazu bereit war.
»Und was heißt das nun für uns beide?«, fragte ich.
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.«
Später an diesem Abend stand ich unter der Dusche. Heißes Wasser prasselte auf meine Haut und spülte den Sand in den Abfluss. Lucy war nach unserer Rückkehr sofort in ihrem Zimmer verschwunden. Asher hatte sich nicht zu uns gesellt. Als wir uns am Freeway mit Lucy getroffen und Asher bei seinem Pick-up rausgelassen hatten, war Franc von Alcais’ Haus aufgebrochen. Asher hatte gesimst, er würde das Haus meines Großvaters weiter beobachten und am nächsten Morgen anrufen. Ich protestierte nicht, und das sagte mehr über uns, als ich zugeben wollte.
Es war deutlich geworden, dass unsere Beziehung einen schweren Knacks erlitten hatte, vielleicht war sie sogar am Ende. Denn wie konnte man mit jemandem zusammen sein, der Angst davor hatte, dass man ihn berührte?
In meiner Brust machte sich ein Schmerz breit. Asher hatte zugegeben, dass seine Gaben nachließen, aber das war nur eine Seite des Problems. Als ich ihn heute Abend attackierte, hatte ich mich stärker und schneller gefühlt denn je. Die beiden Entwicklungen mussten zusammenhängen, so vom Pech verfolgt, wie wir waren. Ich hätte wetten können, dassdie Energie, die ich ihm raubte, wenn ich ihn »heilte«, meine Fähigkeiten intensivierten.
Ich lehnte mich an die Duschwand und grübelte darüber nach, welche Folgen die Veränderungen in meinem Körper haben würden.
Asher verlor ich bereits.
Was, wenn ich mich auch selbst verlöre?
Früh am nächsten Morgen wachte ich mit dem quälenden Gefühl auf, etwas vergessen zu haben. Ich hatte schlecht geschlafen, und um meine Augen aufzukriegen, wäre eigentlich eine Brechstange nötig gewesen. Ich hatte auf Asher gewartet, der aber erst gegen drei Uhr nachts gekommen war. Gegen die Kälte rieb ich wie eine Grille die Füße aneinander und kuschelte mich ganz tief unter die Bettdecke. Gerade wollte ich wieder wegdösen, als ich mich an Erin erinnerte. Wir hatten uns für neun auf der Fähre verabredet.
Ich schlug die Bettdecke zurück und checkte auf meinem Handy die Uhrzeit. Es war fast acht; die Zeit würde gerade noch reichen, um mich anzuziehen und dann zum Embarcadero aufzubrechen. Erin würde am Ferry Plaza an Bord gehen, was hieß, dass jemand sie hinbrachte. Ich konnte aber nicht riskieren, diesem Menschen in die Arme zu laufen. Da die Fähre auch noch mal am Pier 41 haltmachen würde, bevor sie die Bucht nach Tiburon überquerte, würde ich dort zusteigen und damit das Risiko gering halten.
Mein Problem waren Asher und Lucy – ich hatte nämlich vergessen,ihnen am Abend zuvor von dem Treffen zu erzählen. Ich könnte es zwar jetzt tun, doch würden sie garantiert mit Einwänden daherkommen und das Treffen von allen möglichen Seiten analysieren. Bis wir uns eine Strategie überlegt hätten, wäre die Gelegenheit längst verstrichen.
Eilig schlüpfte ich in Jeans und T-Shirt und ging meine Optionen durch: Ich konnte (a) Asher und Lucy von der Verabredung erzählen und mit der anschließenden Diskussion kostbare Zeit vergeuden, oder (b) ohne die beiden gehen und den Preis dafür später bezahlen. So oder so, ich wollte zu Erin, denn sie konnte uns helfen, meinen Vater zu finden. Dieser Gedanke gab den Ausschlag. Ich ließ eine Nachricht auf dem Tisch zurück, schnappte mir die Autoschlüssel und schlich auf Zehenspitzen an Ashers und Lucys Zimmer vorbei in die Garage.
Eine halbe Stunde später parkte ich den Wagen gegenüber dem Pier 39, einem berühmten Touristenziel. Selbst so früh am
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