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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Pater Szyszynski stammt, auf eins zu sechs Milliarden schätzen?«
    Â»Ja.«
    Â»Sie haben in Ihrem Bericht nicht die Eventualität berücksichtigt, daß der Verdächtige eine Knochenmarktransplantation erhalten hat, nicht wahr? Weil ein solcher Fall so selten ist, daß nicht einmal Sie als Wissenschaftlerin es für nötig befunden haben, ihn zu berücksichtigen?«
    Â»Statistiken sind Statistiken … eine Schätzung.»
    Â»Aber als Sie den ersten Bericht an die Staatsanwaltschaft schickten, taten Sie das guten Gewissens, überzeugt davon, daß der Staatsanwalt sich auf die Richtigkeit verlassen kann?«
    Â»Ja.«
    Â»Sie hätten erwartet, daß auch Geschworene sich auf die Richtigkeit verlassen und Pater Szyszynski schuldig sprechen würden?«
    Â»Ja«, sagt Frankie.
    Â»Und auch der Richter sollte sich auf die Richtigkeit verlassen und Pater Szyszynski verurteilen?«
    Â»Ja.«
    Â»Und Nina Frost, die Mutter des Kindes, sollte sich auf die Richtigkeit des Berichts verlassen und glauben, der Täter sei gefaßt und sie könnte ihren Seelenfrieden wiederfinden?«
    Â»Ja.«
    Fisher fixiert die Zeugin. »Wundert es Sie dann, Ms. Martine, daß sie sich darauf verlassen hat?«

    Â»Natürlich hat Quentin Einspruch erhoben«, sagt Fisher, den Mund voller Salami-Pizza. »Aber das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, daß ich die Frage nicht zurückgezogen habe, bevor ich die Zeugin entlassen habe. Diese Nuance ist den Geschworenen nicht entgangen.«
    Â»Sie überschätzen die Geschworenen«, entgegne ich. »Das soll nicht heißen, daß Sie im Kreuzverhör nicht fantastisch waren, Fisher, das waren Sie. Aber … Fisher«, frage ich ruhig. »Meinen Sie, ich sollte bestraft werden?«
    Er wischt sich die Hände mit einer Serviette ab. »Wenn ja, wäre ich dann hier?«
    Â»Für das Geld, das Sie verdienen, würden Sie sich wahrscheinlich auch als Gladiator in die Arena stellen.«
    Lächelnd blickt er mir in die Augen. »Nina, entspannen Sie sich. Ich verschaffe Ihnen einen Freispruch.«
    Aber das habe ich nicht verdient. Die Wahrheit liegt tief in meinem Bauch, obwohl ich sie nicht aussprechen kann.
    Vielleicht kann man mir verzeihen, daß ich mein Kind schützen wollte, aber viele Eltern schützen ihre Kinder, ohne dafür ein Verbrechen zu begehen. Ich kann mir zwar einreden, daß ich an dem Tag nur an meinen Sohn gedacht habe, daß ich nur wie eine gute Mutter gehandelt habe … aber in Wahrheit stimmt das nicht. Ich habe wie eine Staatsanwältin gehandelt, die kein Vertrauen in die Justiz hatte, als sie persönlich betroffen war. Und gerade als Staatsanwältin hätte ich mich nie zu der Tat hinreißen lassen dürfen. Und genau deshalb verdiene ich einen Schuldspruch.
    Â»Wenn ich mir nicht mal selbst vergeben kann«, sage ich schließlich, »wie sollen mir dann zwölf fremde Menschen vergeben?«
    Die Tür geht auf, und Caleb kommt herein. Plötzlich ist die Atmosphäre zum Zerreißen gespannt. Fisher wirft mir einen unsicheren Blick zu, knüllt dann seine Serviette zusammen und wirft sie in die Pappschachtel. »Caleb! Da ist noch Pizza übrig.« Er steht auf. »Ich kümmere mich … um die Sache, über die wir gesprochen haben«, sagt Fisher vage und verläßt fluchtartig den Raum.
    Caleb setzt sich mir gegenüber. Die Uhr an der Wand tickt so laut wie mein Herz. »Hungrig?« frage ich.
    Er fährt mit einem Finger über die scharfe Kante der Pizzaschachtel. »Wie ein Bär«, erwidert Caleb.
    Doch er macht keine Anstalten, sich ein Stück Pizza zu nehmen. Statt dessen sehen wir beide zu, wie seine Finger sich auf mich zubewegen, wie er meine Hand mit beiden Händen umschließt. Er rutscht mit seinem Stuhl näher und beugt den Kopf und legt ihn auf unsere ineinander verschlungenen Fäuste. »Laß uns von vorn anfangen«, sagt er leise.
    Â»Machen wir einfach da weiter, wo wir aufgehört haben«, entgegne ich, und ich lege meine Wange an Calebs Kopf.

    Wie weit kann ein Mensch gehen … und trotzdem weiter guten Gewissens mit sich leben? Diese Frage brennt Patrick auf der Seele.
    Patrick macht Nina keine Vorwürfe deswegen, daß sie Glen Szyszynski erschossen hat, weil sie zu dem Zeitpunkt wirklich glaubte, keine andere Wahl zu haben. Ebenso hält er es nicht für falsch,

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