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Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky

Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky

Titel: Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joss Stirling
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eine Weile unschlüssig davor stehen und überlegte, ob sich ein näherer Blick lohnte, war letzten Endes dann aber doch zu schüchtern. Das gleiche Spiel wiederholte sich beim angrenzenden Spa-Bad und beim Nagelstudio. Ich fragte mich, ob sich Tina ihre Fingernägel bei NAGELNEU hatte machen lassen. Meine waren total abgeknabbert.
    Ich schlenderte die Hauptstraße hinauf in Richtung Park und freute mich über die von leuchtenden Herbstblüten überquellenden Blumenbeete; weiter ging’s am Ententeich vorbei, der im Winter als Eislauffläche diente, bis die Gartenbepflanzung in eine Baumschule mit verschiedenen Hölzern und Sträuchern überging. Ein paar Leute, die im Sonnenschein spazieren gingen, grüßten mich im Vorübergehen, aber die meiste Zeit war ich für mich allein. Ich wünschte, ich hätte einen Hund dabei, um weniger aufzufallen. Vielleicht sollte ich Simon und Sally den Vorschlag machen, einen anzuschaffen. Einen herrenlosen Hund, der ein Zuhause brauchte, weil jemand ihn ausgesetzt hatte - das gefiel mir. Der Haken an der Sache war: Wir wollten eigentlich nur ein Jahr hierbleiben, und das wäre einem Haustier gegenüber etwas unfair.
    Ich stapfte einen Pfad hinauf, der mich laut der Übersichtskarte am Parkeingang zu einem Aussichtspunkt mit dem verheißungsvollen Namen ›Geisterstadt‹ führen sollte. Meine Beinmuskeln brannten, als ich endlich an einem Felsplateau anlangte, von dem aus sich ein fantastischer Ausblick über Wrickenridge und den Rest des Tals eröffnete. Der Name hielt, was er versprach: Hier stand eine Reihe verlassener Holzhütten; die Szenerie erinnerte mich an eine Filmkulisse nach Beendigung der Dreharbeiten. Ich las die Inschrift auf der in die Erde eingelassenen Tafel:
    Goldrausch-Stadt, errichtet 1873, als der erste Nugget im Eyrie River gefunden wurde. Verlassen 1877. Beim Einsturz des Eagle-Schachtes 1876 starben sieben Minenarbeiter.
    In nur vier Jahren hatten die Goldschürfer eine richtige kleine Siedlung erschaffen mit Pensionen, Saloons, Geschäften und Stallungen. Die meisten der dunklen Holzhütten hatten ihre Dächer eingebüßt, aber einige waren noch immer mit Blechplatten abgedeckt, die mit jeder Windböe gespenstisch quietschten. Rostige Ketten baumelten über die Kante des Steilhangs hinweg, schaukelten oberhalb der goldenen Wildblumen, die wie zum Hohn für die verlorenen Träume der Pioniere auf dem Felssims wucherten. Das hier würde eine tolle Kulisse für einen Geisterfilm abgeben - »Die Rache der Goldschürfer« oder so was in der Art. Ich konnte bereits das Leitmotiv hören, untermalt mit dem einsamen Klirren der Ketten und dem dumpfen Heulen des Windes, der durch die verlassenen Gebäude fegte.
    Aber es war ein trauriger Ort. Mich bedrückte der Gedanke an die Goldsucher, die irgendwo hier am Berghang begraben lagen, zerquetscht unter tonnenschwerem Felsgestein. Nachdem ich ein bisschen in den Hütten herumgestöbert hatte, setzte ich mich im Schneidersitz auf eine Bank und wünschte, ich hätte vor meinem Aufstieg daran gedacht, eine Dose Cola und einen Schokoriegel zu kaufen. Colorado war so riesig - alles besaß Größenordnungen, die für jemanden aus England höchst gewöhnungsbedürftig waren. Nebel stieg von den Hängen auf und trennte die sonnenbeschienenen Gipfel vom dunkelgrün bestandenen Bergsockel ab, wie wenn man mit einem Radiergummi ein Bild tilgt. Ich heftete meinen Blick auf einen gelben Laster, der in Richtung Osten die Hauptstraße entlangfuhr. Die Schatten der Wolken glitten über die Felder, wogten über Scheunen und Dächer hinweg, verdunkelten kurz einen Teich, der, als sie weiterzogen, wieder ein blankes Auge wurde, das gen Himmel starrte. Der Himmel wölbte sich über die Gipfel, ein blasses Blau an diesem diesigen Morgen. Ich versuchte, mir die Menschen vorzustellen, die hier oben gelebt hatten, ihre Gesichter dem Berg und nicht der Sonne zugewandt, auf der Suche nach einem Schimmer von Gold. Waren ein paar von ihnen hiergeblieben und nach Wrickenridge gezogen? Stammten einige meiner Mitschüler etwa noch von den Glückssuchern ab, die der Goldrausch einst hierher verschlagen hatte?
    Hinter mir knackte ein Zweig. Mit hämmerndem Herzen, den Kopf noch voll von Gespenstern, wirbelte ich herum und sah Zed Benedict an der Stelle, wo der Weg zwischen den Bäumen hervorkam. Er sah müde aus, mit dunklen Ringen unter den Augen, die letzte Woche noch nicht da gewesen waren. Sein Haar war wirr, so als hätte er ständig darin

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