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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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hat die Beweispflicht. Was bedeutet, daß er hundertprozentig sicher sein muß, daß Vater Szyszynski nicht just in dem Augenblick, als die Angeklagte die Waffe zückte, aufgrund seiner Leukämie tot umfiel. Könnte Dr. Bessette, die ehemalige Onkologin des Verstorbenen, sich dazu sachverständig äußern?
    Â»Was bewirkt eine Knochenmarktransplantation?« fragt Patrick.
    Â»Wahre Wunder, wenn sie klappt. An all unseren Zellen gibt es sechs Proteine, humane Leukozyten-Antigene, abgekürzt HLA . Mit ihrer Hilfe erkennt der Körper die Identität einer Person. Wenn man einen Knochenmarkspender sucht, braucht man jemanden, bei dem alle sechs Proteine mit denen des Erkrankten übereinstimmen. In den meisten Fällen sind das Geschwister, Halbgeschwister, vielleicht Vettern oder Kusinen – bei Verwandten ist das Risiko der Abstoßung am geringsten.«
    Â»Abstoßung?« hakt Patrick nach.
    Â»Ja. Man versucht den Körper davon zu überzeugen, daß die Spenderzellen seine eigenen sind, weil sie ja dieselben sechs Proteine haben. Wenn das nicht gelingt, stößt das Immunsystem das fremde Knochenmark ab, was dann zu der sogenannten Transplantat-gegen-Empfänger-Reaktion führt, das heißt, der Körper bekämpft das Transplantat.«
    Â»Wie bei einer Herztransplantation.«
    Â»Genau. Nur daß es sich hier nicht um ein Organ handelt. Knochenmark wird aus dem Becken entnommen, weil das Blut in den großen Knochen des Körpers produziert wird. Wir betäuben den Spender, stechen Nadeln in seine Hüfte, etwa 150 mal auf beiden Seiten, und saugen die unreifen Zellen ab.«
    Er verzieht das Gesicht, und die Ärztin lächelt zaghaft. »Es ist wirklich schmerzhaft. Es ist sehr selbstlos, sich zu einer Knochenmarkspende bereit zu erklären.«
    O ja, der Kerl war ein wahrer Altruist , denkt Patrick.
    Â»Unterdessen werden dem Leukämiekranken Immunsuppressiva verabreicht. In der Woche vor der Transplantation bekommt er eine starke Chemotherapie, die sämtliche Blutzellen in seinem Körper abtötet. Das wird zeitlich so abgestimmt, daß sein Knochenmark prakitsch leer ist.«
    Â»Kann man denn dann überhaupt noch leben?«
    Â»Das Infektionsrisiko ist gewaltig. Der Patient hat zwar noch seine eigenen lebenden Blutzellen … er produziert aber keine neuen mehr. Dann bekommt er das Spendermark mittels einer einfachen intravenösen Infusion. Das Ganze dauert etwa zwei Stunden, und wir wissen nicht, wie, aber irgendwie finden die Zellen ihren Weg in das Knochenmark des Körpers und beginnen zu wachsen. Nach etwa einem Monat ist sein Knochenmark vollständig durch das des Spenders ersetzt worden.«
    Â»Und die Blutkörperchen des Kranken haben dann die sechs Proteine des Spenders, dieses HLA -Dings?« fragt Patrick.
    Â»Richtig.«
    Â»Wie sieht es mit der DNA des Spenders aus?«
    Dr. Bessette nickt. »Ja. Die Blutzellen des Empfängers sind in jeder Hinsicht eigentlich die eines anderen Menschen. Der Körper wird nur getäuscht, er soll glauben, es sei sein eigenes Blut.«
    Patrick beugt sich vor. »Aber wenn es klappt – wenn der Krebs tatsächlich in Remission geht –, fängt der Patient dann nicht an, wieder sein eigenes Blut zu produzieren?«
    Â»Nein. Falls doch, würde er das Transplantat abstoßen, und die Leukämie würde erneut ausbrechen. Wir wollen ja gerade, daß der Patient in Zukunft nur noch das Blut seines Spenders produziert.« Sie klopft auf die Akte, die vor ihr liegt. » Glen Szyszynski wurde fünf Jahre nach der Transplantation für völlig geheilt erklärt. Sein Knochenmark arbeitete gut, und das Risiko einer erneuten Leukämieerkrankung lag unter zehn Prozent.« Dr. Bessette nickt. »Ich denke, die Staatsanwaltschaft kann bedenkenlos behaupten, daß der Priester keinesfalls an Leukämie gestorben ist.«
    Patrick lächelt sie an. »Ich kann mir vorstellen, daß ein solcher Erfolg eine schöne Sache ist.«
    Â»O ja. Pater Szyszynski hatte das Glück, daß wir eine hundertprozentige Übereinstimmung gefunden hatten.«
    Â»Hundertprozentige Übereinstimmung?«
    Â»So nennen wir das, wenn die Spender- HLA mit allen sechs HLA des Patienten übereinstimmt.«
    Patrick holt rasch Luft. »Vor allem, wenn sie nicht verwandt sind.«
    Â»Oh«, sagt Dr. Bessette. »In diesem Fall waren sie

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