Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
also hab ich ihr die Waffe verkauft.«
    Â»Hat sie Patronen gekauft?«
    Â»Zwölf Schuß.«
    Â»Haben Sie der Angeklagten gezeigt, wie man mit der Waffe umgeht?«
    Moe schüttelt den Kopf. »Sie hat gesagt, sie kennt sich aus.«
    Seine Aussage bricht über mich herein wie eine Welle. Ich kann mich an den Geruch in dem kleinen Laden erinnern und an die Bilder von Pistolen und Revolvern an den Wänden. Daran, daß die Kasse altmodisch war und richtig geklingelt hat.
    Als ich wieder aus meinen Erinnerungen auftauche, ist Fisher schon beim Kreuzverhör. »Was hat sie getan, während Sie sie überprüft haben?«
    Â»Sie hat ständig auf die Uhr gesehen. Ist auf und ab getigert.«
    Â»War sonst noch jemand im Laden?«
    Â»Nein.«
    Â»Haben Sie sie gefragt, wozu sie eine Waffe braucht?«
    Â»Das geht mich nichts an«, erwidert Moe.
    Moe hatte mir meine Pistole gegeben, sie lag heiß in meiner Hand. »Man sät, was man erntet«, hatte er gesagt, und ich war viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen, um die Warnung herauszuhören.

    Als die Videokassette eingelegt wird, behalte ich die Geschworenen im Auge. Ich will sie mir ansehen, während sie mich auf dem Bildschirm beobachten.
    Ich habe die Aufnahme bisher einmal gesehen, vor Monaten, als ich noch geglaubt habe, das Richtige getan zu haben. Nach einer kurzen Weile zieht es meinen Blick doch auf den kleinen Bildschirm.
    Meine Hände zittern, als ich die Pistole halte. Meine Augen sind weit aufgerissen. Aber meine Bewegungen sind geschmeidig und schön, ein Ballett. Als ich dem Priester die Pistole an den Kopf drücke, neigt sich mein eigener Kopf nach hinten, und einen Augenblick lang ist mein Gesicht eine komische und tragische Maske zugleich – halb Schmerz, halb Erleichterung.
    Der Schuß ist so laut, daß ich selbst jetzt, wo er vom Band kommt, auf meinem Stuhl zusammenfahre.
    Rufe. Ein Aufschrei. Die Stimme des Kameramanns, der »Ach du Scheiße!« sagt. Dann macht die Kamera einen Schwenk, und ich sehe, wie der Gerichtsdiener und Patrick mich zu Boden werfen.
    Â»Fisher«, flüstere ich. »Mir wird schlecht.«
    Der Blickwinkel verändert sich erneut, die Kamera ist jetzt auf den Boden gerichtet. Der Kopf des Priesters liegt in einer größer werdenden Blutlache. Die Hälfte des Kopfes fehlt, und die Flecken auf dem Bild sind wahrscheinlich Gehirnmasse, die auf das Objektiv gespritzt ist. Ein Auge starrt mich blicklos vom Bildschirm an. »Hab ich ihn erwischt?« Meine Stimme. »Ist er tot? «
    Â»Fisher …« Der Raum um mich dreht sich.
    Ich spüre, wie er neben mir aufsteht. »Euer Ehren, ich möchte um eine kurze Pause bitten …«
    Aber dazu ist keine Zeit mehr. Ich springe vom Stuhl und stoße die Tür in der Gerichtsschranke auf, haste den Mittelgang hinunter, mit zwei Gerichtsdienern auf den Fersen. Ich schaffe es durch die Flügeltür, falle dann auf die Knie und muß mich immer wieder übergeben, so lange, bis mir nichts bleibt außer meiner Schuld.

    Â»Frost bricht – zusammen!« sage ich Minuten später, als ich mich saubergemacht habe und Fisher mit mir in einem Besprechungszimmer verschwunden ist, wo wir vor der Presse sicher sind. »Das ist morgen die Schlagzeile.«
    Er faltet die Hände. »Eins muß ich Ihnen lassen, das war gekonnt. Wirklich erstaunlich.«
    Ich blicke ihn an. »Sie denken, das war Absicht?«
    Â»Etwa nicht?«
    Â»Mein Gott.« Ich drehe mich um und starre zum Fenster hinaus. Die Menschenmenge scheint noch größer geworden zu sein. »Fisher, Sie haben doch selbst das Video gesehen. Jetzt spricht mich doch kein Geschworener mehr frei?«
    Fisher schweigt einen Moment lang. »Nina, was haben Sie gedacht, als Sie vorhin das Video gesehen haben?«
    Â»Gedacht? Wer kann denn da was denken, bei all diesen optischen Signalen? Ich meine, da war entsetzlich viel Blut. Und das Gehirn –«
    Â»Was haben Sie über sich selbst gedacht?«
    Ich schüttele den Kopf, schließe die Augen, aber für das, was ich getan habe, gibt es keine Worte.
    Fisher tätschelt mir den Arm. »Genau deshalb«, sagt er, »wird man Sie freisprechen.«

    In der Eingangshalle, wo er warten muß, bis er als Zeuge aufgerufen wird, versucht Patrick, nicht an Nina und ihren Prozeß zu denken. Aber es gelingt ihm einfach nicht.
    Als sie aus dem

Weitere Kostenlose Bücher