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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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auch Charmaine verstehen, dass dies der einzige Weg ist, um mit der Vergangenheit abzuschließen.«
    Nachdenklich sah Frederic seinen Sohn an. Dann nickte er. »Nun gut, dann machen wir es eben auf deine Weise.«
    »Wir?«
    »Ich fahre mit dir.«
    »Das kommt nicht infrage.«
    »Dann haben wir ein Problem. Das Schiff segelt nicht ohne mich.« Er befahl, seine Koffer unter Deck zu bringen.
    Verärgert wandte John sich ab. Wie gewöhnlich behielt sein Vater die Oberhand. Egal. Nach ihrer Ankunft in Richmond würde er ihn schon abschütteln und sich allein auf die Suche machen.
    »Setzen Sie Segel, Jonah.« Dann wandte sich Frederic an Paul, der unten auf dem Kai stand. »Sag Charmaine, dass ich ihn gesund nach Hause zurückbringe.«
    Während Paul nickte, legte die Raven ein zweites Mal ab.
    Yvette und Jeannette wechselten bedeutungsvolle Blicke, als Charmaine mit verschränkten Armen und tränennassem Gesicht auf der Veranda auf und ab lief.
    »Johnny kommt schon gesund zurück, Mademoiselle«, sagte Jeannette zuversichtlich, um Charmaine zu trösten.
    »Aber nur, wenn er die verrückte Idee aufgibt!«, stieß sie hervor.
    »Er muss Dr. Blackford unbedingt finden«, erklärte Yvette hitzig. »Ich hoffe, dass John ihn umbringt, so wie Blackford Mama und Pierre umgebracht hat!«
    Charmaine verschlug es den Atem. »Was, wenn Dr. Blackford ihn zuerst umbringt …?«
    Das hatten die Mädchen nicht bedacht. Zuvor hatte Yvette sogar Charmaines Liebe zu Pierre und ihrer Mutter in Zweifel gezogen. »Warum wäre sie sonst so wütend auf John?« Doch nun schämte sie sich und war sehr besorgt.
    Jeannette dagegen strahlte vor Zuversicht. »Keine Sorge, Mademoiselle, Papa passt bestimmt auf John auf.«
    Sie erkannten Alabaster schon von Weitem. Paul galoppierte direkt auf das Haus zu und sprang kurz vor der Veranda vom Pferd. Auf Charmaines fragenden Blick hin schüttelte er noch auf den Stufen den Kopf. »Sie sind fort … beide.«
    Sie drehte ihm den Rücken zu, damit er ihr Gesicht nicht sah. Sie schwankte zwischen Wut und tiefer Sorge.
    Paul wollte sie beruhigen. »Alles wird gut, Charmaine. Vater hat versprochen, ihn gesund nach Hause zu bringen.« Als sie trotzig schwieg, fuhr er fort: »Für John ist diese Sache äußerst wichtig. Bestimmt …«
    »Nein, Paul«, sagte sie, ohne sich umzudrehen, »Sie hatten recht. John wird mich nie so lieben, wie er Colette geliebt hat. Deshalb ist er fort … und ich hasse ihn dafür!«
    Paul bemerkte, dass die Zwillinge einander fragende Blicke zuwarfen. »Dies ist weder die Zeit noch der Ort, um darüber zu sprechen, Charmaine«, erklärte er energisch. »Sobald John wieder da ist, werden Sie anders darüber denken.«
    Sie fing an zu weinen. »Er kommt nie mehr zurück! Das fühle ich. Ich fühle es einfach!«
    Wortlos legte Paul die Arme um Charmaine und drehte sie zu sich herum. Dann hielt er sie einfach nur fest, bis sie sich wieder beruhigt hatte. »Solch trübe Gedanken sind in Ihrem Zustand gar nicht gut. Kommt, Mädchen, wir wollen Charmaine ein wenig aufheitern.« Mit diesen Worten führte er sie ins Haus.
    Montag, 27. August 1838
    Der Ozean war so glatt und blau, dass Frederic ihn nicht vom Himmel unterscheiden konnte. Es war die Farbe von Colettes Augen. Wie hatte er nur zulassen können, dass seiner wunderschönen Frau so etwas angetan wurde? Und dem süßen unschuldigen Pierre? Mit schmerzvollem Herzen und lähmendem Schuldbewusstsein sah er zu John hinüber. Genau wie gestern stand er auch heute reglos am Bug und starrte nach vorn, als ob er das Schiff durch seine Blicke vorantreiben könnte. Frederic holte tief Luft und ging dann zu seinem Sohn an die Reling hinüber. Viele Minuten lang standen sie stumm nebeneinander.
    »Woran denkst du?«, fragte Frederic schließlich.
    John biss die Zähne zusammen. Er wollte mit diesem Mann nicht reden. Der kameradschaftliche Umgang der letzten Monate war nur eine Farce gewesen, die ihnen die Augen für den gegenseitigen Hass verschlossen hatte. Aber deswegen war der Hass nicht fort, sondern eher stärker geworden.
    »John?«
    John löste seinen Blick vom Horizont und sah seinen Vater mit verzerrtem Grinsen an. »Woran ich denke? Willst du das wirklich wissen? Ich denke zum Beispiel an meine feine Tante und meinen sogenannten Onkel, und ich denke daran, dass sie Colette fast ein ganzes Jahr lang vergiftet haben. Ich denke an Colettes Mann, der sie dem Sohn gestohlen und dann so sehr geliebt hat, dass sie in eine Affäre flüchtete, und

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