Die Macht Der Könige
zu können.
Und sie hatte Verlangen nach ihm - so sehr, daß es schmerzte.
Das Ungeheuer war wieder da. Stilcho sah die roten Augen im Halbdunkel glühen, ein Lächeln auf dem selbstgefälligen Gesicht, das von innen wie ein ausgehöhlter Kürbis beleuchtet war, und rotes Licht schien aus den Nasenlöchern, dem offenen Mund und brannte wie Höllenfeuer hinter den Augen.
Es grinste, und der Schrecken darüber riß ihn mit einem so gellenden Schrei aus dem Schlaf, daß er ihn noch in den Ohren nachklingen hörte, als er sich schweißüberströmt aufsetzte und sich schämte. Er erwartete, daß Moria ihn in die Arme nahm, um ihn zu beruhigen, und daß sie ihn küßte.
»Ruhe!« brüllte jemand irgendwo im Haus. »Ruhe, verdammt!«
Er lehnte sich an die Wand, blinzelte und fröstelte in der Zugluft, die über seine Haut strich, und seine Augen suchten verwirrt und noch vom Krrf benommen nach Moria.
Sie war nicht da.
Bestimmt war sie auf den Markt gegangen.
Aber sie hatten kein Geld mehr. Sie waren völlig abgebrannt, abgesehen von...
Abgesehen...
»Ihr Götter!«
Er rutschte aus dem Bett. Er hastete zu der Ecke, um sich zu überzeugen.
Es war nicht da. Das Gold war weg. Genau wie Moria.
Und er wußte, wo sie war.
Gorthis' Geschäft war um diese Stunde noch geschlossen, aber er war bereits am Arbeiten, das wußte Moria, die seine Gewohnheiten kannte. Der Laden befand sich im Erdgeschoß seines Hauses, und Gorthis, der übervorsichtig war, ließ seine Wertsachen über Nacht nie unten im Laden. Er packte alles zusammen und brachte es in den ersten Stock, wo zwei abgerichtete Hunde Wache hielten.
Trotz der Tatsache, daß in Freistatt kein Dieb einen Hehler bestehlen würde, auf dessen Wohlwollen er schließlich angewiesen war, waren solche Vorsichtsmaßnahmen nötig, weil es ja stets verärgerte Kunden geben mochte.
Oder Konkurrenten.
Moria zog an der Kette der Türklingel in Form der lächelnden Shipri - passender wäre Shalpa, der Gott der Diebe, dachte sie. Die Glocke bimmelte im Haus, und sie wartete. Den Wäschekorb hatte sie auf die Eingangsstufe gestellt und sie selbst hatte vor dem Regen Schutz in der Eingangsnische gesucht.
Das kleine Guckloch öffnete sich. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und lehnte sich ein wenig zurück.
Da erinnerte sie sich plötzlich, daß sie nicht mehr die dunkelhaarige Diebin Moria, die Ilsigerin Moria war.
Vor Gorthis Haustür stand eine schöne Fremde, die blonden Locken zwar unter einem schäbigen Tuch verborgen, die hellen Brauen jedoch gut zu sehen, genau wie die blauen Augen und ihre Gesichtshaut, die heller war, als die irgendeiner Ilsigerin sein konnte.
»Gorthis«, bat sie, »laßt mich ein.«
Das Guckloch blieb viel länger offen, als sie es von früher gewöhnt war. Sie spürte die Verblüffung hinter der Tür.
»Wer seid Ihr? Was wollt Ihr?«
»Gorthis, ich bin es, Moria. Moria. Ich habe einen Magier bestochen...«
Das stimmte nicht, aber es kam der Wahrheit nahe und war durch ein Guckloch einfacher zu erklären.
Das Guckloch wurde geschlossen und die Tür von einem fetten, hünenhaften Mann geöffnet, der eher wie ein Waffenschmied aussah, denn wie ein Goldschmied. Sein Kopf war kahl, wenn man von den zwei Haarbüscheln absah, die über den Ohren emporragten. Der Mann füllte die ganze Tür aus. Seine ilsigisch dunklen Augen wirkten besorgt.
»Moria?«
»Maskerade«, sagte sie und drückte ihren Wäschekorb an sich, der von Block zu Block schwerer geworden war. »Mach schon, Gorthis. Um der Götter willen - ich bin's. Moria. Mor-ams Schwester.«
Er zögerte noch kurz, dann trat er vom Eingang zur Seite, hielt die Tür für sie und ihren Korb auf und ließ sie in das dämmrige Innere mit den Verkaufstischen, den vergitterten Türen und vergitterten Abteilungen: Selbst in diesem Stadtviertel und in dieser Zeit mußte ein Goldschmied sich vorsehen, und Gorthis hielt viel von Selbstschutz. Immer schon.
»Bei Shalpas Arsch!« hauchte Moria und blickte, während sie den Korb abstellte, offenen Mundes auf dieses Gewirr von vergitterten Abtrennungen. »Da tät' nicht mal die rankanische Armee durchkommen!«
»Weder die rankanische Armee, noch die Vobfs, noch irgendein verdammtes Plündererpack bricht in mein Haus ein, niemand, Mädchen, hörst du? Ich bin ein ehrbarer Geschäftsmann, schon seit die ganzen Unruhen angefangen haben. Ich tue nichts Verbotenes mehr, also geh woanders hin, und nimm wieder mit, was du da mitgebracht hast.«
»Es ist
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