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Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Titel: Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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einmal frische Luft zu atmen. Kurz gesagt eine Möglichkeit, sich unserem Alter entsprechend zu verhalten. Ich habe sogar schon ein paar der Schwestern lachen und scherzen hören, als sie sich unbeobachtet glaubten.
    Mitten im See gibt es ein Schwimmdeck. Ich bin eine furchtbar schlechte Schwimmerin und viele Sommer saß ich einfach nur am Ufer und beobachtete, wie die anderen lachten, herumalberten und Kopfsprünge vom Deck in das Wasser machten. Ich übte einige Sommer lang allein in flachem Wasser, und alsich dreizehn war, hatte ich mir schließlich ein alles andere als perfektes, hundeartiges Paddeln antrainiert, das meinen Kopf über Wasser hielt. Mit diesem Schwimmstil erreichte ich das Deck. Das war alles, was ich wollte.
    Einmal auf dem Deck angekommen besteht das Spiel darin, sich gegenseitig hinunterzuschubsen. Erst bilden sich Mannschaften, aber wenn von ihnen schließlich nur noch ein Mädchen übrig ist, sind alle auf sich selbst gestellt. Da La Gorda das kräftigste und größte Mädchen in Santa Teresa ist, hatte ich immer angenommen, dass sie spielend den Sieg davontragen würde. Allerdings ist das nur selten der Fall. Häufig wird sie von kleineren und beweglicheren Mädchen ausgetrickst und ich glaube, niemand hat so oft gewonnen wie Bonita.
    Ich wollte dieses Spiel –
La Reina del Muelle
oder Königin des Decks – gar nicht spielen. Ich war zufrieden, am Rand zu sitzen und die Füße ins Wasser baumeln zu lassen.
    Aber Bonita stieß mich kräftig von hinten an und schickte mich kopfüber in den See. »Spiel mit oder schwimm zurück zum Strand!«, rief sie und warf ihr Haar über die Schulter.
    Ich kletterte wieder hoch und stürzte direkt auf sie zu. So fest es ging drückte ich sie beiseite, bis sie rückwärts in den See fiel.
    Ich hörte La Gorda nicht und plötzlich waren da zwei kräftige Hände, die mir in den Rücken stießen. Ich rutschte auf dem feuchten Holz aus. Mein Kopf und meine Schulter knallten gegen den Rand des Schwimmdecks und plötzlich sah ich Sterne. Für ein paar Sekunden war ich ohnmächtig. Als ich meine Augen wieder öffnete, war ich unter Wasser. Nichts als Dunkelheit umgab mich. Instinktiv kämpfte ich mich nach oben und ruderte mit den Armen, um die Wasseroberfläche zu erreichen. Aber mein Kopf stieß gegen die Unterseite des Decks. Mir wurde plötzlich klar, dass es zwischen dem Wasser und den hölzernenPlanken nur ein paar Zentimeter Platz gab. Ich versuchte, meinen Kopf nach hinten zu legen, um Mund und Nase über die Wasseroberfläche zu bekommen, doch sofort lief mir das Wasser in die Nase. Meine Lungen brannten, ich wurde völlig panisch. Ich versuchte, mich seitwärts zu bewegen, aber es gab keinen Platz. Ich war zwischen den Plastikfässern unter dem Dock eingeklemmt. Das Wasser geriet in meine Lungen, während mir der Gedanke durch den Kopf schoss, wie absurd es wäre, durch Ertrinken zu sterben. Ich dachte an die anderen und sah förmlich vor mir, wie sich die Narben in ihre Knöchel brannten. Würden sie glauben, dass Nummer Drei getötet worden war oder würden sie irgendwie verstehen, dass es sich um mich handelte? Ich überlegte, ob anhand der Narbenform wohl erkennbar wäre, ob ich durch die Mogadori getötet worden oder durch meine eigene Dummheit gestorben war. Meine Augen schlossen sich langsam, ich sank hinunter. Gerade als ich die letzten Luftblasen über meine Lippen dringen spürte, klappten meine Augen wieder auf und eine seltsame Ruhe überkam mich. Meine Lungen brannten nicht länger.
    Ich atmete.
    Das Wasser kitzelte in meinen Lungen und erfüllte gleichwohl den verzweifelten Wunsch nach Sauerstoff. In diesem Augenblick entdeckte ich mein zweites Erbe: die Fähigkeit, unter Wasser atmen zu können. Und ich hatte es nur deshalb entdeckt, weil ich an der Schwelle zum Tod gestanden hatte.
    Die Mädchen suchten nach mir, doch so schnell wollte ich nicht gefunden werden. Ich ließ mich auf den Grund des Bergsees herab, bis sich die Welt um mich herum immer mehr verdunkelte und meine Füße schließlich den kühlen Schlamm in der Tiefe berührten. Nachdem sich meine Augen daran gewöhnt hatten, konnte ich durch das schmutzigbraune Wasser hindurchsehen. Zehn Minuten vergingen. Dann zwanzig.Schließlich verließen die Mädchen das Deck, vermutlich weil die Glocke sie zum Mittagessen rief. Ich wartete, bis ich sicher war, dass alle verschwunden waren. Dann lief ich über den Grund des Sees auf das Ufer zu, wobei meine Füße immer tiefer in den

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