Die Macht des Feuers
verkohlten Lippen des Leichnams waren die geschwärzten Spitzen zweier Augzähne auszumachen.
Lilith stieß einen überraschten Laut aus.
Diese Leichen .
... waren Vampire !
Plötzlich fügte sich alles mit der Selbstverständlichkeit eines Puzzles für Lilith zusammen. Es bestand kein Zweifel mehr, daß diese Kirche der Unterschlupf einer Vampirsippe gewesen war, und das vermutlich bereits seit langer Zeit. Wahrscheinlich hatten sie die Kirche sogar selbst errichtet.
Aber warum?
Und was um alles in der Welt war mit ihnen geschehen? Warum waren sie verbrannt, anstatt zu Staub zu zerfallen?
Während Lilith noch dastand und den Leichenberg anstarrte, gewahrte sie über sich mit einemmal ein Geräusch. Ein leises, verstohlenes Schaben oder Schlurfen, als ob jemand die Treppe in den Keller hinabschlich.
Lilith erstarrte. Aber nur für eine Sekunde. Dann huschte sie zum Fuß der Steintreppe hinüber und baute sich daneben an der Wand auf, unsichtbar für denjenigen, der die Stiegen hinabkam, und bereit, ihn sofort zu attackieren, wenn er das Kellergewölbe betrat.
Sie hörte, wie die schleichenden Schritte näher kamen, und zählte im Geiste die Stufen nach unten mit. Als sie bei dreißig angelangt war, tauchte aus dem Treppenschacht eine Gestalt auf, die sich mit äußerster Vorsicht durch die Finsternis bewegte, wie ein Jäger auf der Pirsch nach Beute .
Lilith zögerte keine Sekunde. Sie sprang aus ihrer Deckung hervor, schlang der dunklen Gestalt mit der Geschwindigkeit einer angreifenden Kobra den Arm um den Hals und zischte dem Neuankömmling aggressiv ins Ohr: »Keine Bewegung, oder ich breche dir das Genick!«
»Verdammt, Lilith!« rief Mark, der sich hilflos in ihrem eisenharten Griff wand. »Ich bin's nur! Alles in Ordnung!«
Lilith schnaubte und ließ den jungen Mann wütend los. »Du ver-fluchter Idiot!« schnaubte sie ärgerlich. »Ich hätte dich töten können! Habe ich dir nicht ausdrücklich gesagt, du sollst im Wagen bleiben?«
Mark nickte. »Schon«, sagte er. »Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, daß du vielleicht meine Hilfe brauchen könntest, darum bin ich dir gefolgt.«
Lilith ergriff ihn am Arm. »Komm«, sagte sie. »Hier unten gibt es nichts Interessantes. Laß uns zurück nach oben in die Kirche gehen.« Sie war froh, daß es hier unten so finster war, daß Mark unmöglich die Leichen erkennen konnte.
Er blickte sie an. »Warum?« fragte er. Er schlang die Arme um sie. »Ich find's hier unten irgendwie gemütlich ...« Mit einem breiten Grinsen griff er nach ihren Brüsten und liebkoste sie durch den Stoff ihres Catsuit.
Lilith schlug seine Hände ärgerlich weg. »Verdammt, bist du übergeschnappt? Was soll das?«
»Ist doch endlich mal was anderes als zu Hause im Bett!« erwiderte Mark ungerührt. »Außerdem willst du es doch auch, Baby! Kannst es ruhig zugeben. Du willst es genauso wie ich!« Seine Hände gingen wieder auf Wanderschaft, diesmal hoch zu ihrem Hals. Gleichzeitig beugte er sich vor, um sie zu küssen.
Lilith erkannte erst, was mit Mark nicht stimmte, als es schon fast zu spät war.
In dem Moment, als sich seine Finger brutal um ihren Hals legten und sie das elfenbeinfarbene Schimmern seiner Fangzähne sah, wurde ihr klar, daß er kein Mensch mehr war, sondern ein Vampir, eine Dienerkreatur.
Und daß er hier war, um sie zu töten!
*
Mark umklammerte Liliths Hals mit brutaler Gewalt und schickte sich an, ihr mit seinen Reißzähnen die Kehle zu zerfetzten. In seinen Augen flackerten Gier und Haß.
Lilith reagierte instinktiv und rammte ihrem Gegenüber das Knie in den Magen, so wuchtig sie konnte. Zugleich hämmerte sie ihm die Faust seitlich gegen den Kopf.
Mark stöhnte auf und stolperte nach hinten.
Lilith setzte ihm nach und warf sich mit einem aggressiven Fauchen auf die Dienerkreatur. Zusammen krachten sie gegen den Berg toter Vampire, der daraufhin ins Rutschen geriet. Inmitten einer Woge verkohlter Leichen und ängstlich fiepend davonhuschender Ratten gingen sie zu Boden.
Mark versuchte ihren Kopf zu fassen, um ihr das Genick zu brechen, doch Lilith wehrte seine Hände ab. Es gelang ihr, sich auf ihn zu rollen, und schlug ihm mit aller Kraft ins Gesicht. Ein Knirschen erklang, als die Nase der Dienerkreatur unter ihrer geballten Faust brach und Blut, so schwarz wie das von Käfern, kalt und klebrig auf ihre Hand spritzte.
Mark schrie auf und wollte sie von sich stoßen, aber Lilith nagelte mit ihren Knien seine Oberarme auf den Boden. Dann
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