Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky
war, »wenn ihr beide bitte zuhören würdet. Ich komme jetzt zu den lebenswichtigen Sicherheitsmaßnahmen.«
»Alles okay mit dir?«, flüsterte Tina. »Du bist ein bisschen grün um die Nase.«
»Das sind nur ... die Nerven.«
»Du wirst das gut hinkriegen, mach dir keine Sorgen.«
Danach versuchte ich, mich auf Mr Benedict zu konzentrieren, aber nur wenige seiner Worte nisteten sich in meinem Hirn ein.
Er beendete seinen kleinen Vortrag mit der Ermahnung, jederzeit seine Anweisungen zu befolgen. »Ein paar von euch sagten, sie würden sich fürs Kajaken interessieren. Wer ist das?«
Neil vom Cheerleadersquad meldete sich.
»Meine Söhne sind gerade draußen auf der Strecke. Ich werde ihnen sagen, dass du eine Stunde nehmen willst.«
Mr Benedict zeigte flussaufwärts zu einer Stelle, an der ich ein Spalier gestreifter Stangen über dem Wasser hängen sah. Drei rote Kajaks rasten die Stromschnellen hinunter. Es war nicht erkennbar, wer sich in welchem Boot befand, aber alle Fahrer waren offenbar sehr geübt und bewegten sich in beinahe balletthaft anmutenden Bewegungen durchs Wasser, mit Pirouetten und Wendungen, bei denen mir das Herz stockte. Einer aus dem Trio schoss nach vorne. Er schien den anderen gegenüber einen Tick im Vorteil zu sein, erspürte den nächsten Wasserstrudel, die nächste Turbulenz Sekundenbruchteile früher als die anderen. Er sauste unter der rot-weißen Zielmarkierung hindurch, riss die Faust mit dem Paddel in die Luft und sah dabei lachend zu seinen Brüdern, die hinter ihm zurücklagen.
Es war Zed. Natürlich.
Gebannt schauten wir zu, wie die anderen Boote ins Ziel kamen. Zed hatte bereits das Ufer erreicht und wollte gerade aus dem Kajak klettern, als seine Brüder zu ihm stießen. Nach einem derben verbalen Schlagabtausch, in dem ein paar Mal lautstark das Wort »unfair« fiel, gab der größte der Jungen Zed einen kräftigen Schubs und stieß ihn ins Wasser. Zed tauchte unter -aber es war ruhiges Stauwasser und so verschwand er nur für einen kurzen Moment unter der Oberfläche. Er schnappte sich das Bein seines Bruders und zog daran. So widerstandslos, wie der Junge ins Wasser fiel, vermutete ich, dass er mit diesem Angriff gerechnet hatte. Yves stand inzwischen am Ufer, wo er von seinen Brüdern von Kopf bis Fuß nass gespritzt wurde, bevor er sie der Reihe nach aus dem Wasser zog. Dann ließen sich alle lachend und nach Luft ringend zu Boden fallen. Es war sonderbar, Zed so gelöst zu sehen; irgendwie erwartete ich von ihm nichts anderes als eine finstere Miene.
»Meine jüngeren Söhne«, sagte Mr Benedict achselzuckend.
Als hätten sie einen Pfiff jenseits unseres Hörvermögens wahrgenommen, blickten die Benedict-Jungs hoch.
»Mach das Raft bereit, Dad. Ich geh mich nur schnell umziehen und bin gleich wieder da«, rief der älteste von ihnen. »Zed übernimmt den Kajaker.«
»Das ist Xav«, sagte Tina. »Er hat dieses Jahr seinen Abschluss gemacht.«
»Ist er wie Zed oder wie Yves?«
»Wie meinst du das?«
Wir trotteten hinter den anderen her in Richtung Anlegesteg.
»Freund oder Feind. Ich glaube, Zed hat mich auf dem Kieker.«
Tina runzelte die Stirn. »Zed hat eine Menge Leute auf dem Kieker, aber normalerweise keine Mädchen. Was hat er denn gemacht?«
»Er ... das ist schwer zu erklären. Wenn er mich bemerkt - was nicht oft passiert -, scheint er regelrecht genervt zu sein. Tina, denkst du, das liegt an mir? Hab ich irgendwas falsch gemacht? Liegt’s vielleicht daran, dass ich noch nicht so richtig geblickt habe, wie alles hier läuft?«
»Na ja, es kursiert dieses üble Gerücht, dass du lieber Tee als Kaffee trinkst.«
»Tina, ich mein’s ernst.«
Sie legte mir eine Hand auf den Unterarm. »Nein, Sky, mit dir ist alles in Ordnung. Wenn er ein Problem mit dir hat, dann ist es genau das: sein Problem. Nicht deins. Ich würde mir darüber nicht den Kopf zerbrechen. Zed führt sich schon seit ein paar Wochen ziemlich merkwürdig auf - irgendwie ist er in allem extremer geworden, wütender, arroganter, das ist uns allen schon aufgefallen.«
Wir unterbrachen unser Gespräch, um Mr Benedicts Anweisungen mitzubekommen, wo jeder sich hinsetzen sollte. »Der Fluss führt seit den Regenfällen der letzten Tage viel Wasser. Der Kleinste und Leichteste muss in der Mitte sitzen, damit wir nicht umkippen.«
»Damit bist wohl du gemeint, Sky-Baby«, sagte Nelson und schubste mich sanft nach vorne.
»Einer meiner Söhne setzt sich mit dem Paddel nach vorne,
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