Die Macht des Amuletts
an.»Ist das die Frau, die Mick getroffen hat?« »Nein.« Entschieden schüttelte er den Kopf. »Sie ist anders.« »Aber wenn das stimmt, was du sagst, könnte sie wie jede andere aussehen.«
»Es kann nicht sein. Ich würde es wissen.« Er drängte sich an ihr vorbei und ging weiter. »Vielleicht weißt du es«, sagte sie. Er drehte sich zu ihr um und schwieg. Nach einer halben Stunde kamen sie an einem schmalen Pfad vorbei, der zu Toms Häuschen führte. Jetzt wusste Katie, wo sie sein mussten, obwohl sie diese Ecke des Guts nicht kannte. Es war still hier unter den Bäumen bis auf leise Musikklänge, die ihnen entgegenwehten, sie kamen wohl vom Jahrmarktfeld. Alex schien sie kaum zu hören, er war in alte Erinnerungen versunken.
Dann traten sie in eine dunkle Lichtung, die nach etwas Totem stank. Katie drückte angeekelt die Hand auf den Mund. »Oh Gott, schau dir das an.«
Das Fuchsfell war gespannt und an eine große Eiche genagelt worden. Darüber hingen andere gräuliche Dinge, die einmal Vögel, Elstern oder Krähen gewesen sein mochten, jetzt aber verfaulte Klumpen von Knorpel und Federn waren, von Hunderten schwarzer Fliegen umschwärmt, die in einer zischenden Wolke aufflogen.
Sofort schaute Alex zurück, als wüsste er, dass sie in eine Falle geraten waren. Der Pfad war verschwunden. Alle Bäume schienen sich zusammenzudrängen. Es war düster hier. Zarte weiße Gewächse sprossen aus dem schwammigen Boden, als würde darunter Faulendes vermodern.
Katie schaute sich um. »Ich hätte nicht gedacht, dass Tom so etwas macht.«»Nicht Tom.« Der Harfenist war angespannt, als würde ein alter Albtraum sich seiner wieder bemächtigen. Sie ging weiter und sah hinter ihm eine Öffnung. Es war ein schwarzer Krater zwischen aufgerichteten Steinen; zuerst hielt sie ihn für eine Höhle oder das Tor zu irgendeiner Unterwelt. Die Öffnung war riesig; sie erinnerte Katie an den dampfenden Höllenschlund auf einem alten Gemälde. Dann erkannte sie in der Finsternis den Umriss eines langen Hügels, der zurück in den Wald führte und aus dessen hässlichen Buckeln Bäume wuchsen. Die Steine, von grünem Moos überwachsen, standen schief wie große Zähne, die alten Spiralen darauf waren so verwittert, dass man sie kaum erkennen konnte. »Es ist ein langes Hügelgrab.«
»Ein hohler Hügel.« Alex schaute in die Runde, er schauderte vor Angst. »Katie, wir müssen weg von hier ...« »Es ist ein bisschen gruselig, das gebe ich zu. Mick hat mir nie gesagt, dass es das hier gibt.« Er schwieg. Sie sagte: »Alex?«
Als er antwortete, redete er nicht mit ihr. Er wandte sich an den hohen Stein links, der mit Efeu maskiert war, und seine Stimme klang so verzweifelt, dass ein kaltes Grauen Katie überlief.
»Tu mir das nicht an«, sagte er. »Lass mich das nicht wieder hören.«
ZEHN
>Oh, wo bist du gewesen, meine ewige Liebe, In sieben langen Jahren und mehr?< >Oh, ich suche jetzt meine einstigen Schwüre, Sie gelten schon lange nicht mehr.<
Ü BERLIEFERT
DieFrau kam aus den Schatten. Alex sah, dass sie den Zweighielt: Von seinen winzigen Silberglocken tropften die Klänge . Trotz des Talismans um seinen Hals spürte er, wie ihre Kraftjeden Nerv von ihm durchstach. Er verkrampfte dieHände. Kalter Schweiß rieselte ihm über den Rücken. Er hattevergessen, wie schön sie war. Einen Augenblick langstand sie da, wie er sie gekannt hatte, dunkel und derb, miteiner schimmernden goldenen Halskette, und dann kräuseltesich ihr Umriss zu Rowans Gestalt, größer, mit kurzemrotem Haar und spöttischem Gesicht. » Dumusst es nicht wieder hören«, sagte sie. »Du hast nie aufgehört, es zu hören. Ich vergebe keinem, der versucht, mirzu entkommen, Alex.«
Er schaute zu Katie. Das Mädchen stand wachsam auf der dunklenLichtung. Ein wenig ängstlich beobachtete sie ihn. » Mitwem redest du?«, murmelte sie.
» MitRowan. Sie steht vor uns. Kannst du sie nicht sehen?« Noch bevor sie antwortete, wusste er, dass es hoffnungslos war . Das hatte er schon oft durchgemacht.»Da ist nichts.« Katie lachte, als käme sie sich töricht vor. »Komm schon. Ich mag diesen Ort nicht.« Er rührte sich nicht.
Rowan kam näher und streckte die Hand aus, um ihm das Haar aus der Stirn zu streichen, dann schauderte sie seltsam, wich zurück und starrte kalt auf die Eisenscheibe. »Wenn du dieses Ding nicht hättest, würde ich dich zurückkommen lassen. Vielleicht mache ich es trotzdem. Du willst immer noch kommen, nicht wahr?«
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