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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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verdreht. Du würdest eine andere Frau finden. Ich ignorierte deine Gefühle.« Er schloss die Augen. »Ich habe ihr das alles gesagt und ihr außerdem zu bedenken gegeben, dass sie vielleicht schon ein Kind erwartete. Mein Kind. Als sie einsah, dass sie als entehrte Braut nicht wieder zu dir zurückkehren konnte, hat sie meinen Antrag angenommen.«
    Frederic sah John an und fragte sich, wie er seine Worte aufgenommen hatte. Diese Geschichte zu erzählen war sicher ebenso schwer, wie sie anzuhören. »Ich hatte nichts geplant, John. Es ist einfach passiert.«
    »Ich will nichts mehr davon hören!«, zischte John.
    Frederic ergriff seinen Arm, bevor er sich abwenden konnte. »Beantworte mir nur eine Frage, John: Wenn ich willens bin, deine Gefühle für Colette anzuerkennen und deine Affäre mit ihr zu vergessen, warum kannst du dann nicht akzeptieren, dass ich sie ebenfalls geliebt habe?«
    John riss sich los. »Ich brauche deine Vergebung nicht! Ich habe keinen Fehler gemacht. Ich habe mir nur genommen, was mir zuerst gehört hat.«
    Frederic wiegte den Kopf, weil John das unmöglich glauben konnte. »Ich hätte sie freigeben sollen«, murmelte er. »Fünf Jahre lang habe ich mir einzureden versucht, dass ich sie nicht liebte. Es wäre leichter gewesen, sie gehen zu lassen.«
    »Und warum hast du es nicht getan?«
    »Weil ich sie geliebt habe«, sagte Frederic schlicht. »Ich hätte nicht ertragen, wenn sie aus meinem Leben verschwunden wäre. Sie bei mir zu haben, selbst wenn sie mich nicht liebte, war besser, als sie nie mehr zu sehen.«
    »Du gibst also zu, dass sie dich nicht geliebt hat?«
    »Das dachte ich«, korrigierte Frederic. »Im ersten Jahr unserer Ehe waren wir glücklich … Ich war glücklich wie seit Jahren nicht mehr und schöpfte neuen Lebensmut. Ich dachte, sie sei ebenfalls glücklich. Sie hat es zwar nie gesagt, aber ich spürte in meinem Herzen, dass ihre Liebe gewachsen war.
    Dann wurde sie schwanger, und wir waren überglücklich. Bis zu der Nacht, als die Zwillinge zur Welt kamen. Es war eine schlimme Nacht, und die Wehen waren lang und schmerzhaft. Ich blieb die ganze Zeit über an Colettes Seite und hatte immer nur Angst, sie zu verlieren … wie damals in der Nacht, als du geboren wurdest. Irgendwann entfaltete das Laudanum seine Wirkung, und sie war nicht mehr ganz bei Sinnen. Sie rief wieder und wieder deinen Namen und ließ keinen Zweifel daran, wem ihre Liebe in Wahrheit gehörte.«
    Er ließ den Kopf sinken. Die Erinnerung war einfach zu schmerzhaft. Und John dachte an den Streit in derselben Nacht, der Colettes Wehen ausgelöst und womöglich ihren Verstand getrübt hatte.
    »Ich habe zu Gott gefleht, sie mir zu lassen, John. Ich schwor, sie nie wieder anzurühren, wenn sie nur am Leben bliebe. Als sie sich erholte, hielt ich mich von ihr fern. Zu Anfang konnte ich meinen Schwur halten, doch je mehr Zeit verging, desto inständiger hoffte ich, dass sie sich mir zuwenden würde. Als es nicht dazu kam, schloss ich, dass sie mich nie geliebt hatte.
    Ich stürzte mich in die Arbeit. Zuerst auf Charmantes und dann auf Espoir. Als du nach Charmantes zurückkamst, wurde die Lage noch schwieriger. Ich mache dir keine Vorwürfe, John, und Colette auch nicht. Die mache ich mir nur selbst. Aber damals wollte ich allen anderen die Schuld geben, nur mir nicht.
    Nach dem Schlaganfall flehte ich zu Gott, dass er mich zu sich zu nehmen solle, damit ihr miteinander glücklich werden könntet. Aber Gott hat mich nicht erhört.
    Die Jahre vergingen, und dann war Colette plötzlich schwer krank. Ich hatte Angst, sie zu verlieren, und ich verfluchte mich wegen der Pein, die ich ihr zugefügt hatte, und wegen der Zeit, die ich vergeudet hatte. Ich öffnete ihr mein Herz, sagte ihr, dass ich sie immer geliebt hätte, und bat sie um Vergebung. Und sie sagte, dass sie mir schon vor Jahren vergeben habe, dass sie mich liebte … aber angenommen habe, dass ich ihr den Fehltritt nie verziehen hätte und sie deshalb nicht mehr begehrte. Guter Gott, wie konnte sie nur denken, dass ich sie nicht mehr wollte?«
    Seine Augen schimmerten feucht, und seine Stimme klang heiser. »In dieser Nacht starb sie in meinen Armen, John. Als ich morgens aufwachte, war sie tot. Sie starb in meinen Armen …«
    Frederic rannen die Tränen über die Wangen, und John wandte sich mit brennenden Augen ab und ließ ihn stehen.
    Mittwoch, 29. August 1838
    Keine vier Tage später legte die Raven in Richmond an. John schulterte seinen

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