Die Macht des Zweifels
Gerichtssaal gestolpert kam, eine Hand auf den Mund gepreÃt, war Patrick von seinem Stuhl aufgesprungen. Caleb stürzte jedoch gleich hinter den zwei Gerichtsdienern durch die Tür. Also setzte Patrick sich wieder hin.
An seiner Hüfte fängt der Pieper an zu vibrieren. Patrick zieht ihn vom Gürtel und sieht auf die Nummer auf dem Display. Endlich , denkt er und geht zu einem Münztelefon.
In der Mittagspause besorgt Caleb ein paar Sandwiches und bringt sie mir in den Besprechungsraum, in dem ich warten muÃ, bis es weitergeht. »Ich krieg keinen Bissen runter«, sage ich, als er mir ein Sandwich reicht. Ich rechne damit, daà er mich drängt, etwas zu essen, doch Caleb zuckt nur die Achseln. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie er schweigend sein Sandwich ist. Er hat keine Lust mehr, gegen mich zu kämpfen.
Es rüttelt an der verschlossenen Tür, und dann folgt hartnäckiges Klopfen. Caleb macht ein finsteres Gesicht, steht dann auf, um den Störenfried auf der anderen Seite zu vertreiben. Doch als er die Tür einen Spalt öffnet, steht Patrick da. Die Tür schwingt auf, und die beiden Männer blicken einander an, zwischen ihnen eine knisternde Energieschranke.
»Nina«, sagt Patrick und kommt in den Raum. »Ich muà mit dir reden.«
Nicht jetzt , denke ich, und mir wird ganz kalt. Patrick wird doch wohl nicht im Beisein meines Mannes davon anfangen, was zwischen uns passiert ist.
»Pater Gwynne ist tot.« Patrick reicht mir einen gefaxten Zeitungsartikel. »Der Polizeichef in Belle Chasse hat mich angerufen. Ich habe denen da unten in Louisiana vor ein paar Tagen etwas Druck gemacht ⦠naja, als sie ihn endlich festnehmen wollten, war er tot.«
Mein Gesicht ist erstarrt. »Wer war es?« flüstere ich.
»Niemand. Es war ein Schlaganfall.«
Ich sehe auf das Blatt in meinen Händen. Pater Gwynne, ein von seiner Gemeinde geschätzter Kaplan, wurde von seiner Haushälterin tot aufgefunden.
»Er sah so friedlich aus in seinem Sessel«, sagte Margaret Mary Seurat, die seit fünf Jahren für den Priester arbeitete. »Als wäre er nach seiner Tasse Kakao einfach eingenickt.«
»Und stell dir vor: Seine Katze soll angeblich vor Kummer gestorben sein â¦Â«, sagt Patrick.
Durch eine seltsame Fügung des Schicksals starb die von Gwynne über alles geliebte Katze, die jeder in der Gemeinde kannte, kurz nach Eintreffen der Polizei. Mrs. Seurat zeigte sich nicht überrascht: »Sie hatte ihn einfach zu gern«, sagte sie. »Wie wir alle.«
»Es ist vorbei, Nina.«
Erzbischof Schulte wird am Mittwoch morgen um neun Uhr die Totenmesse in der Kirche Our Lady of Mercy lesen .
»Er ist tot.« Ich koste die Wahrheit auf meiner Zunge. »Er ist tot .« Vielleicht gibt es ja doch einen Gott; vielleicht gibt es kosmische Räder der Gerechtigkeit. Vielleicht sollte sich Vergeltung genau so anfühlen.
»Caleb«, sage ich und drehe mich zu ihm um. Alles weitere tauschen wir ohne ein einziges Wort aus: Daà Nathaniel jetzt in Sicherheit ist; daà er nicht in einem MiÃbrauchsprozeà wird aussagen müssen; daà der Bösewicht in diesem Drama nie wieder einem kleinen Jungen etwas antun kann; daà dieser Alptraum nach dem Urteil über mich endgültig vorbei sein wird.
Sein Gesicht ist genauso weià geworden wie meins. »Ich habâs gehört.«
Nachdem ich mir zwei Stunden lang belastende Aussagen habe anhören müssen, empfinde ich jetzt, in diesem kleinen Besprechungsraum, reine Freude. Und es spielt auch keine Rolle mehr, daà Caleb und ich einiges zwischen uns zu bereinigen haben. Viel wichtiger ist diese wunderbare Nachricht, und ich will meine Freude teilen. Ich werfe die Arme um meinen Mann.
Der mich aber nicht umarmt.
Mein Gesicht wird plötzlich heiÃ. Als ich mit einem letzten Rest Würde den Blick hebe, starrt Caleb Patrick an, der uns den Rücken zugedreht hat. »Tja«, sagt Patrick, ohne mich anzusehen. »Ich dachte, ihr würdet das gern wissen.«
Der Gerichtsdiener Bobby Ianucci läÃt sich durch Quentin Brown deutlich einschüchtern.
»Wer war im Gerichtssaal, als Sie Pater Szyszynski aus der Verwahrzelle geholt hatten?« fragt der Staatsanwalt einige Minuten nach Beginn der Befragung.
Bobby muà nachdenken, und die Anstrengung steht ihm ins teigige Gesicht geschrieben. »Tja also, der Richter, klar. Auf
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