Die Macht der ewigen Liebe
Verletzungen auf sie übertragen. Sofern sie nichts von meiner Geschwindigkeit wussten, konnte sich das Überraschungselement zu meinen Gunsten auswirken. Andererseits war ich mir ziemlich sicher, dass sie Beschützer waren, und das hieß, sie waren genauso schnell, wenn nicht schneller.
Super. Dann muss ich einfach nur auf eine Chance warten zu fliehen.
Im Geiste sah ich Gabriels Gesicht vor mir, und ich wusste, dass beide, Asher und Gabriel, recht gehabt hatten, was meine Gefühle anging. Gabriel würde alles tun, um mich zu retten, er würde sogar sein Leben für meines aufs Spiel setzen. All das würde er für ein Mädchen tun, das ihn noch nie geküsst hatte und das auch nicht mutig genug war, sein Glück mit ihm zu versuchen. Mit einem Mal bedauerte ich das maßlos. Es hatte nie so ausgesehen, als würde ich lange zu leben haben, und nun schien es, als sei es verkehrt gewesen, die Dinge auf die lange Bank zu schieben. Wenn ich hier lebend wieder rauskam, würde ich Gabriel küssen und alles daransetzen herauszufinden, was wir zusammen haben könnten. Ich hoffte, Asher würde mir verzeihen.
Die Autobremsen quietschten, als wir unseren Bestimmungsort erreicht hatten, und ich knallte unsanft gegen die Kofferraumwand. Ich glaubte zu hören, wie sich ein automatisches Tor öffnete, dann fuhr der Wagen wieder an. Wenigerals eine Minute später erstarb der Motor, Autotüren öffneten sich und wurden wieder zugeschlagen. Als der Kofferraum aufgemacht wurde und strahlendes Sonnenlicht hineinfiel, musste ich blinzeln. Einer der Männer – war ich dem nicht schon mal begegnet? – zog mir grunzend wieder die Haube übers Gesicht, ehe ich mich richtig umschauen konnte.
Sanfte Hände hoben mich aus dem Kofferraum, ohne dass meine Versuche, mich zu wehren, etwas bewirkt hätten. Starke Arme trugen mich, und ich gab den Kampf zunächst einmal auf. Stattdessen konzentrierte ich mich darauf, mir zu merken, wie oft der Mann auf seinem Weg um eine Ecke bog. In Kinofilmen funktionierte das vielleicht, mir wurde jedoch schwindlig dabei.
»Wohin bringen Sie mich?«, fragte ich.
Stille.
Ich seufzte. »Könnten Sie mir nicht wenigstens die Haube runternehmen? Ich kriege keine Luft!«
»Wenn du reden kannst, dann kannst du auch atmen«, erwiderte der Mann, der mich trug. Mit den weichen Vokalen und dem beschwingten Rhythmus klang sein Akzent irisch.
Mit Genugtuung bemerkte ich, dass ich ihn dazu gebracht hatte zu antworten. »Sie können also sprechen!«
Wieder grunzte er und veränderte seinen Griff. Wir mussten am Ziel sein, denn er schmiss mich auf einen harten Stuhl und ging auf Abstand. Ich senkte meine mentale Mauer ein wenig und versuchte zu erspüren, wie viele Personen sich im Raum aufhielten. Ehe ich meinen Schutzwall wieder hochfuhr, meinte ich, mindestens drei Beschützer ausgemacht zu haben.
»Das tut aber ganz schön weh, Mädchen«, sagte eine Stimme mit starkem irischem Akzent.
Also doch. Es waren Beschützer, denn nur sie spürtendie durch das Summen meiner Fähigkeiten entstandenen Schmerzen. Jemand riss mir die Haube vom Kopf, und ich entdeckte, dass ich am Kopfende eines langen Tischs saß, an dem locker zwanzig Personen Platz gehabt hätten. Der Tisch gehörte zu einem prachtvollen Esszimmer, dessen Wände mit Stoff ausgekleidet und dessen Deckenleisten kunstvoll verziert waren. Mit der Anrichte, die ich entdeckte, hätte man vermutlich meine Collegeausbildung bezahlen können. Neben mir am Kopfende saß der Mann aus den Muir Woods, den ich »Bonds Billigkopie« getauft hatte.
»Was ist mit Ihrem Akzent passiert?«, fragte ich ihn. Zuvor hatte er englisch geklungen.
Er lächelte, gab aber keine Antwort. Stattdessen deutete er auf die Schüssel vor mir. Sie enthielt einen reichhaltigen Fleischeintopf. »Hast du Hunger?«
»Nein danke. Die Kunst, ohne Hände zu essen, beherrsche ich noch nicht.«
Ich hob meine Arme, um ihm zu zeigen, dass sie mir hinter dem Rücken noch immer zusammengebunden waren. Er gab einem der Männer im Raum ein Signal, und einen Augenblick später waren meine Hände frei. Ich rieb mir die Armgelenke, um den Blutfluss wieder in Gang zu bringen, und seufzte erleichtert auf, als die Schmerzen in meinen Schultern nachließen.
»Ich erinnere mich an Sie«, erklärte ich dem Mann, der mir die Fesseln aufgeschnitten hatte. Es war derselbe, der mich ins Haus getragen hatte. Ich bedachte ihn mit einem grimmigen Blick. »Sie haben meinem Freund den Arm gebrochen!«
In den Muir
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