Die Macht der ewigen Liebe
Schmerzen aus, als dassich sah, wie er mich hasste, weil ich ihn geschwächt hatte. Für Lottie galt dasselbe.
Es stellte sich heraus, dass es gar nicht so schwierig war, meine Verletzungen zu verbergen, da sowieso alle einen großen Bogen um mich machten. Lottie hielt Abstand, weil sie nicht menschlich werden wollte. Meine Schwester konnte mir kaum ins Gesicht sehen. Und Asher … Zwischen uns hatte sich alles derart verändert, dass ein Teil meiner Seele dabei verloren gegangen war.
Die Schiebetür ging auf, und Asher trat heraus, als hätten meine Gedanken ihn gerufen. Vielleicht war dem auch so, da meine mentale Mauer runtergefahren war. Er trug einen Teller mit Essen, den er neben meiner Liege auf dem Boden abstellte. Er hatte seinen dunklen Anzug gegen Jeans und ein hellblaues T-Shirt gewechselt, das seine Muskeln hervorhob. Er wirkte kräftig, und das Verlangen, sich an ihn zu lehnen, war so verführerisch.
»Du solltest etwas essen«, meinte er besorgt. Ahnte er, wie knapp ich dem Tod entronnen war?
Ich nickte. Ich würde zwar nichts essen, aber ich wollte, dass er ging. Seine Gegenwart und die ständig wachsende Distanz zwischen uns vergrößerten nur meinen Schmerz. Viel mehr ertrug ich nicht. Doch anstatt wieder zu gehen, nahm er auf dem Stuhl mir gegenüber Platz. Ich wand mich unter seinen prüfenden Blicken. Ich wusste genau, wie ich aussah. Selbst in den wenigen Tagen seit Lauras Tod hatten die Verletzungen ihren Tribut gefordert. Ich hatte an Gewicht verloren, das ich eigentlich nicht erübrigen konnte, und meine Augen wirkten eingesunken, sodass ich sie gern hinter meiner Sonnenbrille versteckte.
»Alles okay mit dir?«, fragte er leise. »Du hast seit Tagen kaum ein Wort gesagt.«
»Ich komme zurecht«, sagte ich emotionslos und wechselte das Thema. »Wie geht es Lucy?«
Nach unserer Rückkehr in Lotties Wohnung war sie in Lotties Schlafzimmer verschwunden. Ihr Schluchzen hallte durch die Räume, bis ich mich auf den Balkon zurückgezogen hatte und kaum noch etwas hörte.
»Nicht gut. Sie braucht dich.«
Ich verzog den Mund zu einem humorlosen Lächeln. »Sie hasst mich. Ich bin die Letzte, die sie jetzt braucht.«
»Es war nicht deine Schuld. Und das weiß sie auch.«
Lügen. Bitte lüg mich nicht an, Asher. Es tat weh, wie sehr ich ihm glauben wollte. Mein Brustkorb verengte sich, und ich rieb mir mit der Hand die linke Brust. »Du musst dich nicht um mich kümmern, Asher. Das ist nicht mehr dein Job. Vergessen?«
Bitte geh.
Ich wollte einfach nur allein sein. Dann war es einfacher. Doch entweder hörte Asher meine Gedanken nicht, oder er ignorierte sie.
»Du kannst sie nicht allein trauern lassen.«
Ich schwang die Beine über den Rand der Liege und sah ihn an. »Sie hat doch dich!«
Er schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht du.«
Ich hatte darüber nachgedacht, seit ich die Kapelle verlassen hatte. Lucy brauchte jemanden, aber mich wollte sie nicht. Asher hielt sich nicht gern in meiner Nähe auf, weil ich ihn durch meine Gaben verändert hatte. Wir drei kamen vorerst nicht voneinander los, wenn wir aber observierten, waren wir oft nur zu zweit. Normalerweise bildete ich mit Lucy ein Team, doch wie sollte das jetzt noch funktionieren?
»Sie braucht jemanden, der zu ihr steht. Ich kann das aber nicht mehr sein.« Meine Lippen bebten; ich biss so festdarauf, dass sie zu bluten begannen. »Und Lottie fällt in dieser Hinsicht auch aus.« Ich brachte es nicht über mich, Asher zu fragen, aber er verstand auch so.
»Du möchtest, dass ich ein Auge auf sie habe.«
Es war keine Frage. »Bitte«, flehte ich. »Dann ist sie nicht allein, und du bist mich los. Problem gelöst.«
Er spannte frustriert den Kiefer an. »Rede nicht so. Mir liegt an dir, Remy! Ich weiß, du bist verletzt, auch wenn du es nicht zugibst.«
Einen Augenblick dachte ich, er spräche von meinen körperlichen Verletzungen, aber die Gefühle, die in seinem Gesicht zu lesen waren, passten nicht dazu. Etwas stimmte nicht, aber ich wusste nicht, was es war. Ich rang meine Hände. »Ich sage, was immer du willst. Mache, was immer du willst. Aber bitte kümmere dich um Lucy. Ich möchte nicht, dass sie sich allein fühlt.«
»Aber für dich ist es okay, allein zu sein?«
Ich atmete scharf aus. »Ich bin allein. Du hast mit mir Schluss gemacht, erinnerst du dich?«
Asher wandte den Blick ab; von Gewissensbissen geplagt war er rot angelaufen. Er stützte die Ellbogen auf die Knie und verschränkte die Hände. Er war
Weitere Kostenlose Bücher