Die Macht der Medusa
Augenblick schien er über dem Rumpf in der Luft zu stehen, und ich entdeckte auch das Gefühl des Schreckens auf dem Gesicht der Medusa, dann kippte er zur Seite hinweg und klatschte hinein in den Teich.
Ich hatte sehr weit ausholen müssen und mir auch den entsprechenden Schwung gegeben. Es gelang mir leider nicht, ihn auszugleichen. Durch die andere Kraft verlor ich mein Gleichgewicht und landete ebenfalls im Teich...
***
Auf einmal war es dunkel. Fast stockfinster. Ich dachte an die verdammten Schlangen und hoffte, daß sie mich nicht angriffen, weil ich in diesem Moment relativ hilflos war.
Mit meinen Füßen suchte ich den Grund, fand ihn auch, konnte auf den Zehenspitzen stehen. Den Spiegel hatte ich verloren. Er tauchte auch nicht mehr auf.
Dafür wurde ein anderer Gegenstand an die Oberfläche gespült. Es war der Kopf der Medusa.
Die Schlangen gab es noch. Nur bewegten sie sich nicht mehr. Sie hingen wie schlaffe Schläuche vom Schädel herab nach unten, und das Gesicht selbst sah auch nicht mehr so aus wie ich es kannte. Die Haut war dabei, zu verwesen. Sie ging über in einen Zustand, den schon der Körper erhalten hatte.
Ich hielt das Schwert noch fest. Unter Wasser bewegte sich es schräg in die Höhe, spießte den verdammten Medusenkopf mit der Klinge auf, die tief bis hin zur rechten Augenhöhle eingedrungen war.
Danach bewegte ich den Arm kreisförmig und schleuderte den Schädel von der Schwertklinge weg.
Vor mir schaukelten tote Schlangen auf dem Wasser. Durch Medusas Ende existieren auch sie nicht mehr, und ihr Torso war längst in die Tiefe gesunken, aus der er bestimmt nicht mehr wieder hervorsteigen würde.
Ich drehte mich, um den Teich zu verlassen.
Gebückt, grinsend und mit ausgestreckter Hand stand Suko vor mir. »Darf ich Ihnen helfen, Sir?«
»Ja, Mister, Sie dürfen...«
***
Naß und zufrieden. So konnte man unseren Zustand beschreiben. In dieser verdammten Gewitterhölle waren wir die Sieger geblieben, und auch Jane konnte wieder lächeln. Der Ausdruck verschwand allerdings, als sie mich fragte: »Willst du die beiden Frauen sehen?«
»Ja.«
Es war wieder heller geworden. Das erinnerte uns daran, daß der Abend noch nicht angebrochen war und wir Tag hatten.
Sogar die Sonne zeigte sich wieder. Durch die Wärme des Himmelskörpers würde die Feuchtigkeit verdampfen, die Welt zuvor jedoch unter einem Nebelschleier begraben.
Zwei junge Frauen hatten es nicht geschafft. Sie lagen starr auf der Erde, und beide waren letztendlich zu Stein geworden. Da hatte sich die Magie der Medusa gegen sie gerichtet. Zählten wir die anderen beiden hinzu, dann hatte dieser Fall vier Menschenleben gekostet. Diese Tatsache bedrückte uns alle.
Wir fanden auch noch den Kopf der Medusa. Er lag friedlich im Gras. Meine Schwertklinge hatte ihn aufgeschlitzt. Er war ein vermodertes Stück Schädel, feucht, halb zersplittert, mit Hautresten, die von der Stirn herabhingen. Es gab weder Haare noch Schlangen. Letztere waren zerstoben wie von den letzten Resten des Unwetters erfaßt.
»Und wo ist der Spiegel?« fragte mich Jane.
»Im Teich.«
»Ach wie schön.«
»Soll ich tauchen?«
Sie schaute mich von oben bis unten an. »Diese Entscheidung überlasse ich Lady Sarah, denn ihr hat der Spiegel gehört.«
»Zerbrochen ist er nicht, soviel ich weiß.«
»Wenigstens etwas«, sagte Jane. »Sonst hätten wir auch sieben Jahre Pech gehabt...«
ENDE
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