Die Macht der verlorenen Zeit: Roman
Mühe hatte, ihrem Tempo zu folgen. Zwei Tänze später wischte er sich den Schweiß von der Stirn und reichte Rose an ihren Sohn weiter.
Charmaine fühlte sich elend und konnte kaum erwarten, dass die Stunde mit den Zwillingen vorüber war und sie sich endlich in ihr Zimmer zurückziehen und in den Schlaf weinen konnte.
Frederic war sehr erleichtert, als der Walzer endlich zu Ende ging. Er hatte seine Belastbarkeit sowohl in körperlicher als auch in seelischer Hinsicht getestet. Doch nun, da er Agatha den Matronen überlassen konnte, erlosch sein bemühtes Lächeln.
Er ging zu einigen Männern hinüber, die in einer Saalecke heftig diskutierten. »… Nein, Percival, die ersten Fahrten überlasse ich gern Ihnen. Riskieren Sie nur getrost Ihre Waren und Ihr Geld.«
»Wenn Paul erst auf dem Markt Fuß gefasst hat, gibt es im nächsten Jahr womöglich keine Spielräume mehr.«
»Dieses Risiko gehe ich ein. Es gibt immer irgendwelche Schiffe.«
»Das schon, aber zu welchem Preis? Die Frachtraten der Duvoisins sind viel zu günstig, um sie auszuschlagen.«
Das zustimmende Gemurmel legte sich jedoch schnell, als der Erste seinen Standpunkt verteidigte. »Für einen Vertrag über fünf Jahre habe ich zu viele Gerüchte über einen Zwist zwischen Frederic und John gehört. Angeblich sprechen sie nicht miteinander.«
»Umso besser für Paul … und seine Kunden. Vermutlich wird er eines Tages auch die Flotte seines Vaters übernehmen.«
Der andere brummte. »Und bis dahin herrscht Chaos, oder wie soll ich das verstehen?«
»Ich habe die drei im Lauf dieser Woche sehr genau beobachtet. Ich bin wahrlich kein Freund von John, aber ich habe kein einziges Wort gehört, das mir Sorgen bereitet.«
»Ein Wort? Das nicht. Aber was ist mit unterschwelligen Strömungen? Selbst Paul wirkt sehr verschlossen. Vergangenes Jahr in Richecourts Büro war er sehr viel zugänglicher. Ich vermute, dass er verärgert ist, weil sein Bruder hier ist. Wenn Sie mich fragen, so machen uns alle drei etwas vor.«
»Wann hätte denn John jemals jemandem etwas vorgemacht, Matthew? Ihm ist es doch gleichgültig …«
»Wenn es um Geld geht und wenn er sein Vermögen in Sicherheit bringen will, ist ihm nichts gleichgültig. Dazu stellt er sein Vermögen viel zu gern zur Schau. Allein das Schild über der Zufahrt zu seiner Plantage … Es hat sicher eine Menge gekostet …«
»Verzeihen Sie, Gentlemen«, mischte sich Frederic ein, woraufhin alle verstummten. »Erlauben Sie, dass ich auf einige Ihrer Bedenken antworte.« Er sah den Wortführer an. »Ich kann Ihre Fragen verstehen, Matthew, denn ich würde mir dieselben stellen, wenn ich internationale Frachtverträge abschließen müsste. John und ich waren oft gegensätzlicher Meinung, das ist wahr, aber diese Differenzen haben niemals die Geschäfte der Duvoisins beeinträchtigt. Ich respektiere Johns Meinung ebenso, wie ich Pauls Urteil achte. Während der letzten zehn Jahre, in denen John die Interessen der Familie in Virginia vertreten hat, hat sich mein Vermögen verdreifacht.« Er legte eine Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen. »Dennoch steht John in dieser Woche nicht im Mittelpunkt, sondern Paul. Es geht um seine Flotte und seine Schiffsrouten. Alles, was Sie hier gesehen haben, wurde allein von ihm aufgebaut. Ich habe lediglich die Investitionen abgesichert. Weder John noch ich haben hier etwas zu sagen. Wir geben höchstens Ratschläge, wenn wir gefragt werden. Es ist meine größte Sorge, dass Paul das auch tut. Das sollte auch Ihre Sorge sein, Matthew … Dieser Teil unseres Geschäfts ist neu für ihn. Bisher hat John das allein erledigt. Und lukrativer als ich … nicht zuletzt für Agenten und Händler, die mit ihm geschäftlich verbunden sind. Aus diesem Grund ist er in dieser Woche hier … um seine Erfahrungen weiterzugeben.«
»Ich wollte Sie keineswegs kränken, Frederic.«
»Das habe ich auch nicht so verstanden. Ihre exakte Prüfung von Verträgen und Bedingungen verrät einen gesunden Geschäftssinn.« Er schüttelte den Gentlemen der Reihe nach die Hand. »Wenn Sie noch weitere Fragen ansprechen wollen, so kommen Sie getrost zu mir. Aus diesem Grund haben wir Sie alle eingeladen.«
Anne London war außer sich. Ihre Zofe tanzte in den Armen ihres Verehrers … und das in ihrem Kleid, das ein Vermögen gekostet hatte! Ihr Schneider hatte es für sie entworfen, und morgen wollte sie es zur Messe tragen und ihren heutigen Erfolg noch übertreffen. Dieser Plan war
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