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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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Lächeln.
    Es dauerte ganze zehn Minuten, bis Jonah schließlich das Wort ergriff. »Warum hassen Sie ihn?«
    »Das wissen Sie sehr gut, Jonah.« John drehte sich um und lehnte sich gegen die Reling. »Manche Dinge ändern sich nie.«
    »Aber Sie haben inzwischen eine Frau, und ein Kind ist unterwegs. Womöglich ein Sohn. Wäre es da nicht an der Zeit, die Vergangenheit zu begraben?«
    »Wenn das nur so einfach wäre!« John verschränkte die Arme. »Sie kennen die Geschichte von Beginn an und haben auch gehört, was in den letzten beiden Tagen geschehen ist. Die alte Wunde wurde wieder geöffnet. Niemand hat sie versorgt, und jetzt eitert sie und wartet auf den Tod.«
    »Dazu haben Sie beide alles Denkbare getan«, bemerkte Jonah. »Können Sie denn nicht einsehen, dass Ihr Vater diese Frau geliebt, ja, tief und innig geliebt hat und Colette seine Gefühle erwiderte?«
    John hob den Kopf. »Warum will mir das nur jeder einreden? Sie hat ihn nicht geliebt! Niemals!«
    »Ich habe genau das Gegenteil beobachtet«, widersprach ihm der Kapitän. »Als ich nach der Hochzeit nach Charmantes kam, habe ich die beiden häufig in der Stadt und auch im Herrenhaus zusammen gesehen. Frederic hat mich manches Mal zum Dinner eingeladen. Colette war hinreißend, und es gab nicht den geringsten Zweifel, dass sie in ihn verliebt war. Ihr Vater hat sie angebetet, als ob sie eine Prinzessin sei … Wie ein junger Mann!«
    Johns Miene konnte Jonah nicht täuschen. Er kannte den jungen Mann, seit er alt genug war, um über die Gangway an Bord der Raven zu klettern, und es war ihm sehr wichtig, dass er endlich der Wahrheit ins Gesicht sah. Seine Vorurteile nagten an ihm und würden ihn früher oder später auffressen, wenn er sie nicht aufgab. »Ich weiß, dass Sie Colette geliebt haben, John. Und vielleicht hat sie Sie auch geliebt. Aber dieselben Gefühle empfand sie auch für Ihren Vater.«
    »Wenn sie ihn wirklich geliebt hat, wie Sie sagen, warum hat sie sich dann mir zugewandt?«
    »Das weiß ich nicht. Aber warum stellen Sie diese Frage nicht Ihrem Vater? Hören Sie ihm zu und beherzigen Sie vor allem seine Antwort. Ihr Vater ist ein guter Mann, John, und es wäre jammerschade, wenn Sie die Welt verlassen müssten, ohne das je erfahren zu haben.«
    Dienstag, 28. August 1838
    Paul fluchte leise, als er die letzte Schublade herauszog und auf den Boden des kleinen Häuschens warf. George trat gegen einen Stuhl und rieb seine Hände sauber. »Das war’s. Offenbar hat er wirklich alles gespendet, wie er behauptet hat.«
    Paul schüttelte den Kopf und rieb seinen Nacken. »Das bezweifle ich. Yvette hat gesehen, dass Agatha ihm Schmuck übergeben hat. Den konnte er nicht so leicht zu Geld machen. Jedenfalls nicht hier auf Charmantes.«
    George seufzte. »Aber es ist nichts da!«
    »Ich traue dem Mann nicht über den Weg, George. Ich will ihn aus dem Gefängnis an einen geheimen Ort bringen lassen, wo er ganz allein ist und nicht die geringste Möglichkeit zur Flucht hat.«
    »Was wird dein Vater mit ihm machen?«
    »Keine Ahnung. Ich will, dass Benito lebt und es ihm gut geht, wenn Vater und John zurückkommen.«
    Er ging zum Fenster und starrte in den Wald hinaus. »Ich kann nicht nach Espoir zurück«, murmelte er. »Sonst erwürge ich sie.«
    George legte dem Freund die Hand auf die Schulter. »Du kannst nichts dafür, Paul. Nichts von alledem ist deine Schuld.«
    Mit Tränen in den Augen nickte Paul. »Ich weiß das, aber ich bin so empört … Ich fühle mich so …«
    »Wir sind alle empört und fühlen uns schrecklich hilflos«, sagte George. »Aber gib uns ein wenig Zeit. Wir werden uns schon wieder erholen. Auch du. Und was Agatha angeht, so ist sie bei Jane Faraday unter guter Aufsicht. Wenn es dir recht ist, fahre ich auch gern ab und zu nach Espoir hinüber.«
    Paul wandte sich zu ihm um. »Du bist ein wirklich guter Freund, George. Ich bin froh, dass ich dich hier habe.«
    John sah schon von Weitem, dass Frederic an der Reling lehnte und auf den Ozean blickte. Er hielt die Luft an und machte sich auf eine neue Auseinandersetzung gefasst. Er traute Jonah Wilkinsons Worten nicht. Immerhin hatte sein Vater Colette vergewaltigt. Wie konnte sie einen solchen Mann geliebt haben?
    »Na gut, Vater, Colette hat mich also nicht geliebt?«
    Frederic wandte sich um und verschränkte die Arme. »Ich hätte das nicht sagen sollen.«
    Die Antwort gefiel John nicht. »Soll das heißen, dass du unrecht hattest?«
    »Nein, aber ich hätte es

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