Die Macht des Zweifels
verwandt. Pater Szyszynski und sein Spender waren Halbbrüder.«
Bevor Francesca Martine im Kriminallabor von Maine anfing, arbeitete sie in New Hampshire als DNA -Spezialistin. Ausschlaggebend für ihren Umzug nach Norden war ein Ballistikexperte, der ihr das Herz brach, und während sie sich noch die Wunden leckte, entdeckte sie, was sie schon immer gewuÃt hatte â Gels und Petrischalen bedeuten Sicherheit, und Zahlen können niemanden verletzen.
Aber Zahlen können auch nicht ihre instinktive Reaktion erklären, als sie Quentin Brown zum ersten Mal vor sich sieht. Am Telefon hatte sie ihn sich als einen typischen Beamten vorgestellt â überarbeitet und unterbezahlt, mit ungesundem grauem Teint. Aber kaum betritt er ihr Labor, kann sie die Augen nicht mehr von ihm abwenden. Natürlich ist er imposant, mit seiner GröÃe und der dunklen Haut, aber Frankie weiÃ, das ist nicht der Grund für ihre Faszination. Sie fühlt sich von ihm angezogen, weil sie beide die Erfahrung gemacht haben, anders zu sein als andere. Bei ihr ist es nicht die Hautfarbe, sondern sie sticht oft durch ihre überdurchschnittliche Intelligenz hervor.
Leider müÃte sie die Gestalt eines Laborberichts annehmen, wenn sie Quentin Brown dazu bringen will, sie genauer zu betrachten. »Wieso sind Sie stutzig geworden?« fragt sie.
Er kneift die Augen zusammen. »Warum fragen Sie das?«
»Weil ich neugierig bin. Das ist ziemlich esoterisches Zeug für die Staatsanwaltschaft.«
Quentin zögert, als wüÃte er nicht recht, ob er ihr vertrauen soll. Ach komm schon , denkt Frankie. Entspann dich . »Die Verteidigung hat speziell diesen Bericht angefordert. Dringend. Und mir war nicht klar, warum. Ich verstehe nicht, inwiefern diese DNA -Ergebnisse für die oder für uns von Bedeutung sein sollen.«
Frankie verschränkt die Arme. »Der Grund, warum die sich dafür interessieren, ist nicht in meinem Laborbericht zu finden, sondern in den ärztlichen Unterlagen.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen.«
»Wie Sie wissen, steht in dem DNA -Bericht, daà die Wahrscheinlichkeit, einen nicht verwandten Menschen mit dem gleichen genetischen Material zu finden, eins zu sechs Milliarden beträgt.«
Quentin nickt.
»Tja«, erklärt Frankie. »Sie haben genau diesen Menschen gefunden.«
Eine Leichenexhumierung kostet den Steuerzahler etwa zweitausend Dollar. »Nein«, sagt Ted Poulin kategorisch. Als Generalstaatsanwalt von Maine und als Quentins Vorgesetzter müÃte die Antwort genügen. Aber Quentin will nicht kampflos aufgeben, diesmal nicht.
Er umklammert den Telefonhörer. »Die DNA -Spezialistin im Kriminallabor sagt, wir können den Test mit Zahnmark machen.«
»Quentin, das spielt doch keine Rolle für die Anklage. Sie hat ihn umgebracht. Punktum.«
»Sie hat einen Mann getötet, der ihren Sohn vergewaltigt hat. Ich muà ihn von einem Sexualtäter zum Opfer machen, Ted, und das geht nur so.«
Langes Schweigen am anderen Ende. Quentin fährt mit den Fingerspitzen über die Holzmaserung auf Nina Frosts Schreibtisch. Er tut das immer und immer wieder, als würde er ein Amulett reiben.
»Die Angehörigen haben nichts dagegen?«
»Die Mutter hat schon eingewilligt.«
Ted seufzt. »Das Medienecho wird gewaltig sein.«
Grinsend lehnt Quentin sich zurück. »Darum kümmere ich mich schon«, sagt er beruhigend.
Fisher kommt ungewohnt aufgebracht in das Büro der Bezirksstaatsanwaltschaft gestürmt. Natürlich ist er nicht zum ersten Mal hier, aber wer weiÃ, wo zum Teufel die diesen Quentin Brown versteckt haben, solange er Ninas Anklage vorbereitet. Gerade will er die Sekretärin fragen, als Brown mit einer Tasse Kaffee aus der kleinen Küche geschlendert kommt. »Mr. Carrington«, sagt er freundlich. »Wollten Sie zu mir?«
Fisher reiÃt den Brief, den er am Morgen bekommen hat, aus seiner Brusttasche. Den Antrag auf Exhumierung. »Was soll das?«
Quentin sagt achselzuckend: »Das müÃten Sie doch eigentlich wissen. SchlieÃlich wollten Sie unbedingt die DNA -Unterlagen zugefaxt bekommen.«
Fisher hat tatsächlich keine Ahnung. Die DNA -Unterlagen wollte Nina sehen, aber er wird den Teufel tun, das diesem Brown auf die Nase zu binden. »Was haben Sie vor?«
»Ein einfacher Test soll beweisen, daà der Priester, den Ihre Mandantin
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