Die Macht der ewigen Liebe
der Frau also, die Sam, Helene und Angus Blackwell auf dem Gewissen hatte. Von der Frau, die Asher getötet hatte, als er Lottie verteidigte, und die überhaupt der Grund war, wieso er unsterblich geworden war.
Das Buch fiel auf den Boden, und ich starrte ins Leere. Das kann nicht sein. Das kann einfach nicht wahr sein. Meine Vorfahrin hatte den Krieg zwischen den Heilern und Beschützern ausgelöst! Ich ließ mich auf meinem Sessel zurückfallen, legte den Kopf auf die Knie und machte mich ganz klein. Was hatte das Schicksal nur für einen verdrehten Sinn für Humor! Die Blackwells würden ausflippen! Und das in dem Moment, da wir anfangen, uns einander anzunähern und so gut miteinander auszukommen. Ha! Ich lachte hysterisch auf.
Verdammte Scheiße!
»Mit so einer Art von Willkommensgruß hatte ich jetzt aber nicht gerechnet, Remington!«
Bevor ich mich gerade hinsetzte, zog ich meinen Schutzwall hoch, und Gabriel sah mich mit gerunzelter Stirn an. Anscheinend war er eben erst angekommen, denn er hielt noch seine Reisetasche in der Hand, und sein feuchtes braunes Haar wirkte fast schwarz. Er ließ die Tasche auf den Boden fallen und schüttelte den Kopf, sodass überallhin kleine Wassertropfen spritzten. Ich quietschte auf und schnappte schnell nach dem Buch, damit es nicht nass wurde.
Er starrte es neugierig an. »Wieso liest du denn ausgerechnet das? Das muss das langweiligste Buch in der ganzen Bibliothek sein. Mensch, das habe ich ja schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen.«
»Ich hatte es gerade aus dem Regal gezogen, als es zu einem Riesenstreit mit Lucy kam. Ich wollte es eigentlich gar nicht lesen. Ich bin nur darauf aufmerksam geworden, weil es so alt ist.«
Er machte einen weiteren Schritt in den Raum hinein und knipste das Deckenlicht an. Ich hatte überhaupt nicht gemerkt, dass es dunkel geworden war, aber nun konnte ich sehen, wie das Licht eine ArtHeiligenschein um Gabriels Körper erschuf und dabei seine breiten Schultern und schmalen Hüften hervorhob. Ich fuhr mit der Zunge über meine plötzlich so trockenen Lippen. Meine Gedanken wanderten in eine Richtung, in der sie nichts zu suchen hatten, und ich riss sie zurück.
»Hast du schon mal was von einem Telefon gehört?«, fauchte ich. »Du hättest anrufen können, damit wir wissen, dass du noch lebst!«
Mein Zorn prallte wirkungslos an ihm ab. »Hach, wie ich sehe, geht mein diabolischer Plan auf!«, grinste er.
»Welcher Plan?«, fragte ich und kniff die Augen zusammen.
»Durch die Ferne wächst die Liebe. Fahr dein Liebesgesäusel mal ein bisschen herunter, sonst komme ich noch auf falsche Gedanken und küsse dich!«
Mir klappte der Mund auf. Nur mit Mühe brachte ich meine Kinnlade wieder unter Kontrolle und forderte mit einem fiesen Grinsen: »Na, versuch’s doch. Ich bin gerade so geladen, dass ich dir wahrscheinlich die Zunge abbeißen würde!«
»Ach, das sind doch alles nur leere Versprechungen«, sagte er mit leiser Stimme. Im Geiste ging ich in rasender Eile alle Fluchtmöglichkeiten durch, und Gabriel lachte. »Ich mache doch nur Spaß. Na komm, Lottie und ich haben was fürs Abendessen dabei und außerdem Neuigkeiten im Gepäck. Wir treffen uns alle im Esszimmer.«
Er drehte sich Richtung Tür und wartete auf mich. Ich stand auf und wollte an ihm vorbeimarschieren, als er blitzschnell den Arm um meine Taille legte und mich hinter die Tür zog, wo niemand uns sehen konnte. Ich schnappte nach Luft und blickte empor. Seine grünen Augen waren auf meine Lippen gerichtet, und er senkte den Kopf. Seine Nähe machte mich völlig benommen, und nur durch das Zuschlagen einer fernen Tür kam ich wieder zu mir.
Ich schlug ihm eine Hand auf den Mund. »Denk nicht mal drüber nach!«
»Oh doch, das tue ich«, sagte er gegen meine Finger. Das kitzelte, und ich ließ schleunigst die Hand sinken. »Aber ich werde dich nicht drängen. Sag mir einfach nur, dass du darüber nachgedacht hast, was ich gesagt hatte, und dass du mich wie blöd vermisst hast.«
Ich drückte mich von ihm weg, und er ließ zu, dass ich mich von ihm löste. Zumindest ein ganz klein wenig. Ich seufzte. »Natürlich habe ich das, aber das heißt überhaupt nichts. Ich mache es nicht!«
»Was ›es‹?«
Ich deutete auf ihn und mich. »Das. Es ist zu kompliziert.«
Und ich bin keine Nutte. Zieh dir das rein, innere Großmutter!
»Warum denkst du gerade an roten Lippenstift?«
Diesmal ließ er mich los, als ich ihn schubste. »Verdammt, Gabriel! Raus
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