Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2
Ein höhnisches Grinsen macht sich auf seinem Gesicht breit. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Adelina in ihr Kleid fasst und etwas herausholt, aber ich kann nicht sagen, was es ist. Sie steht neben mir und sieht zum hinteren Teil der Kirche. Dann schiebt sie mich mit einer sanften, vorsichtigen Bewegung hinter sich. »Ich kann weder die verlorene Zeit gutmachen noch die Dinge, die ich falsch gemacht habe«, sagt sie. »Aber ich werde es auf jeden Fall versuchen. Lass dich nicht von ihnen fangen.«
In diesem Moment kommt der Mogadori über den Mittelgangauf uns zugestürzt. Er ist viel größer, als er aus der Entfernung wirkte, und zückt ein langes Schwert, das in einer fluoreszierenden grünen Farbe aufleuchtet.
»Lauf so weit weg von hier, wie du kannst«, sagt Adelina, ohne sich umzudrehen. »Hab Mut, Marina.«
***
Sechs legt den Xitharis auf den Getränkehalter am Armaturenbrett und steigt aus dem Wagen. »Ich muss mich beeilen«, sagt sie, dann schließt sie die Tür.
Nachdem Sam und ich den Parkplatz mitsamt der anderen Autos und herumlaufenden Leute sorgfältig beobachtet haben, steigen auch wir aus dem Wagen.
Ich laufe vorn um das Auto herum und beobachte, wie sich Sechs und Sam umarmen.
»Tret ihnen da drüben ordentlich in den Arsch«, sagt er.
Als sie sich wieder loslassen, sagt Sechs: »Sam, danke, dass du uns geholfen hast, obwohl du es gar nicht hättest tun müssen. Danke für deine fantastischen Fähigkeiten.«
»Du bist fantastisch«, erwidert er flüsternd. »Danke, dass ich bei euch sein durfte.«
Zu meiner und Sams Überraschung beugt sich Sechs vor und küsst ihn auf die Wange. Sie lächeln sich an. Doch sobald Sam mich über die Schulter von Sechs hinweg ansieht, wird er rot, öffnet die Tür und klettert zurück ins Auto.
Ich will nicht, dass sie geht. So sehr es mich auch schmerzt – ich muss damit rechnen, sie vielleicht nie wiederzusehen.
Sie sieht mich mit einer Zärtlichkeit an, die ich so noch nie bei ihr erlebt habe. »Ich hab dich sehr gern, John. Während der letzten Wochen habe ich versucht mir einzureden, dass es nicht so ist … besonders wegen Sarah und weil ich weiß, wasfür ein Idiot du manchmal sein kannst … aber es stimmt. Ich mag dich.«
Ihre Worte hauen mich fast um. Ich zögere, doch dann sage ich: »Ich mag dich auch.«
»Liebst du Sarah immer noch?«, fragt sie.
Ich nicke. Sie verdient es, dass ich die Wahrheit sage. »Ich liebe sie, aber alles ist sehr verwirrend. Möglicherweise hat sie mich verraten. Und möglicherweise will sie mich auch nie wieder sehen, weil ich ihr gesagt habe, dass du hübsch bist. Aber Henri hat einmal gesagt, dass sich die Loriener nur einmal im Leben verlieben. Und das würde bedeuten, dass ich Sarah für immer lieben werde.«
Sechs schüttelt den Kopf. »Bitte nimm mir nicht übel, was ich jetzt sage, okay? Aber Katarina hat so etwas nie erwähnt. Im Gegenteil, sie hat von mehreren Liebesverhältnissen gesprochen, die sie im Laufe der Jahre auf Lorien hatte. Henri war ganz sicher ein großartiger Mann und hat dich zweifellos sehr geliebt, aber es klingt, als wäre er sehr romantisch gewesen und hätte dich gern in seinen Fußstapfen gesehen. Falls er diese eine wahre Liebe hatte, dann wollte er so etwas eben auch für dich.«
Schweigend höre ich mir ihre Theorie an und schiebe gleichzeitig Henris beiseite.
Sie sieht mir an, dass ich ihre Worte verdauen muss. »Ich will damit sagen, dass es oftmals für das ganze Leben sein mag, wenn sich die Loriener verlieben. Offenbar war es so für Henri. Aber es ist nicht immer so.«
Mit diesem letzten Satz machen wir einen Schritt aufeinander zu.
Dieser Kuss, der uns am Ende unseres Spaziergangs in Florida versagt blieb, verbindet uns jetzt mit einer Leidenschaft, von der ich glaubte, dass ich sie nur für Sarah allein aufgespart hätte.Ich will nicht, dass der Kuss jemals endet, aber Sam stellt den Motor an und wir trennen uns.
»Sam mag dich auch, weißt du«, sage ich.
»Und ich mag Sam.« Sie versetzt mir einen Stoß an die Schulter. »Du magst mich
und
Sarah. Ich mag dich
und
Sam. Gewöhn dich dran.«
Dann macht sie sich unsichtbar, aber ich kann ihre Anwesenheit noch immer spüren.
»Sei bitte vorsichtig da drüben, Sechs. Ich wünschte, wir könnten alle zusammen bleiben.«
Ihre Stimme kommt aus dem Nichts. »Ich auch, John. Aber wer immer da in Spanien ist, braucht Hilfe. Kannst du das nicht spüren?«
Als ich mit »Ja« antworte, weiß ich, dass sie schon gegangen
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