Die Macht der verlorenen Zeit: Roman
Eingangsgebet.
Von Schmerz überwältigt, schloss Charmaine die Augen. Es war jetzt genau ein Jahr her! Wie hatte sie das nur vergessen können? John drückte ihre Hand. Verstohlen sah sie zu ihm auf, doch als er lächelte, wurde ihr Herz leichter. Trotzdem konnte sie sich kaum auf die Messe konzentrieren, weil sie immerfort an das Glück der vergangenen Nacht denken musste. Als sie merkte, dass John sie ansah, errötete sie.
Während der Segnung überlegte sie, ob sie zum Abendmahl gehen sollte, doch als es so weit war, zog John sie einfach mit sich nach vorn. Sie konnte nicht protestieren, ohne dass jedermann aufmerksam geworden wäre. Also kniete sie neben John nieder. Mit großer Geste legte Father Benito John als Erstem die Hostie auf die Zunge. Nachdem auch Charmaine die Hostie empfangen hatte, standen sie auf und kehrten mit gesenktem Kopf zu ihrer Bank zurück. Dort kniete Charmaine noch einmal nieder und betete zu Gott, dass er ihre neue Familie segnete. Besonders ihren Mann. Verzeih, dass ich dein kostbares Geschenk in Sünde angenommen habe, aber ich liebe ihn so sehr .
Als sie John später fragte, warum er darauf bestanden hatte, dass sie zum Abendmahl gingen, lächelte er spöttisch. »Es gibt eine Menge schwere Sünden, my charm , aber die Liebe gehört nicht dazu.«
Am Ende der Zeremonie ergriff Father Benito noch einmal das Wort. »Eine gesegnete Heimkehr allen Gästen, die uns heute verlassen. Doch bevor Sie gehen, möchte John noch einige Worte sagen.«
Zur Überraschung aller erhob sich John und ging nach vorn. »Guten Morgen«, begrüßte er die Versammlung. »Da ihr alle hier versammelt seid, möchte ich die Gelegenheit nutzen und euch meine Frau vorstellen … die Frau, die ich liebe … Charmaine Duvoisin.«
Charmaines Herz vollführte einen Satz, als sie zum ersten Mal ihren neuen Namen hörte.
Johns Blicke ruhten auf den Zwillingen. »Wir wurden heute Morgen getraut, und wir möchten unser Glück mit euch allen teilen.«
Er machte Charmaine ein Zeichen, und trotz anfänglicher Schüchternheit erhob sie sich schließlich voller Stolz. Dann trat er zu ihr und ergriff ihren Arm. Irgendjemand klatschte Beifall, und die Zwillinge fielen begeistert ein.
»Oh, Jonny! Oh, Mademoiselle! Ist das wahr? Ist das wirklich wahr?«
»Ja, Jeannie, es ist wirklich wahr.«
Auf dem Weg nach draußen wurden sie immer wieder aufgehalten. Die Gäste traten einer nach dem anderen vor, um ihre Glückwünsche auszusprechen. Dann war die Reihe an der Familie. Rose drohte John mit dem Finger, aber dann schloss sie ihn herzlich in die Arme. Als George seine Großmutter aus der Kirche führte, versetzte er John einen herzhaften Schlag auf den Rücken. Mercedes fiel Charmaine um den Hals. Pauls Blick dagegen war so finster, dass es Charmaine schauderte. Er musste es ja früher oder später erfahren, warum also nicht gleich? Er sagte nichts, sondern starrte seinen Bruder nur unverwandt an, und John starrte ebenso unerschrocken zurück. Agatha gratulierte ihnen herzlich.
Frederic verließ als Letzter die Kapelle. Zu Charmaines Erstaunen ergriff John die ausgestreckte Hand seines Vaters. »Meinen Glückwunsch, John«, sagte er ergriffen. »Mögest du glücklich werden.«
»Ich habe die feste Absicht«, erwiderte John ohne jede Schärfe in der Stimme.
»Und Sie, Mrs Duvoisin, möchte ich ausdrücklich in der Familie willkommen heißen. Ich hoffe, Sie wissen, worauf Sie sich einlassen.«
»Ich denke schon«, sagte Charmaine bescheiden, während Frederic sich zu ihr vorbeugte, sie in die Arme nahm und seine Lippen ihre Wange streiften.
»Wie wäre es jetzt mit einem guten Frühstück?« Er gab den Weg frei und ließ John und Charmaine den Vortritt.
Die Zwillinge schlossen sich ihrem Vater an. »Ist das nicht wunderbar, Papa? Mademoiselle Charmaine gehört jetzt zur Familie! Haben wir dir nicht gesagt, dass alles gut wird, wenn du Johnny einlädst? Und wir haben recht behalten.«
»Das kann ich nur bestätigen«, sagte Frederic. »Kommt jetzt, ich sterbe vor Hunger! Mal sehen, was Fatima uns Gutes aufgetischt hat.«
Cookies Glückwunsch gefiel Charmaine am besten. »Ich wäre nur glücklicher, wenn Sie mich gewählt hätten, Master John!«, rief sie und konnte kaum die Tränen zurückhalten.
John umarmte Fatima überschwänglich.
»Sie sollten mich nicht küssen, Master John. Sehen Sie nur, was Sie angerichtet haben … Sie haben mich zum Weinen gebracht! Hinaus mit Ihnen … heben Sie Ihre Küsse für Miss
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