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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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getötet hat, nicht der Mann war, der ihr Kind mißbraucht hat.«
    Fishers Blick wird stahlhart. »Wir sehen uns morgen früh im Gericht«, sagt er, und als er in sein Auto steigt, um zu Nina Frost nach Hause zu fahren, versteht er allmählich, wie ein ganz normaler Mensch so wütend werden kann, daß er zu einem Mord imstande wäre.

    Â»Fisher!« sage ich und freue mich ehrlich, den Mann zu sehen. Das erstaunt mich – entweder habe ich mich wirklich mit dem Feind verbündet, oder ich stehe schon zu lange unter Hausarrest. Ich reiße die Tür auf, um ihn hereinzulassen, und merke, daß er vor Wut schäumt. »Sie wußten es«, sagt er mit ruhiger Stimme und wirkt gerade durch seine Selbstbeherrschung um so beängstigender. Er übergibt mir einen Antrag, der vom stellvertretenden Generalstaatsanwalt eingereicht wurde.
    Mir hebt sich der Magen, mir wird schlecht. Mit enormer Anstrengung schlucke ich und blicke Fisher in die Augen – lieber jetzt reinen Tisch machen als gar nicht. »Ich wußte nicht, ob ich es Ihnen erzählen sollte. Ich wußte nicht, ob die Information wichtig für meine Verteidigung sein würde.«
    Â»Das ist mein Job!« explodiert Fisher. »Sie bezahlen mich aus gutem Grund, Nina, und zwar weil Sie irgendwo in ihrem Kopf, wenn auch anscheinend nicht auf der Bewußtseinsebene, ganz genau wissen, daß ich für Sie einen Freispruch erreichen kann. Ich bin dazu sogar eher geeignet als irgendein anderer Anwalt in Maine … Sie eingeschlossen.«
    Ich blicke weg. Im Grunde meines Herzens bin ich nun einmal Staatsanwältin, und Staatsanwälte erzählen Verteidigern nicht alles. Sie tänzeln umeinander herum, aber der Staatsanwalt ist immer einen Schritt voraus, so daß der Verteidiger damit beschäftigt ist zu reagieren.
    Immer.
    Â»Ich vertraue Ihnen nicht«, sage ich schließlich.
    Fisher kontert, als wäre er geschlagen worden. »Na schön. Dann sind wir ja quitt.«
    Wir starren einander an, zwei Kampfhunde mit gefletschten Zähnen. Fisher wendet sich zornig ab, und in diesem Moment sehe ich mein Gesicht, das sich in der Fensterscheibe spiegelt. Die Wahrheit ist, daß ich keine Staatsanwältin mehr bin. Ich bin nicht in der Lage, mich selbst zu verteidigen. Ich bin nicht mal sicher, ob ich das überhaupt will.
    Â»Fisher«, rufe ich ihm nach, als er schon halb aus der Tür ist. »Wie sehr wird mir das schaden?«
    Â»Ich weiß es nicht, Nina. Sie wirken dadurch nicht weniger verrückt, aber Sie verlieren natürlich die Sympathien der Öffentlichkeit. Sie sind keine Heldin mehr, die einen Kinderschänder getötet hat. Sie sind ein Hitzkopf, der einen Unschuldigen auf dem Gewissen hat – noch dazu einen Priester.« Er schüttelt den Kopf. »Sie sind das Paradebeispiel dafür, warum es Gesetze geben muß.«
    In seinen Augen sehe ich, was jetzt kommt – die Tatsache, daß ich nicht mehr eine Mutter bin, die für ihr Kind getan hat, was sie tun mußte, sondern einfach nur eine rücksichtslose Frau, die sich einbildete, klüger zu sein als alle anderen.
    Fisher atmet schwer aus. »Ich kann sie nicht daran hindern, die Leiche zu exhumieren.«
    Â»Ich weiß.«
    Â»Und wenn Sie mir weiterhin Informationen vorenthalten, wird Ihnen das ganz sicher schaden, weil ich nicht weiß, wie ich dann noch mit Ihnen zusammenarbeiten könnte.«
    Ich ziehe den Kopf ein. »Ich verstehe.«
    Er hebt die Hand zum Abschied. Ich stehe auf der Veranda und sehe ihm nach, die Arme zum Schutz vor dem Wind fest um den Körper geschlungen. Als sein Wagen die Straße hinunterrollt, gefrieren die Auspuffgase, bleiben förmlich in der Luft hängen. Mit einem tiefen Seufzer drehe ich mich um und sehe Caleb keine zwei Schritte hinter mir stehen. »Nina«, sagt er, »was war los?«
    Ich schüttele den Kopf und schiebe mich an ihm vorbei, doch er hält mich am Arm fest. »Du hast mich angelogen. Mich!«
    Â»Caleb, du verstehst das nicht –«
    Er umfaßt meine Schultern und schüttelt mich einmal kräftig. »Was verstehe ich nicht? Daß du einen unschuldigen Menschen getötet hast? Herrgott, Nina, wann begreifst du das endlich?«
    Calebs Hände halten mich, und plötzlich bricht alles aus mir heraus. Alles, was ich in den letzten Wochen vor Angst nicht zugelassen habe. Pater Szyszynskis Stimme klingt mir im Kopf,

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