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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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der sie dann ein Leben lang für diese Untreue bestraft hat … und nicht einen einzigen Augenblick lang misstrauisch wurde.« Voller Abscheu schüttelte er den Kopf. »Selbst deine eigene Tochter hat gespürt, dass etwas Schreckliches vor sich ging.«
    Frederics überraschte Miene vergrößerte nur Johns Abscheu. »Ja, so war es! Yvette hat mir erzählt, dass ihre Mutter sich nach den Besuchen ihres fürsorglichen Arztes jedes Mal schlechter gefühlt hat. Sie hat Auntie und Blackford sogar verfolgt und ausgeforscht! Aber ihr Vater … mein Vater … nein, der war nie misstrauisch, hat nie etwas vermutet! Oder hast du etwas vermutet? War das vielleicht deine Strafe? Hast du Colette einfach dem Henker überantwortet?«
    Er schrie so laut, dass sogar die Matrosen aufmerksam wurden und so taten, als ob sie nicht zuhörten.
    »Denkst du wirklich, dass es so war?«, fragte Frederic bekümmert.
    »Ich denke es nicht … ich weiß es!«
    »Um Himmels willen, John, ich hatte doch keine Ahnung …«
    »Halt einfach den Mund, Vater! Deine Untaten hören nie auf! Ich klage Agatha und Blackford an, das stimmt, aber dich noch weit mehr!«
    Frederics Schmerz wurde so unerträglich, dass er förmlich explodierte. Als John sich abwenden wollte, packte er ihn am Kragen und stieß ihn an die Reling zurück. John schnappte nach Luft, aber er wehrte sich nicht. »Eines will ich endgültig klarstellen: Colette war meine Frau! Du kannst mir vorwerfen, dass ich nicht genau hingesehen habe, aber du warst ebenfalls blind! Wo waren denn deine Augen, als Pierre entführt wurde? Da hattest du nur Augen für dein verdammtes Pferd!«
    John ballte die Fäuste. »Dafür sollte ich dich umbringen!«
    Frederic trat einen Schritt nach vorn, bis sein Gesicht nur eine Handbreit von dem seines Sohnes entfernt war. »Ich habe dein grenzenloses Selbstmitleid, deinen bösartigen Spott und deine Wutanfälle endgültig satt!«
    Ein teuflisches Lachen war die Antwort. »Wutanfälle? Spott? Selbstmitleid? Dieses Buch hast du selbst geschrieben, Vater. Nur deshalb hat Colette dich nicht verlassen.«
    »Das würdest du gern glauben, nicht wahr? Wenn Colette dich wirklich geliebt hätte, hätte sie keinen Blick mehr an mich verschwendet, als du sie mitnehmen wolltest.«
    »Verdammt sollst du sein! Fahr zur Hölle!«
    John holte aus, doch Frederic packte seine Handgelenke und verhinderte den Schlag. John hielt dagegen, und so stolperten sie quer über das Deck und krachten mit solcher Gewalt gegen die Ankerwinde, dass die Zahnräder knirschten.
    »Genug!«, schrie Jonah Wilkinson und drängte sich zwischen die Kontrahenten. Seine Matrosen verstanden das als Signal und zerrten die Streithähne auseinander. »Sind Sie völlig verrückt geworden? Sparen Sie sich Ihre Energie lieber für die Suche nach dem Mörder!« Er blieb zwischen den beiden stehen, damit sie einander nicht sofort wieder an die Gurgel gingen. »Was ist denn in Sie gefahren?«, beschimpfte er Frederic. »John ist doch Ihr Sohn! Und Sie …« Mit zerfurchtem Gesicht sah er John an. »Ich bitte mir etwas mehr Respekt aus! Dieser Mann ist schließlich Ihr Vater.«
    »Meinen Respekt bekommt er nie wieder!« Vater und Sohn starrten einander nur wortlos an, und dabei blieb es bis zum Abend.
    John kochte vor Wut. Die Worte seines Vaters kehrten sein Innerstes nach außen. Wenn Colette dich wirklich geliebt hätte, hätte sie keinen Blick mehr an mich verschwendet … Er packte einen Stuhl und donnerte ihn so heftig gegen die Wand, dass die Einzelteile durch die Gegend flogen. Nachdem die erste Wut verraucht war, überdachte er die Vorwürfe: Spott, Wutanfälle, Selbstmitleid … Er sank auf sein Bett und barg den Kopf in den Händen. Verdammt soll er sein! Er darf nicht das letzte Wort haben!
    Als er seine Kabine verließ, war der Himmel zwar dunkel, aber die Decks badeten im Mondlicht. Er konnte nicht schlafen und hoffte auf eine kühle Brise, um sein erhitztes Gemüt abzukühlen. Ein Teil der Mannschaft hockte auf dem Achterdeck und loste aus, wer als Nächster unter dem Sternenhimmel Wache schieben musste. Ihre leise Unterhaltung und das gleichförmige Rauschen des Ozeans verbreiteten eine friedvolle Stimmung, wie er sie seit Tagen nicht mehr erlebt hatte. Er lehnte sich an die Reling und starrte auf die Wellenkämme hinunter, die im Mondlicht immer wieder glitzernd in sich zusammenfielen.
    Überrascht sah John auf, als sich Kapitän Wilkinson zu ihm gesellte. Aus Respekt vor dem Mann versuchte er ein

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